74. Strafe über Strafe

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Eine Minute später schaffte es auch der Rest aus dem Wald. Nun vollzählig stellten wir uns stramm in Reih und Glied auf und einer nach dem anderen sagte brave seine Zahl an getöteten Attrappen auf. Als ich an der Reihe war und ich erwartungsvoll von allen angestarrt wurde, begann ich zu stottern: „Äh ... i-ich ... hab's vergessen ... aber ich glaube, es waren fünf ... oder acht."

Vielleicht irrte ich mich, aber ich bildete mir ein, dass Levis Auge leicht zu zucken begann. Und seine Hand schien auch kurz den Weg zu seinem Kopf suchen zu wollen. Erfolg auf ganzer Linie!

Da ich in seinen Augen allerdings eine leichte Mordlust mir gegenüber sehen konnte, piepste ich dann aber noch leise: „Ich glaube, es waren acht." Glücklicherweise wandte er sich daraufhin dem nächsten zu, was mich aufatmen ließ. Am Ende gewann Team Eren plus mir mit 2 Pseudotötungen mehr, was Jean zwar dazu veranlasste etwas zu stänkern, aber es beachtete ihn sowieso keiner. Also zogen wir alle ab zum Mittagessen.

Auf dem Weg zum Eingang war ich einfach nur glücklich, dass Levi nicht nachtragend war und uns ziehen ließ. Ich fragte Ruby auf dem Weg: „Warum durftest du eigentlich Runden rennen?"
Sie legte einen nicht sonderlich erfreuten Gesichtsausdruck auf und erklärte: „Ich habe ihn „griesgrämiger Zwerg" genannt."
Ich schaute überrascht zu ihr und meinte: „Du liest meine Gedanken!"
Bevor sie etwas erwidern konnte, schrie unser Folterknecht hinter uns: „Ruby! Tonia! Ihr bleibt hier!" Er war doch nachtragend.

Mit angesäuertem Gesicht blieben wir stehen und drehten uns langsam zu dem schwarzhaarigen um. Genervt schlurften wir zurück zu unserem Ausgangspunkt und stellten uns vor Levi. Er ging an uns vorbei und kommandierte gelassen: „Folgt mir." WAR DAS SEIN SCHEISS ERNST?!

Wie die Ruhe selbst ging er zum Eingangstor als hätte er uns nicht gerade wieder ZURÜCKHATSCHEN lassen. Grimmig watschelten wir unserem Vorgesetzten hinterher, der uns auf direkten Weg zu seinem Büro führte. Er schloss die Türe auf und trat ein. Wie gestern auch war der Raum aufs ordentlichste aufgeräumt. Nur das Bücherregal an der linken Wand war leer. Die Bücher standen schön gestapelt hinter der Tür. Wann hatte er bitte die Zeit gefunden, die alle auszuräumen?

Levi schloss die Türe hinter uns und trat zu uns. Wir zwei starrten sprachlos zwischen dem Bücherhaufen und dem leeren Wandregal hin und her. Von Ruby kam ein „How?!", während mir einfach nur die Kinnlade lose am Kiefer hing.

Unbeeindruckt erklärte uns Levi: „Mein Bücherregal gehört neugeordnet. Ihr werdet die Bücher nach Kategorie ordnen. Und innerhalb der Kategorie nach dem Nachnamen des Autors in alphabetischer Reihenfolge." Ich hockte mich vor den Bücherhaufen und zog wahllos einen Titel heraus.

Skeptisch blickte ich auf die Bücher daneben und schaute zu Levi auf: „Du hast nicht ernsthaft die gesamte Tintenwelt-Trilogie." Levi zuckte die Schultern und verließ sein Büro. Bevor er die Tür allerdings hinter sich zuzog, meinte er noch: „Wenn ich am Abend wiederkomme, seid ihr fertig."

Als Levi weg war, stand ich auf und schaute auf die geschlossene Tür. „So ein Sadist", murmelte ich, wendete meinen Blick dann aber zu Ruby und meinte: „Aber ich glaube, das ist die schönste Strafe, die er uns hätte geben können." Ruby erwiderte darauf: „It seems that he doesn't care, but deep, deep inside I know ..." Ich unterbrach sie und beendete den Satz: „He still doesn't care."

Ruby warf mir einen verständnislosen Blick zu und ich entschuldigte mich lachend: „Tut mir leid, ich bin eine Meme-gestörte Person." Kopfschüttelnd griff sie nach dem ersten Buch und las den Titel vor, dabei unterdrückte sie angestrengt ein Lachen: „Charles Dickens „Eine Weihnachtsgeschichte"." Auch ich stieg in das Lachen ein und presste ein „Als ob" hervor. Hätte ich nicht erwartet. Wirklich.

Immer noch lachend stellte Ruby das Buch auf ein Regalbrett und deklarierte: „Kategorie: Romane. Unterkategorie: Weihnachten. Autor: D." Ich schnappte mir ebenfalls ein Buch aus der Menge und eröffnete eine Kategorie „Sachbücher", Unterkategorie „Titanen" mit dem Buch „Anatomie des gemeinen Titanen" von Fritz Köhler.

Wir ordneten einige Zeit die Bücher ein und irgendwann verloren wir die Übersicht. Überlegend standen wir vor Levis Schreibtisch und diskutierten, ob wir es wagen könnten seine Schubladen nach einigen Blättern Papier und einem Stift zu durchsuchen, ohne am Abend viergeteilt und als Hundefutter zu enden.

Als ich von draußen Stimmen hörte, drehte ich mich mit einer Hand am Kinn zum Fenster. Auch Ruby sah nach draußen und dort entdeckten wir Levi mit unsere Kameraden. Ich sah Ruby an und die nickte. Also öffnete ich das Fenster und wir schrien nach draußen: „Levi!"

Der angesprochene schaute zu uns hoch und zog eine Augenbraue nach oben. Was auch sonst. Ich rief zurück: „Wo hast du ein paar Blätter und einen Stift?"
Zurück kam: „Warum verdammt braucht ihr Stift und Papier?"
„Na, zum Beschriften!", rief Ruby das Offensichtliche nach unten.
Levi schüttelte ergeben den Kopf und brüllte zurück: „Erste Schublade, rechte Seite." Er drehte sich wieder zu seinem Team und beachtete uns gar nicht mehr. Trotzdem schrien wir noch so laut wie möglich zurück: „DANKE!!!" und ich schloss das Fenster wieder.

Die gesuchten Utensilien gefunden, begannen wir Zettelchen zu schreiben für die Kategorie, Unterkategorie und den Buchstaben. Wir rissen das erste Papier in Streifen und begannen zu schreiben. Kaum war das erste Wort fertiggeschrieben, knallte die Tür des Büros auf.

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt