Kapitel 61 - Lucifer

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Es schien so als würde mich die Augen Gottes fesseln. Das Blau in seine Augen schien intensiver geworden zu sein und zum ersten Mal bemerkte ich, dass diese meine eigenen sehr ähnelten. Unsicher spielte ich mit meinen eiskalten Fingern während ich leichte Zittern verspürte, die meine Schwingen von sich gaben. Er sagte nichts und normalerweise würde mich dies zufriedenstellen aber nicht jetzt. Nicht in dieser Situation. Nicht jetzt, wo die Stille viel zu laut wurde und mein Blut in meine Ohren kochte. Ich beobachtete wie dieser seinen Mund öffnete, nur um diesen wieder zu schließen. Den Kloß in meiner Kehle schluckte ich hinunter, bevor ich den Anstand machte, mich erneut zur Wort zu melden.

"Ich will nur meinen Flügel, das ist alles was ich von dir verlange, um mich auf der Seite des Himmels zu schlagen." brachte ich über meine Lippen während meine Stimme immer mehr an ihrer Stärke verlor, bis diese nur noch zu einen Flüstern wurde. Auch diesmal antwortete mir dieser nicht. Er blickte mich unverändert an, so als hätte ich nichts gesagt. Ich atmete laut aus, als mir bewusst wurde, dass mein Wunsch nicht in erfüllung gehen würde. Wie aus den nichts war meine Unsicherheit wie weggeblasen und somit verließ mich das unangenehme Zittern auch. Durch einer kurzen Bewegung stand ich mit aufgeklappten Schwingen vor ihn und blickte ihn finster an. Das helle Licht, das durch den schmalen Fenstern schien, umrandete meine Gestalt und ließ mich in Vordergrund stehen. Meine Augen wirkten durch den Licht heller als sie eigentlich waren und die blasse Haut schien mit diese zu verschmelzen. "Du bist egoistisch Jahwe und zwar mehr als ich es je sein könnte." gab ich aufgebracht von mir bevor ich meine Schwingen erneut zuklappte und meinen Erschaffer den Rücken zudrehte. Mir war in diesen Moment vollkommen egal, dass dieser meine schlecht verheilte Narbe sehen konnte. Genauso, wie es mir egal war, dass ich somit mein Flügel für immer verloren hatte.

Ich brauchte seine Hilfe nicht und meine würde dieser auch nicht mehr bekommen. Sollte doch der Himmel fallen, es würde mich sowieso nicht betreffen. Es war nicht mehr mein Zuhause und die Bastarde, die dort lebten, sollten es auch ohne meine Hilfe schaffen. Sie würden das gleiche niemals für mich tun. Warum sollte ich dann mein Leben für sie geben? Warum sollte ich mich für jemanden in den Tod stürzen, der es nicht einmal stören würde, wenn ich am Ende des Tages in meinen eigenen Blut ertrank. Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, machte ich den ersten Schritt nach vorne, gefolgt von weiteren, bis ich an den zwei großen Toren stand, die mich aus dieser Situation befreien würden. Meine blasse Hand berührte den kühlen Türgriff und drückte diesen nach unten aber bevor ich die Kapelle verlassen konnte, spürte ich eine warme Hand auf meinen leeren Schulter. Ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter während ich die Türklinke mit zitternder Hand erneut losließ. Langsam drehte ich mich um und erblickte sogleich in die blauen Augen von Jahwe, die mich entschuldigend anblickten. Durch einer schnellen Bewegung machte ich ein paar Schritte nach rechts und verließ somit seine Reichweite. Die Stelle, die dieser berührt hatte, schien auf meiner Haut zu glühen aber jedes mal, wo ich auf meinen nackten Schulter blickte, war nichts besonderes zu erblicken. Beunruhigt suchte ich nach seinem Blickkontakt aber egal wo ich auch hinblickte, er war wie weggeblasen. Er war einfach verschwunden und hatte sich schon wieder alleine gelassen. Er hatte mich meine Ungewissheit überlassen und mich wie ein Versager da stehen lassen.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten zusammen und blickte finster auf der Stelle, wo dieser vor kurzem noch gestanden hatte. Durch einer Drehung stand ich wieder zu den Ausgang gerichtet und wollte gerade auf diesen zulaufen, als ein ziehender Schmerz meine Bewegung stoppte und mich ruckartig nach hinten blickte ließ. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete ich wie meine Narbe langsam aufging und somit höllische Schmerzen frei gelassen wurden, die ich gehofft hatte nie wieder verspüren zu müssen. Das unerträgliche Schmerz zwang mich auf die Knie und bevor ich noch etwas dagegen tun konnte, lag ich in meinen eigenen Blut auf den weißen Marmorboden. Mein dünnes Seidenmantel hatte seine Farbe von weiß zu rot gewechselt und klebte an meinen blassen Körper. Ich lag auf den Bauch während meine fünf Schwingen in kompletter Reichweite ausgebreitet waren. Ein Zittern wurde freigesetzt während das Ziehen immer stärker wurde und mir einen Schrei entkommen ließ. Schwer atmend versuchte ich meine Augen offen zu halten aber meine Bemühung war gar nicht mehr notwendig, denn in den nächsten Augenblick waren diese weit aufgerissenen. Ich konnte deutlich spüren wie etwas aus meinem Rücken heraus wuchs und dies brachte meinen Herz dazu, um das doppelte zu schlage. Tränen fingen an sich in meinen müden Augen zu sammeln bevor ich wenig später schon spüren konnte, wie diese meine Wangen runterliefen.

ʟɪɢʜᴛ ɪɴ ᴛʜᴇ ᴅᴀʀᴋɴᴇssWo Geschichten leben. Entdecke jetzt