Kapitel 67 - Devis

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Ich blickte auf der leerstehenden Stelle, dort wo die zwei Dämonen zuvor noch gestanden hatten. Meine Augen konnten sich nicht abwenden, auch wenn ich es gewollt hätte. Der unwohle Gefühl in meinen Magen blieb auch nach weiteren stillen Minuten bestehen aber ich versuchte diesen so gut es ging zu ignorieren. In mein inneres Auge konnte ich immer noch sehen, wie sich diese miteinander vereint hatten, indem sie ihre Lippen vereinten. Ich könnte mich an jede ihrer Bewegungen genauest erinnern. Wie sie sich gegenseitig berührt hatten. Ihre Hände miteinander verschränkt während ihre Körper so nah einander waren, dass nicht einmal Luft durchgepasst hätte. Die exakten Bewegungen ihrer Lippen und der innige Körperkontakt, der nicht für meine Augen gemacht worden war. Die letzte Bewegung ihrer Hüften während sich ihre drachenartigen Flügeln in kompletter Reichweite ausbreiteten, bevor sich diese von einander getrennt hatten und zwischen den dichten Ästen der grünen Bäumen verschwunden waren. Hinaus in den blutroten Himmel und weit genug von der Stelle des Geschehens. 

"Die Viecher sind weg, lass uns von hier verschwinden!" hörte ich die Stimme des männlichen Engels rufen, der sich zu meiner Überraschung, immer noch zwischen den Ästen der Bäumen versteckte. Erst als ich spürte, wie sich die Arme von Anastasia von mir lösten, konnte ich aus der Vergangenheit hinaus blicken und mit beiden Füßen wieder in der Gegenwart stehen. "Wir gehen nirgendwo hin! Die Chance auf einer Geisel haben wir zwar vermasselt aber die Informationen haben wir so oder so zu hören gekommen." gab die Stimme des weiblichen Engels von sich. Ein kurzer Blick auf meiner Rechten reichte vollkommen aus, um zu sehen, dass sich Anastasia von den leichten Schreck erholt hatte und wieder in bester Verfassung war, um in Ehren meines Vaters zu kämpfen. "Was hast du vor?" brachte ich über meine Lippen, als ich mich in Bewegung gesetzt hatte, um meinen Dolch von den blutbedeckten Steinboden zu heben. "Die Zeit ist reif, um Reprobatum Sit A Lumine einen Besuch abzustatten." sagte diese, als sie weniger erfreut auf den kleinen Fleck blickte, der durch ihren roten Glanz, sofort ins Auge stach. "Der schöne Kleid ist nun hinweg. Schade, denn ich mochte es wirklich sehr."

 Zwei goldene Pfeile lagen vor ihren Füßen, die mit Blut bedeckt waren. Blut zweier Wesen, die sich unterschiedlicher nicht sein könnten. Blut, der eine dunkler und schon in schwarz verlaufend während der andere deutlich heller war und schon fast die Grenze der roten Farbe überschritten hatte. Eine Sache hatte dieser Blut jedoch gemeinsam und würde bis in aller Ewigkeit gleich bleiben. Es hatte ein Körper verlassen. Ein Körper, der von innerhalb gleich aussah. Die gleichen Knochen, der gleiche Herz, die gleiche Art, wie dieser unterschiedlich aussehende Blut diesen verlassen hatte. Die gleichen Schmerzen, die man ertragen musste, um diesen nach außen tropfen zu lassen. Die gleichen Nachwirkungen, mit denen man rechnen musste, wenn man zu viel davon verlieren würde. Ein Körper, eine Seele und eine Bestimmung. Ein Glaube, ein Anführer und der Wille. Ein Herz, der schnell in einer Brust schlug aber sofort aufhören würde zu schlagen, wenn der Leben ihres Besitzes ein Ende gefunden hatte. Keiner der beiden Wesen würde sich als gleich bezeichnen und wenn sich diese gegenüber standen, würde dies nur eins bedeuten, der Krieg war in vollen Gange und keiner der beiden würde seine Waffe fallen lassen, bis dieser den anderen lebenslos neben ihn liegen sehen konnte. Es gab kein Miteinander aber ohne den anderen würde das Leben eine dramatische Wendung einlegen und somit wären beide Arten als Verlierer abgestempelt. Das Leben tat was es wollte und der Tod wartete auf seinen Auftritt aber diese würden sich niemals begegnen, sie würden sich niemals gegenüber stehen. So lautete nunmal ihre Bestimmung. Die Bestimmung, die die gleiche war, die Jahwe für die Wesen der Hölle und die Wesen des Himmels ausgesprochen hatte. Diese wurde jedoch niemals eingehalten und so trafen der Unheil und die pure Heiligkeit aufeinander. Ein Schritt, der alles verändert hatte und den Hass erlaubt hatte, ihre Herzen zu bewohnen.

"Was erhoffst du dir mit dieser Aktion, Anastasia?" gab Myron von sich während sich dieser in der Luft erhob, um den richtigen Weg erneut zu erblicken. Seine Wunde hatte dieser so schnell wie es entstanden war, verschwinden lassen aber sein Blut bedeckte immer noch seine Haut, nur mit den Unterschied, dass dieser ausgetrocknet war. "Du denkst doch nicht ernsthaft, dass uns diese Verräter jemals zur Seite stehen werden. Sie würden sich deine Bitten nur anhören, um dir danach ins Gesicht zu lachen." brachte der Schwarzhaarige erneut über seine Lippen, als dieser nun nur wenige Zentimeter über den Boden flog. "Ich habe nicht vor sie um Hilfe zu bitten." sagte die blondhaarige Frau während diese einen Kreuz in den Stamm des Baumes ritzte, der vor ihr stand. Ich tat es ihr gleich und so ritzte ich den gleichen Kreuz in den Baum, der vor mir stand. "Wäre es nicht einfacher, wenn wir zu den Eingang fliegen?" fragte ich sie, als sich Myron erneut in der Höhe erhoben hatte, um uns den richtigen Weg zu nennen. Mit jeden Schritt, den wir auf den heiligen Boden des Waldes machten, konnte ich beobachten, wie sich die riesigen Bäumen bewegten. Der Weg änderte seine Richtung und so fixierten wir die eingeritzten Kreuze, um doch den Weg zu befolgen, der uns zu unseren Ziel führen würde. "Nein, es wäre zwar einfacher, da muss ich dir Recht geben aber wir könnten von irgendwelche Dämonen erblickt werden. Drei Gestalten, die ununterbrochen über den Bäumen fliegen, sind auffälliger, als nur eine, die für kurze Augenblicke zu sehen ist." Ein stummer Nicken gab ich von mir, als ich mich zu den nächsten Baum umdrehte, um das Zeichen hinein zu ritzen. "Was willst du also dort, wenn du nicht mit eins der Gefangenen reden willst?" fragte Myron, als dieser erneut kurz bevor den Boden stehen blieb. "Ich will nur sicher gehen, ob diese überhaupt noch da sind. Vielleicht wird dieser Gefängnis zur Zeit für etwas anderes benutzt." brachte das weibliche Engel über ihre Lippen, bevor diese stehen blieb. "In welcher Richtung?" Ich stoppte zugleich auch in meiner Bewegung und schaute nach vorne. Drei Wege hatten sich für uns zur Verfügung gestellt, was nur zu bedeuten hatte, dass wir unseren Ziel näher gekommen waren.  Ein kurzer Blick nach hinten reichte vollkommen aus, um mir klar zu machen, dass wir Casu Genetivo Meilen weit entfährt waren.

Die Fläche, die in der Mitte des heiligen Waldes zu finden war und mit weißen Steinboden bedeckt war, trug den Namen Casu Genetivo und war der letzte Ort, den die Gefangenen von Reprobatum Sit A Lumine erblickten, bevor diese die Hölle betraten. Es war der Platz, wo der letzte Prozess gegen den Verurteilten stattfand und wo der letzte Wort von Jahwe fiel und über die Zukunft des Engels entschied, die ihn aus ganzen Herzen enttäuscht hatte. Für jeden Engel war dies der größte Albtraum, zumindest für die jenigen, die vor der Hölle Angst hatten. Die Angst hatten von ihren Herren verstoßen zu werden und ihr Licht in der Dunkelheit zu verlieren. Die die Schmerzen eines Falls nicht auf sich nehmen konnten, ohne dabei den Verstand vollkommen zu verlieren. So würde zumindest ein Engel reagieren, der Jahwe immer noch als seinen Herren sah aber die meisten der Gefallenen hatten schon vor langer Zeit einen anderen ihre Traue geschworen. Diese warteten gespannt auf ihrer Bestrafung, auch wenn es in ihren Augen eher ein Geschenk war. Sie sahen eine Verbannung aus den Himmelreich, als eine Befreiung aus den Fängen Gottes und somit den Anfang eines neues Lebens. Und mit den Fall in der Tiefe und den Abprall auf den Boden, wuchs der Hass gegen Gott um einigen größer als zuvor und somit fing der Heiligschein auf ihren Kopf immer schneller zu wackeln, bis dieser sie vollkommen verließ und in der Dunkelheit zurückließ. Dort in der Dunkelheit, wo die Gedanken viel zu laut waren und die Schmerzen immer unerträglicher werden, bis der Körper eine gewisse Taubheit entwickelte. Wenn diese Taubheit jedoch ihren Herzen erreicht hatte, war ein Engel gestorben und als einen Dämon wiedergeboren.

"Nimm den Weg zu deiner rechten Seite, Anastasia." gab der Schwarzhaarige von sich und brachte die Blondhaarige dazu zugleich den nächsten Baumstamm zu kennzeichnen. Nach ein paar weitere Schritte, indem wir den Weg verfolgten, blieb Anastasia erneut abbrucht stehen und brachte mich dazu verwirrt nach vorne zu schauen. Als ich jedoch die Tür aus weißen Stein erblickte, die sich auf den grasbedeckten Boden befand, breitete sich auf meine Lippen ein breites Lächeln aus. Die besagte Tür befand sich in der Mitte einer Lichtung. Grüner Gras und bunte Blumen waren alles was weit und breit zu sehen war. Abgesehen von den vielen riesigen Bäumen, die sich um die Lichtung wie in einen Kreis aufstellt hatten. Ich blickte für einen Augenblick nach hinten, nur um festzustellen, dass sich der Weg erneut verschlossen hatte. Etwas weiter nach vorne auf die gegenüberstehenden Seite der Lichtung war ein neuer Weg aufgetaucht aber es zog nicht meine Interesse auf sich. Wenn einen nicht bekannt war, was sich hinter dieser Tür befand, könnte man diese Lichtung als ein wunderschöner Ort bezeichnen aber jeder Engel würde in Panik ausbrechen, wenn es in Ketten durch die Tür aus weißen Stein gezerrt wurde. Ich richtete nun meinen Blick auf die blondhaarige Frau, die vor den Eingang des unterirdisches Gefängnisses kniete. Ihre Finger strichen über den weißen Stein während ich nun auch Myron wieder erblicken konnte, der auf die grüne Lichtung gelandet war. "Weit und breit ist niemand zu erblicken. Ich bin mir ziemlich sicher, dass uns keiner verfolgt hat." sagte er während dieser seine Schwingen zuklappte und in Anastasias Richtung lief. Mit seine Worte nährte nun auch ich mich der weißen Tür und als ich diese endlich erreichte, erblickte ich die goldenen Buchstaben, über die die Finger des weiblichen Engels immer noch auf und ab strichen. Reprobatum Sit A Lumine.

"Ob einer von ihnen noch am Leben ist?" flüsterte die Blondhaarige vor sich hin und obwohl diese keine Antwort erwartet hatte, meldete sich Myron zur Wort während dieser ihre Schulter mit seine Hände sanft umschlug. "Warum sollte es dich interessieren, Liebling? Sie hätten den Tod sowieso verdient." gab dieser von sich während ein zufriedenes Lächeln seine Lippen verzierte. "Sag sowas nicht, Myron! Sie verdienen nicht den Tod!" rief sie während sich diese in die gegengesetzten Richtung umdrehte und somit Myron auswich, der vorgehabt hatte, sie auf ihrer rechten Wange zu küssen. Ich beobachtete wie das Lächeln auf die Lippen des Schwarzhaarigen vollkommen verschwand, was mich meinerseits dazu brachte ein Lächeln mit meinen Lippen zu formen. "Ganz genau, Myron. Diese Engeln verdienen nicht den Tod und wenn du mich fragst, ist es überhaupt nicht engelhaft von dir,  jemanden den Tod zu wünschen." hörte ich eine mir bekannten Stimme sagen während ich eine deutliche Windbrise hinter mir wahrnähmen konnte. Mein Lächeln ließ ich fallen, als ich spürte wie mein Herz um einiges schneller in meiner Brust schlug und ich drehte mich um, obwohl es garnicht erst nötig gewesen wäre, denn ich wusste ganz genau, wem ich erblicken würde. Mir war bewusst, dass es mir die beiden Engeln gleich getan hatten aber ich würde mein Blick nicht mehr zur Seite wenden. Zu sehr faszinierte mich der weißhaarige Engel, der mich breit anlächelte. Und obwohl ich ihn nicht all zu lange her zuvor erblickt hatte, schien dieser in dieser Zeit, seinen alten selbst vollkommen wiedererlangt zu haben.

Der Lichtbringer war zurückgekehrt.

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Hier ist der nächste Kapitel, ich hoffe es hat euch gefallen. Der nächste Teil kommt so bald wie möglich.

evil_sadness15🖤

ʟɪɢʜᴛ ɪɴ ᴛʜᴇ ᴅᴀʀᴋɴᴇssWo Geschichten leben. Entdecke jetzt