53. Mit uns kann man's ja machen

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Verständnislos sahen wir den zwei Männern nach. Im Ernst! Da rang sich Levi einmal dazu durch, freiwillig mit uns Zeit außerhalb des Trainings zu verbringen und dann passierte sowas?

Ruby drehte ihren Kopf zu mir und fragte ungläubig: „Did he ... Did he just go?" Ich sah weiterhin zur Tür und gab, ohne meinen Blick abzuwenden, zurück: „Jap. Einfach so."

Ruby ließ sich zurück in die Kissen fallen und ich murmelte noch: „So eine treulose Kartoffel", ehe ich mich ebenfalls zurückfallen ließ. Ich meine, ich konnte ihn auch irgendwie verstehen. Aber tief, tief, tiiiieef in meinem Herzen ... verstand ich es noch immer. Konnte ich nicht etwas weniger verständnisvoll sein? Das würde es mir immens erleichtern, sauer auf Levi zu sein.

Von Ruby kam kein Mucks mehr, weshalb ich die Augen schloss und mich auf die Geräusche der Zurückkehrenden konzentrierte, die von draußen nach innen drangen. Ich hörte viele Stimmen und das Stampfen von Stiefeln auf trockener Erde. Auch im Gang nahmen die Geräusche von Schritten zu.

Im nächsten Moment trampelten auch schon eine Menge Füße in den Raum. Ich schlug die Augen auf und setzte mich wieder aufrecht hin. In dem Raum waren Unmengen an Menschen, dass es nur noch eine einzige verschwommene Masse war. Irgendjemand rempelte mein Bett, was dazu führte, dass Bechamel fauchend auf die Pfoten sprang und sich auf meinen Schoß wieder zusammenrollte, aber weiterhin den Tumult um uns herum mit wachsamen Augen verfolgte. Beruhigend strich ich durch das weiche Fell. Ich schaute kurz zu Ruby, die den Trubel ebenfalls verfolgte.

Mein Blick wurde von einem Soldaten auf sich gelenk, der aus dem Pulk auf mich zu kam und meinte: „Katzen haben hier nichts verloren. Das ist eine Krankenstation und kein Zoo."

Mein erster Gedanke war: Interessant, ich wusste gar nicht, dass es hier Zoos gab. Gefolgt wurde dieser von: Der Gute, soll sich nicht so aufregen. Als der Kerl nach Bechamel greifen wollte, schaltete ich auf aggro-Modus und fauchte ihn an: „Wag es die Katze anzufassen und ich hack' dir die Hand ab."

Meine Aussage unterstützend knurrte der Fellball auf meinem Schoß den Soldaten an. Ja, in so einem Durcheinander und wenn es um Katzen ging, konnte es durchaus ab und zu einmal vorkommen, dass ich etwas übertrieben reagierte. Aber niemand, wirklich niemand, stört eine Katze beim Schlafen, wenn ich es verhindern konnte.

Geschockt sah der Typ auf mich und die Katze. Er drehte sich etwas steif um und verschwand wieder in der Menge. So ist es gut. Ich beobachtete das heillose Durcheinander weiterhin, konnte aber trotz viel Augenzusammenkneifen niemanden Bekannten finden, weshalb ich einfach dabeiblieb, Bechamel zu streicheln und gedankenversunken irgendwohin zu starren.

Es dauerte einige Zeit, bis wieder Ruhe einkehrte. In dieser Zeit waren einige Soldaten öfters ein- und ausgegangen und Bechamel hatte von meinem Schoß unter Rubys Bettdecke gewechselt. Eben stand Hanji bei uns und erklärte, dass ihnen gerade die Krankenbetten ausgingen, weshalb sie uns bat, nun doch in unser Zimmer zu wechseln.

Mit einem ergebenen und irgendwie glücklichen Seufzen holte ich meine Kleidung aus dem Nachtkästchen und mir wurde bewusst, dass ich nur ein Nachthemd anhatte. Verlegen fragte ich Hanji: „Sag mal, können wir uns irgendwo umziehen?"

Hanji sah uns an und hob den Zeigefinger. Wartet kurz. Und schon war sie verschwunden, um gleich darauf mit schiebbaren Trennwänden zurückzukommen, die sie um unsere Betten aufstellte. Die zwei Garnituren bestanden zu meinem Glück aus jeweils einer Bluse und einem Rock, was mir das Anziehen um einiges erleichterte.

Im Gegensatz zu Ruby, die ihren Arm mit Hanjis Hilfe irgendwie in den Ärmel der Bluse stopfte, war ich recht schnell fertig. Als wir das Anziehen hinter uns hatten, brachte mir Hanji zwei Krücken, um nicht immer jemand anderen als Gehhilfe missbrauchen zu müssen, wie sie es so schön ausgedrückt hatte.

Abmarschbereit schnappte sich Hanji noch meine restliche Kleidung und das Buch, während Ruby sich ihre eigenen Sachen mit dem gesunden Arm an die Brust presste. Und schon humpelte ich hinter den zwei hinterher, die problemlos laufen konnten. Bechamel schien die Gesellschaft der anderen Soldaten nicht allzu toll zu finden und rannte an uns vorbei in den Gang. Auf dem Weg zu unserem Zimmer lief die Katze zwar vor uns, wartete aber immer wieder und schaute, ob sie auch ja den richtigen Weg nahm.

An den Treppen flog ich zwei Mal fast rücklinks hinunter und einmal fast hinauf. Ich hatte es einfach nicht mit Treppen. Bis wir schließlich an unserem Zimmer ankamen, vergingen vermutlich zehn Minuten, aber mit den Nahtoderfahrungen an der Treppe und so wie ich gerade keuchte, fühlte es sich eher wie ein halber Tag an.

Hanji öffnete unsere Zimmertür und trat hinein, Bechamel gleich hinterher und auf das Bett. Ruby ging ihr hinterher und ich folgte ebenfalls. Hanji legte die Sachen auf dem Tisch an der rechten Wand ab und schaute dann überlegend zu unserem Stockbett: „Hm, das könnte problematisch werden." Ich folgte dem Blick der Brillenträgerin und meinte sarkastisch: „Findest du?". Zeitgleich ließ Ruby ebenfalls sarkastisch verlauten: „Was du nicht sagst."

Ohne etwas zu sagen, standen wir da und starrten auf das Bett als wäre es das am schwersten zu lösende Rätsel des ganzen Universums. Genervt schnaubend ließ ich mich auf das untere Bett neben die weiße Katze fallen und schaute zu Hanji auf, die ihren Blick nicht von dem Stockbett nahm.

Nach einer Minute, in der sie Statue gespielt hatte, erklärte sie schließlich lasch: „Ich werde euch ein Klappbett hineinstellen lassen", und verschwand auch schon durch die Tür. Und dafür hatte sie jetzt eine Minute auf das Bett gestarrt?

Attack on Titan becomes realityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt