Nie habe der Scharfrichter jemanden so tapfer wie Sophie Scholl sterben sehen - ich widme mal beiden ein Gedicht.
Mit Pulver, Stahl, mit Schweiß und Hass
regiert es, presst aus Gliedern Gnade,
zu Gliedern macht ohn Unterlass
des neuen Totengotts Tirade.
Sie werden dieses Teufels Glied,
wenn sie erlegen nicht den Drachen,
der Blut und Brand speit, Homozid(1),
der Feind und Glieder wirft gen Rachen.Er ist aus einer Krallenzucht,
von manchen Herren übernommen,
Familie brachte scharfe Frucht,
von der manch Höllenhitz entglommen.
Sein eigner Richter, schnauft es kurz,
als eine Beute ihn verraten.
Sie streben hinter ihren Sturz,
ganz losgelöst von jeglich Gnaden.Sie glaubte an ein Senfbaumreich,
voll Vögel, seiner Flügeltiere;
das Wesen ist den Vögeln gleich,
beflämmt, auf dass sie nicht mehr friere.
Sie wollte eine Zelle sein,
im Feuervog'l in Strahltriebwerken.
Das weiche Herz mocht wer'n nicht Stein,
und sich nicht steif und still verbergen.Am End des Menschen und Moloch,
geschändet von dem Krallensohne, (2)
dem satten, ausgeschliffnen Loch,
bekennt posthum sich zur Ikone,
wer einstmals ihre Tapferkeit
im Blutbad weniger Sekunden
verkannt, zerschnitt die gute Maid,
die Zellbegierde überwunden.Dem Drachen, der den Krieg verlor,
als er die ganze Welt gepeinigt,
dem Krallendasein ab er schwor,
der Mensch floh, wer mit ihm vereinigt,
doch mochte man das Hornherz nicht,
wenngleich er pries, was er geschnitten,
der Luft beraubt, nahm fort vom Licht,
vom ältstem Blut genährt, gelitten.Legendenträgrin, gute Frau,
sowie die ganze übrig Beute,
der Friedensblüte, starbst so grau -
vielleicht seid ihr, wo's besser, heute.
Verstört sind wir und guter Lehr',
doch mögen wir Gelehrts nicht lernen,
nicht Krieg noch Traumata entfernen,
-
Geschichte plagt uns peripher.1) Irgendwas gefiel mir lyrisch nicht daran, Genozid zu schreiben. Irgendwas.
2) pluralis maiestatis, bezieht sich auf das maskuline Subjekt, Johann Reichhardt.
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Regenzeit
PoetryWas uns ausmacht. Was wir wollen. Worauf wir bauen. Was uns quält. Worauf wir bestehen, worum Andere dankbar sind. Das größte Geschenk. Was den Regen bei uns hält. Das Leben. Was uns ermöglicht. Was wir brauchen. Worunter wir bauen. Was uns Angst ma...