65. ... und es endete mit etwas Großem

57 10 0
                                    

Ich knallte vor Frust den Kopf auf die Tischplatte und murmelte: „Ich fang' gleich an zu heulen. Wieso habe ich nur solche Vollidioten als Freunde?" Ich schaute wieder auf und sah Ruby gerade von der Bank kullern. Mit einem genervten Seufzen kollidierte mein Kopf abermals mit dem Holz. Erwin legte mir eine Hand auf die Schulter und fragte besorgt: „Alles in Ordnung?"
Stöhnend gab ich zurück: „Nein." Ich deutete auf meine Freundin, die ich zwar wie eine Schwester liebte, aber gerade lieber nicht kennen wollte: „Wie soll alles in Ordnung sein, wenn man so jemanden als Bekannte hat?"

Erwin folgte meinem Arm und besah sich Ruby, die am Boden herumschaukelte wie eine am Rücken liegende Schildkröte. Selbst Levi drehte sich bei dieser Aussage zu meiner umherkugelnden Freundin um.

Ohne eine Miene zu verziehen, schob er mir seinen Bierkrug zu: „Trink, dann wirkt es nicht mehr so erbärmlich." Ich sah auf die hin- und herschwappende dunkle Flüssigkeit und überlegte ernsthaft, ob ich das tun sollte.

Schlussendlich entschied ich mich sogar dazu, das Angebot anzunehmen. Ich trank den letzten Rest des Krugs und verzog angewidert mein Gesicht. Mein Blick wanderte wieder zu Ruby, die noch immer am Boden lag.

Ich schob Levi den Krug wieder zu, während meine Augen auf Ruby lagen. Als ich nun wieder in die grauen Augen sah, meinte ich nüchtern: „Egal wie widerlich das gerade war, der Anblick ist trotzdem noch gleich erbärmlich."

Levi zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts weiter. Neben mir erhob sich Erwin und verabschiedete sich für heute mit einem „Gute Nacht". Ich sah kurz zu ihm hoch und murmelte „Nacht", ehe mein Blick wieder auf Ruby lag. Sie hatte es endlich in den Stand geschafft und versuchte umständlich auf den Tisch zu klettern.

Sich fremdschämend schloss ich die Augen und ließ meinen Kopf erneut auf den Tisch sinken. Götter, wieso war ich eigentlich noch hier? Irgendwo in meinem Kopf sprach eine aufgedrehte Stimme Weil du eine gute Freundin bist und aufpasst, dass ihr nichts passiert. Wie recht du doch hast. Ich bin einfach viel zu freundlich. Jap.

Mit halbgeschlossenen Augen saß ich da und schreckte hoch als ich Rubys Stimme vernahm, die mehr schlecht als recht sang: „You are ... my fire ... the one ... desire ... believe ... when I say ... I want it that way"*

Das Einzige, was mich daran hinderte, sofort hinstürzten und sie von dort herunterzuziehen war, dass sich morgen niemand mehr an diese Showeinlage erinnern würde, weil alle zu besoffen waren. Außerdem hatte ich gerade keine Lust Ruby von irgendetwas abzuhalten.

Ich versuchte Rubys Gesang einfach auszublenden und beobachtete sie wie sie sich fast den Hals brach. Von Levi kam die skeptische Frage: „Willst du sie nicht aufhalten?" Ich schielte zu ihm, ehe ich mich wieder ganz Ruby zu wendete. Mit einem einfachen „Nö" blieb ich an Ort und Stelle, ohne Ruby aus den Augen ließ.

Nach wie vor skeptisch vernahm ich von Levi ein Geräusch, dass sich anhörte als würde er sich ebenfalls gänzlich zu meiner Freundin umdrehen. Monoton wie immer meinte er nun: „Wenn sie so weiter macht, bricht sie sich den Hals." Ich sah auf den schwarzhaarigen Hinterkopf.

Ohne etwas zu sagen, stand ich mit meinem Wasserkrug in der Hand auf, umrundete den Tisch und ließ mich neben den Hauptgefreiten fallen. Ich lehnte mich mit dem Rücken an den Tisch und zog meine Beine in den Schneidersitz. Schweigend saßen wir für einen Moment nebeneinander und betrachteten das Spektakel.

„Weißt du, ich kann mich noch erinnern, dass Ruby mir nach einer Geburtstagsfeier bei Freunden, bei der ich nicht dabei war, erzählt hat, dass sie sich nie wieder betrinken wollte, weil es ein so grausiges Gefühl war", erzählte ich meinem Sitznachbarn, „Das werde ich ihr ewig vorhalten."

Er zog seinen Krug vom Tisch und sah hinein. Als er erkannte, dass das Gefäß leer war, depperte er ihn mit einem „Tz" wieder auf den Tisch. Weil ich nun mal eine herzensgute Seele war – meistens zumindest – hielt ich ihm meinen halbvollen Wasserkrug hin. Levi sah von dem Krug zu mir und nahm ihn mir mit Blick auf Ruby, die hoffentlich bald zum Ende kam, ab. In einem Zug trank er das Wasser aus und stellte den Krug zu seinem dazu.

Ruby beendete gerade ihren Song und zog dabei das „way" in eine unendliche Länge. Connie, der noch recht sicher auf den Beinen war, sprang ebenfalls zu der breit grinsenden Ruby. Der grauhaarige zog meine Freundin zu sich und ... küsste sie. Oho!

Um mich herum begannen alle, die das sahen zu klatschen, sofern sie noch in der Lage dazu waren. Ich murmelte nur grinsend: „Wurde aber auch Zeit." Etwas betrübter fügte ich hinzu: „Nur schade, dass sie sich vermutlich nicht daran erinnert. Scheiße, ich brauche dringend eine Kamera."

Ich bemerkte aus dem Augenwinkel, dass Levi zu mir sah und mal wieder typisch eine Augenbraue hochzog, bevor er wieder zu den zwei Verliebten sah. Connie und Ruby lösten sich voneinander. Während Connie selbstzufrieden lächelte, war selbst das Grinsen von den Hyänen aus König der Löwen ein Nichts gegen das von Ruby.

Doch kaum hatte Connie Ruby losgelassen, kippte diese nach hinten und fiel zu Boden. Sofort sprang ich auf und stürzte zu meiner am Boden liegenden Freundin. Auch Levi rannte auf die am Bodenliegende.

Ich kniete mich neben sie und tastete auf ihrem Hinterkopf als erstes nach einer Wunde. Zum Glück fand ich keine. Levi, der nun ebenfalls am Boden hockte, besah sich Ruby fachmännisch. Erwartend sah ich den Mittdreißiger an, der mir zu meiner Erleichterung zu verstehen gab, dass meine Freundin in Ordnung war. Wenn man von dem Betrunken sein einmal absah.

Aufatmend sah ich zu meiner Freundin, die die Augen aufschlug und sich etwas aufrichtete. Ihre einzigen Worte waren „Mama, ich will eine blaue Giraffe", ehe sie wieder nach hinten fiel und in der Bewusstlosigkeit versank.

Mein Blick schweifte zu Levi, der skeptisch zu der Bewusstlosen sah und ich murmelte: „So eine Alkoholleiche." Levis Blick lag auf mir und er befahl: „Geh schlafen." Er nickte zu Ruby und fügte an: „Ich werde sie auf das Zimmer bringen."

Mit einem müden Seufzer stemmte ich mich auf und begann auf mein Zimmer zu schlurfen, gefolgt vom Hauptgefreiten. Dort angekommen, legte er Ruby in ihr Bett und schloss mit einem „Gute Nacht" die Tür hinter sich.

----------------------------------------------
*I want it that way – Backstreet Boys

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt