79. Testlauf: Eskalation! Mayday! MAYDAY!

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Unbehaglich rutschte ich hin und her, ehe ich mich in die Hocke setzte. Auch Ruby schien die Wesensänderung zu bemerken und stand auf. Selbst Levi und Hanji wirkten angespannt. Mit einem komischen unguten Kribbeln im Bauch fragte ich: „Bitte, um Erlaubnis meinen Arsch von dem Baum bewegen zu dürfen, Hauptgefreiter." Meine Zunge fühlte sich belegt an.

Der schwarzhaarige sah zu mir herunter und nickte wohl leicht. Ich weiß es nicht, denn plötzlich begann die Erde wieder zu beben und unser Baum wurde durchgerüttelt wie ein Auto auf einem Schotterweg mit verdammt vielen Schlaglöchern.

Mit Schrecken stellte ich fest, dass Eren auf uns zu sprintete. Levi brüllte noch: „Runter vom Baum!", da wurde ich schon gepackt und schwang auf dem nächsten Baum zu. Ich landete mit Hanji einige Bäume entfernt und sah Eren gerade noch den Baum abknutschen. Das tat sicherlich weh. Wenn er es spüren würde.

Ich scannte die Gegend nach meiner Freundin ab und entdeckte sie auf der anderen Seite von Eren mit Levi. Erleichterung machte sich in mir breit als ich meine Freundin unbeschadet dort hocken sah. Auch wenn sie so aussah als würde sie fast vom Ast fallen. Und ziemlich blass war.

Doch die Freude hielt nicht lange, denn Eren fixierte mich mit seinen grünen Augen. Nebenbei bemerkte ich, dass sich alle Militärangehörigen um uns herum auf Eren zubewegten. Allerdings half mir das nicht viel, denn Eren setzte erneut zum Sprint an und raste scheinbar mehr als sauer auf mich zu.

Hanji schrie noch zu mir: „Verschwinde!" Dann seilte sie sich zur Seite ab. Ich ließ mir das nicht zweimal sagen und flüchtete schon so hastig, dass ich mich erst einmal einige Meter im freien Fall befand, bevor sich meine Haken verankerten.

Im Schwingen sah ich kurz zurück und bemerkte, dass Eren zurzeit gut von meinen Arbeitskollegen beschäftigt wurde. Kaum drehte ich mich wieder nach vorne, hing ich allerdings schon an einem Ast, den ich volle Kanne in den Bauch bekommen hatte. Ich hievte mich auf das Hindernis und schnaufte einmal durch.

Eren wütete umgeben von Aufklärern und Militärpolizisten, doch irgendwie versuchte er dennoch zu etwas, dass ich nicht benennen konnte, hinzukommen. Als Ruby sich in weitem Bogen um Eren herum, zu mir schwang und der Titan ihrer Bahn versuchte zu folgen, wusste ich auch,was er so vehement fixierte.

Ruby landete keuchend neben mir und erklärte: „Levi versucht ganze Zeit Eren irgendwie da rauszubekommen, aber bei so vielen Menschen kommt er nicht durch." Ich nahm ihre Aussage zur Kenntnis, beobachtete aber weiterhin, wie sich der randalierende Titanen seinen Weg zu uns zu bahnen versuchte.

Trotz der Tatsache, dass hier etwa zwanzig Leute, und davon zwei Ackermans, gegen einen Titanen antraten, schaffte es keiner seinen Nacken zu erwischen. Sie standen sich alle gegenseitig im Weg.

Ohne meine Freundin anzusehen, fragte ich überlegt: „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass sich Eren vollkommen auf uns versteift?" Von Ruby kam ein zustimmendes Geräusch. Ich sah meiner Freundin in die Augen und meinte: „Ich glaube, ich habe einen Plan." Das wird so ein Desaster. Ruby sah mich misstrauisch an und fragte: „Werden wir es bereuen?" Ich begann sarkastisch zu grinsen und meinte leicht lachend: „Und wie." Ruby dachte kurz nach und nickte mir dann entschlossen zu.

Ich nickte ebenfalls und erklärte ihr: „Okay, auf drei schreien wir „Eren". In Ordnung?" „In Ordnung", kam zurück. Wir sahen auf das Geschehen. Ich hoffe das funktioniert. Ich zählte: „Eins, ..."Das war eine schreckliche Idee. „Zwei, ..." Wir würden sowas von draufgehen. „Drei ... EREN!!!"

