Wolkenmeer im Kopf (oder: Der tote Baron)

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Kurze Einordnung: Das ist ein morbider Blick auf den roten Baron (Manfred von Richthofen, Jagdflieger), der irgendwann im Kampf einen Schuss in den Kopf erhielt und zwar überlebte, durch das Trauma aber wohl - freilich nach etlichen weiteren Abschüssen - eines Tages von allen schlauen Geistern verlassen war und sich auf absolut vermeidbare Weise abschießen ließ. Zumindest gibt Wikipedia dies als wahrscheinlich an. Ob es auch stimmt - die ganze Geschichte konnte ich auf Dauer nicht ignorieren.

Der Vogel, taktisch und geschickt,
mit feuerrotem Schreckgefieder,
mit Mensch verschmolzen, ward gepickt,
nachdem er pickte fünfzig nieder.
Der Treffer fand ein Menschenziel,
das Blut ist so herumgesprudelt,
im Innern durch das Projektil,
der Kopf, wie tot, umhergetrudelt.

Er ist mit Mühe aufgewacht,
erfolgreich dann zu Grund geflattert.
In ihm, da war noch tiefe Nacht,
frühstmorgens schlaflos alles rattert.
Umnachtet, Nebel klebte fest,
dass sanfte Sonne nicht mehr scheine,
der Kranke blieb nicht lang im Nest,
er sagt: Nur Luftkampf sei das Seine!

Dann löst sich Nebel, festgeklebt,
beginnt im Kopf sich zu verteilen.
Weil er so zwischen Wolken lebt,
fällt's schwer, vom Nebel sich zu heilen.
Im Wolkenmeer ein falscher Fisch,
der lässt der Freiherr so nicht fliehen.
Ein Lebenslicht - ganz klar - erlischt,
in Bälde wird ein Stern verglühen.

Er sieht nichts mehr im Tränenzorn,
von dem getrübt sind die Gedanken.
Nur Hass, nur flacher Flug nach vorn,
ein Opfer kriecht hinfort vom Kranken.
Der Beute Bruder kommt ihm nach,
speit Feuer, wird jedoch verfehlen.
Es droht die ach so schwere Schmach,
noch immer bloßer achtzig Seelen.

Er flöge viel zu gern sich frei,
ein hoher Herr mit Herzenshitze.
Doch Wolken, Qualm, ein Todesschrei
ihm bleiben, und der Schüsse Blitze.
Im rot und silbrig schweren Kleid
ist dieser Blutkelch seine Quelle,
der Ruhm, der reißt ihn aus der Zeit,
er überfliegt die Schreckensschwelle.

Verletzlich plötzlich nah am Grund,
wird dieser Richter nun gerichtet.
Ihm schlägt die letzte Schrecksekund,
dass Hölle diesen Nebel lichtet.
Das Blut, dess Dampf so marodiert
im Kopfe, schießt ihm aus der Ader.
Vom Boden aus ward er geliert,
am Grund erlischt der Lebenskrater.

Die wüste Wahrheit rasch gerast
in friedgefertigt Eingeweide,
geehrt, doch dummerweis gehasst,
auch Lothar - oh, sie sterben beide.
Der Mensch gehört nicht weg vom Grund,
der Blutqualm nicht in Menschenschädel.
Und Propaganda nicht zum Mond,
dazu sind keine  Krieger edel.

RegenzeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt