6 - Sündenbock

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Dawsons POV

„Hey Bürschchen, bleib sofort stehen!" Ertappt drehe ich meinen Kopf nach links und begegne den wütenden Augen des Bundestrainers. Mit eiligen Schritten kommt er auf mich zugelaufen und verschränkt dann die Arme vor der Brust, als er unmittelbar vor mir steht.

„Wo ist der Schlüssel?", keift er mich an, weshalb ich verteidigend die Hände in die Höhe halte. Wären die Mädchen nicht einfach an mir vorbeigestürmt, hätte ich den Schlüssel schon längst wieder abgegeben.

„Tut mir leid, ich wurde aufgehalten", murmele ich schuldbewusst und überreiche dem Mann den Schlüsselbund. Ohne zu zögern reißt er mir die Schlüssel aus der Hand und fordert mich dann mit einer flinken Bewegung auf, ihm zu folgen.

„Sieh, was du angerichtet hast!"

Ich stoße die Kabinentür, in der Elin, Sarina und das fremde Mädchen verschwunden waren, auf und erstarre. Überall stehen Fußballer, die ihre nasse Kleidung über dem Waschbecken auswringen und irgendwie versuchen, den Boden zu trocknen. Es ist das reinste Chaos.

„Oh man, Leute, mein Handy ist kaputt", lenkt ein Lockenkopf meine Aufmerksamkeit auf sich. Er hockt neben seiner Sporttasche und trauert um sein zersprungenes Display.

Was haben die Mädels bloß angestellt?

Dass Elin vom Teufel abstammen könnte, war mir von der ersten Sekunde bewusst, aber Sarina hätte ich das niemals zugetraut. Warum haben sie die Kabine unter Wasser gesetzt und Gegenstände zerstört?

„Ich habe hiermit nichts zu tun. Wirklich nicht!", richte ich mich nach einer Weile an den Bundestrainer, der immer noch mit verschränkten Armen vor mir steht. Seinem verkniffenen Blick nach zu urteilen, schenkt er meinen Worten keinen Glauben. Ich kann ihn verstehen.

Trotzdem muss ich versuchen, meine Unschuld zu beweisen. „Ich habe nur den Kraftraum aufgeschlossen und wollte ihnen dann den Schlüssel zurückbringen, aber ich wurde aufgehalten", lüge ich. Wenn mir Sarina bei unserem Date keinen vernünftigen Grund für dieses Chaos nennen kann, kann ich sie und ihre Freundinnen immer noch verraten.

„Wer oder was hat dich denn aufgehalten, mein Lieber?", erkundigt sich der Trainer bei mir und tippt abwartend gegen seine Armbanduhr. Dieser Mann weiß wirklich ganz genau, wie er andere Menschen einschüchtern kann. Ich hätte zwar kein Problem damit, mich mit ihm anzulegen, aber da ich die nächsten Wochen ebenfalls auf diesem Sportplatz verbringen werde, lasse ich es lieber.

„Ich musste ein Mädchen zum Hausmeister begleiten. Sie wirkte ziemlich aufgelöst und hat nach den Schlüsseln für die Umkleidekabinen gefragt", verdrehe ich weiterhin die Wahrheit und zucke mit den Schultern. Meine Eltern haben mir beigebracht, nicht zu lügen, aber immerhin kann ich mit dieser Notlüge den Verdacht von mir weglenken.

„Stopp! Ganz langsam. Wie sah dieses Mädchen aus? Die kann sich auf etwas gefasst machen!"

„Ähm", verhaspele ich mich. „Sie hatte einen schwarzen Bob, eine pinke Strähne und blaue Augen. Sie war recht klein und etwas stämmiger, wenn sie verstehen, was ich meine." Jetzt gilt es nur noch zu hoffen, dass kein Mädchen auf diesem Sportplatz meiner erfundenen Beschreibung entspricht. Eigentlich ist das sehr unwahrscheinlich, aber man weiß ja nie.

„Okay danke", murmelt der Mann und klopft mir auf die Schulter. „Ich lasse dich trotzdem nicht aus den Augen, Junge."

Etwas eingeschüchtert nicke ich und entferne mich dann mit schnellen Schritten von der Umkleidekabine. Schöne Scheiße, in die mich Sarina und Elin reingeritten haben.

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