Die Pupillen des Titanen verengten sich. Er schlug seine Angreifer beiseite und stürmte auf uns zu. Wir drehten uns um und versuchten so schnell wie möglich wegzukommen. Doch unsere 3D-Manöver-Künste reichten nicht aus, um schneller zu sein als Eren und so verständigten wir uns über Blicke, dass wir uns aufteilten. Ruby schwang sich auf die eine Seite und ich schoss meine Haken auf die andere Seite ab, doch wurde ich von einer Hand gepackt und von meinem Vorhaben abgehalten. Ich wusste doch, dass wir hier nicht ohne Tote rauskamen. Und irgendwie kam mir das gerade wie ein Déjà-vu vor.

Ich machte mich schon bereit mit dem Leben abzuschließen und zu akzeptieren, dass ich von einem suizidgefährdeten Bastard, den ich zu meinem neuen Freundeskreis zählte, gefressen wurde. Doch so weit kam es nicht. Ich hörte nur, dass Fleisch zerteilt wurde und der Körper, zu dem die Hand gehörte, nach vorne kippte. Ich wurde losgelassen und fiel. Ich wäre auf dem Boden aufgeschlagen wie ein Pflummi, der nicht mehr sprang, wenn man mich nicht rechtzeitig aus der Luft geangelt hätte.

Kaum berührten meine Füße den Boden, fiel ich erst einmal auf die Knie und schaute ich zu meinem Retter, der Levi war und einen bewusstlosen Eren im anderen Arm hielt. Anstatt mich zu bedanken, wie es sich gehörte, motzte ich den schwarzhaarigen an: „Hättest du nicht zehn Sekunden früher auftauchen können?!" Nach so einer Nahtoderfahrung war diese Reaktion ja wohl verständlich.

Mit einem „Tz" wandte er sich von mir ab und übergab Eren an Mikasa, die neben uns landete. Ruby hockte sich zu mir und fragte: „Alles in Ordnung?" Ich nickte und schaute auf Nile Dawk, der ziemlich laut auf uns zu stapfte. Wie zu erwarten, echauffierte er sich: „Wie man eben gesehen hat, ist der Junge eine einzige Gefahr für seine Mitmenschen. Er gehört eliminiert. Ich habe es damals gesagt und bin heute derselben Ansicht. Wir werden uns ab jetzt um ihn kümmern."

Wir alle sahen den Kommandanten der Militärpolizei an und ich merkte wie sich Ruby anspannte. Oh ho, da würde jemand gleich einen Kopf kürzer sein. Sie drückte sich an mir hoch, wodurch ich fast mit dem Gesicht im Dreck landete, und ging festen Schrittes auf Nile zu. Vor ihm blieb sie stehen und hielt ihm so ruckartig ihren Zeigefinger unter die Nase, dass er zurückzuckte. „Wissen Sie, was Sie sind? Ein Feigling! Nur weil Sie Eren nicht verstehen, wollen Sie ihn tot sehen! Das ist so armselig! Sie können mich mal! Eren bleibt hier! Und wenn Sie ihn mitnehmen wollen, dann nur über meine Leiche! Fuck you!"

Damit trat sie ab und stellte sich schützend vor den bewusstlosen Titanenjungen. Dabei trat sie allerdings auf einen Stein, der ihr kurz das Gleichgewicht kostete. Aber ... sie fiel nicht hin.

Der Rest der Aufklärer folgte dem Beispiel meiner Freundin und stellte sich ebenfalls zu Eren. Es war wirklich episch wie sie da alle standen und ihren Freund beziehungsweise Kameraden beschützten. In meine Gedanken versunken, merkte ich erst verspätet, dass mich alle auffordernd ansahen. Es ratterte kurz in meinem Kopf, ehe ich verstand, was sie von mir wollten.

Ich rappelte mich hastig auf und meinte: „Oh, ja, 'tschuldigung", während ich mich eilig zu meinen Leuten stellte. Die Militärpolizisten sah nicht sonderlich erfreut aus. Nile meinte noch: „Das werde ich mit Erwin bereden." Und zog ab. Alle anderen dackelten brav hinter ihrem Vorgesetzten hinterher. Der letzte Militärpolizist kam zu unserer Gruppe und hielt uns den Zeigefinger unter die Nase. Er holte Luft, um etwas zu sagen, schloss den Mund aber wieder. Er versuchte es erneut und wieder kam nichts. Schließlich beließ er es bei einem: „Wir kommen wieder." Fiel dem Trottel keine bessere Drohung ein?

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt