58 - Einsicht

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Alicas POV

„Wow, stopp! Ganz langsam, Elin." Die Angesprochene hält sofort in ihrer Erzählung inne und hebt eine Augenbraue. „Was?", hakt sie nach und rollt mit den Augen. Ich ahme ihre Geste nach und seufze. „Du hast dir also deinen Fußknöchel verstaucht, richtig?"

„Das habe ich jetzt schon mindestens zehnmal gesagt. Du bist schlimmer als meine Oma – und die hat Alzheimer", murrt die Blondine ungeduldig und deutet dabei auf den Verband. „Und Zander ist wirklich mit dir ins Krankenhaus gefahren?"

„Meine Güte – ja!"

„Du meintest, dass er weiß, wer du wirklich bist", lässt Sarina den Satz offen in der Luft hängen. Elin verdreht daraufhin bloß zum wiederholten Male ihre Augen und schüttelt mit dem Kopf. „Immer noch – ja!", keift sie genervt. „Aber er verrät mich nicht. Er hat mir hoch und heilig versprochen Raiden gegenüber zu schweigen und ich glaube ihm." Ich nicke und runzele die Stirn.

Es hat bisher immer den Eindruck erweckt, als wären Zander und Raiden ziemlich gut miteinander befreundet. Wieso sollte der Lockenkopf also plötzlich Elins Geheimnis für sich behalten? Hat sie ihm vielleicht ein unmoralisches Angebot gemacht?

„Was gibst du ihm dafür?", wende ich mich an die Blondine und erwidere ihren eisigen Blick. Elin ist alles zuzutrauen. „Gar nichts."

„Ach komm schon, Barbie", stichelt nun Romy grinsend weiter. „Uns kannst du es doch sagen." Elin grummelt etwas Unverständliches vor sich hin, ehe sie eine wegwerfende Handbewegung macht. Einerseits würde ich wirklich gerne wissen, womit sie Zander in Schacht hält, aber andererseits ist es vielleicht auch besser, in der Ungewissheit umherzutappen.

Die Hauptsache ist, dass Zander den Mund hält – denn sollte er reden, sitzen wir alle in einem Boot. Und dieses Boot wird definitiv untergehen.

„Wir sollten das Thema wechseln, Leute", klatscht Elayna in die Hände und nickt vor uns auf die Tischplatte. „Wir haben noch einiges zu tun, bevor es dann morgen das große Finale gibt." Sie hat Recht.

Die Zeit hier in Spanien ist viel zu schnell vergangen. Wir sind mittlerweile schon dreizehn Tage in einem fremden Land und haben unglaubliche Erinnerungen geschaffen. Ich habe nicht nur neue Freundinnen gefunden, sondern auch einen neuen Teil von mir selbst. Ich konnte mich frei entfalten und mich so zeigen, wie ich wirklich bin.

Das Einzige, das noch fehlt, ist eine Versöhnung mit Jonah.

Ich habe mich inzwischen mit seinem Traum – Fußballprofi zu werden – abgefunden und möchte ihn gerne dabei unterstützen. Mit meiner Hilfe wird er noch besser sein. Morgen – wenn der letzte Tag dieses Trainingslagers anbricht – werde ich meine Maske fallen lassen. Dann liegt es an Jonah, ob er mir verzeiht oder nicht.

„Alica!"

Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und blinzele einmal perplex. Elayna steht neben mir und hält mir ihre Hand entgegen. Ich ergreife diese und lasse mich von ihr auf die Beine ziehen. Romy, Sarina und Elin verlassen gerade die Hotellobby und hüpfen gutgelaunt die Treppenstufen herunter.

Ich wünschte, ich könnte auch so gelassen sein, aber das kann ich nicht. In meinem Inneren tobt ein Wirbelsturm der Gefühle, der mich zerreißt. Meine Gedanken kreisen nur noch um Jonah. Ist das, was ich mache, falsch? Lohnt es sich überhaupt, für unsere Zukunft zu kämpfen?

„Elayna?" Ihr Name kommt wie ein leises Hauchen über meine Lippen. Die Braunäugige hebt direkt eine Braue und schenkt mir ein Lächeln. „Was ist los, Ally?", erkundigt sie sich bei mir. „Du wirkst schon den ganzen Tag über so abwesend. Ist etwas passiert?" Ich nicke und massiere mir nebenbei die pochenden Schläfen. Ich bin der vergangenen Nacht kaum zur Ruhe gekommen, was nur dazu beigetragen hat, dass meine Gedanken immer schneller durch meinen Kopf getanzt sind.

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