57 - Verletzung

196 24 8
                                    

Elins POV

Verraten – genauso fühle ich mich gerade. Seit Alicas Ansage im Auto denken die anderen Mädels viel zu viel nach. Sie fangen an, zu bereuen, was sie getan haben und möchten unser Spiel nicht beenden.

Das ist auch der Grund, weshalb ich heute alleine handele.

Ich kauere nun schon seit mehreren Minuten hinter einem Baumstamm, aber von Raiden fehlt jede Spur. Laut Alica haben die Fußballer heute in diesem Wald Lauftraining und das eigentlich schon seit einer halben Stunde. Entweder stehe ich am falschen Ort oder die Jungs lassen sich extrem viel Zeit.

Ich seufze und überprüfe noch einmal in meiner Handykamera, ob meine Perücke richtig sitzt. Meine blonden Haare sind einem Grauton gewichen, wohingegen ich meine braunen Augen mit grünen Kontaktlinsen verstecke. Zudem bin ich ungeschminkt, sodass mich Raiden auf keinen Fall erkennen kann.

Er hat die Narbe in meinem Gesicht noch nie gesehen, weshalb er erst gar nicht auf die Idee kommen wird, dass ich es bin. Im Nachhinein betrachtet, ist es echt traurig, dass ich mich vor meinem eigenen Freund geschämt habe. Umso besser, dass es niemals mehr ein Wir geben wird.

Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Waldweg und grinse, als ich die ersten Fußballer ausmachen kann. Jonah läuft mit einem riesigen Vorsprung voraus und schwitzt dabei nicht einmal. Vielleicht sollte er seine Fußballkarriere überdenken und stattdessen Läufer werden.

Ich schmunzele über meine eigenen Gedanken und konzentriere mich darauf, Raiden nicht zu verpassen. Kaum rufe ich mir sein Aussehen ins Gedächtnis, joggt er auch schon auf mich zu. Als ich ihn vor einigen Tagen im Sportstadion beim Laufen beobachtet habe, sah er nicht mal ansatzweise so erschöpft aus, wie jetzt.

Ob mein Plan wohl geklappt hat und er dem Bundestrainer negativ aufgefallen ist?

Ich atme noch einmal tief durch, ehe ich auf den Waldweg renne und mit Raiden zusammenstoße. Ich bemühe mich, meinen Sturz dramatisch aussehen zu lassen und kreische schmerzerfüllt. „Ah!" Mein Ex Freund bleibt wie angewurzelt stehen und fährt sich durch die Haare. „Shit", flucht er und wirft einen nahezu ängstlichen Blick über seine Schulter. Von seinen Teamkollegen fehlt jede Spur.

Wir sind ganz alleine – wie wunderbar.

„Ich glaube, ich habe mir den Fuß gebrochen!", schreie ich hysterisch und ziehe Raiden an seinem Arm zu mir auf den Boden. „Oder irgendwelche Bänder gerissen. Mein Herz schlägt auch viel zu schnell. Vielleicht bekomme ich gleich einen Herzinfarkt. Oh Gott! Ich will noch nicht sterben! Ich-" Der Braunäugige presst mir seine Hand auf den Mund und zwingt mich somit zum Schweigen.

„Tut mir leid, aber ich muss weiterlaufen", raunt er. „Ich schicke jemanden vorbei, der nach dir gucken wird." Mit diesen Worten erhebt er sich und joggt weiter.

Ist das sein verdammter Ernst?!

Ich brauche erstmal einige Sekunden, um zu realisieren, was sich hier gerade abspielt. Raiden lässt mich tatsächlich alleine. Es ist ihm egal, ob ich verletzt bin. Ich bin wirklich froh, dass ich ihm nach Spanien gefolgt bin, denn spätestens jetzt weiß ich, dass Raiden ein Arschloch ist.

Ich kann mich glücklich schätzen, endlich von diesem Idioten frei zu sein. Trotzdem kann ich ihn nicht einfach so davonkommen lassen.

Ich hieve mich vom Boden und renne meinem Ex Freund hinterher. Normalerweise war ich die Unsportliche in unserer Beziehung, aber heute scheint er der Unsportliche zu sein. Ich hole Raiden schnell ein und halte ihn am Handgelenk zurück.

„Du kannst mich nicht alleine lassen!", gifte ich ihn an. „Wenn ich hier in diesem Wald sterben sollte, wanderst du lebenslang ins Gefängnis!"

„Lass mich los! Ich habe Training!"

SpielerfrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt