KAPITEL 33

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Liv

Seit Ashleys überstürztem Auszug, der mittlerweile gute zwei Wochen zurück lag, umsorgten Chase und Everlyn mich wie eine Glucke ihre Küken. Es war süß und ich war einfach nur dankbar, solche wundervollen Freunde zu haben, doch ausgerechnet heute brachte Ever ihre Fürsorglichkeit auf ein ganz neues Level, das selbst für ihre Maßstäbe ein bisschen zu viel war. Es fing damit an, dass sie mich am Morgen förmlich aus dem Bett gezehrt hatte, nachdem ich anlässlich meines Geburtstags auch nur fünf Minuten länger als sonst liegen geblieben war, und setzte sich fort, als Everlyn darauf bestand, dass ich mit ihr gemeinsam in ihrem Auto zur Uni fuhr, anstatt wie immer mein eigenes zu nehmen. Ihre Kurse hatten an diesem Morgen viel später begonnen als meine und dennoch hatte sie sich nicht davon abbringen lassen, mich wie ein hilfloses Schulkind zur Uni zu fahren. Noch nie in meinem Leben war ich so froh darüber gewesen, endlich im Hörsaal meiner verhassten Dienstagmorgen Vorlesung bei Professor Vane zu sitzen. In allem Eifer, Everlyns Fürsorge zu entkommen, hatte ich sogar Lynn aka das Biest und ihre bescheuerte Clique begrüßt, ehe ich ein ganz kleines bisschen zu zufrieden auf meinen Sitzplatz in der ersten Reihe gerutscht war, wo meine Gedanken wieder einmal zu Ash gewandert waren, von der seit Tagen jede Spur fehlte. Doch ich verbot es mir, an meinem Geburtstag, der ein glücklicher Tag sein sollte, noch tiefer in diesen schmerzhaften Gedankenstrudel zu gleiten. Deswegen konzentrierte ich mich voll und ganz auf meine Vorlesungen, huschte von einem Hörsaal zum anderen und ging meinen Freunden aus dem Weg, um wenigstens ein paar Minuten für mich zu haben.

Wenn sich die Gelegenheit dazu erbot, holte ich mein Handy hervor und beantwortete die Geburtstagsglückwünsche von meiner Familie, die allen voran von Mom, die mich sogar anrief, Dad, James, Sean und natürlich meinen Großeltern stammten, und einigen Freunden und Kommilitonen, mit denen ich so kaum Kontakt hatte. Als ich über Ashleys Glückwunsch auf meinen Handydisplay stolperte, geriet mein Herz ins Stocken, ehe es sich schmerzhaft zusammenzog. Ich freute mich darüber, dass sie an meinen Geburtstag gedacht hatte, aber ich wünschte mir so sehr, dass sie diesen Tag mit mir verbringen würde, anstatt mit Abwesenheit zu glänzen. Das war dann der Punkt, an dem meine Laune kippte und ich die letzte Vorlesung des Tages nur noch im Energiesparmodus durchlief. Als ich dann am Ende der Vorlesung im Gang auf Everlyn traf, die viel zu weit von ihren Hörsälen entfernt war, als dass ihr Auftauchen ein Zufall hätte sein können, hätte ich beinahe vor Erschöpfung geheult. Mein Körper wollte einfach nur noch schlafen und würde nicht eine weitere Portion von Everlyns Fürsorglichkeit ertragen, doch ich versteckte diese Gedanken hinter einem aufgesetzten Lächeln, das tatsächlich gar nicht mehr so aufgesetzt war, als Everlyn mir einen Kaffee reichte. Gierig setzte ich den Becher an meine Lippen und nahm einen großen Schluck, während ich aus dem Augenwinkel beobachtete, wie Everlyn sich lächelnd eine Haarsträhne hinters Ohr strich und sich zufrieden ihren dunkelbraunen Mantel überzog.

»Ich glaube, ich nenne dich ab jetzt Lebensretterin Everlyn«, sagte ich, während ich mich zurückhalten musste, um ihr nicht dankbar um den Hals zu fallen. Vielleicht war ihre Fürsorglichkeit doch nicht so schlecht.

»So schlimm?«

»Schlimmer«, murmelte ich in meinen Kaffeebecher.

Ever stemmte die Hände in ihre schmalen Hüften und sah mich empört aus ihren blaugrauen Augen an. »Heute ist dein Geburtstag, Süße. Da musst du einfach gut drauf sein.«

»Ich versuchs ja, aber es fällt mir wirklich nicht leicht, auch wenn ich Geburtstage normalerweise wirklich liebe.«

Everlyn schulterte ihren dunkelroten Rucksack und wurde für eine Sekunde an mich gedrängt, als eine blonde Studentin sich eilig neben uns an der Wand entlangquetschte. Die bösen Blicke, die Everlyn ihr hinterher warf, waren unbezahlbar. »Wie kann man nur so unglaublich rücksichtlos sein?«, schimpfte sie leise, was mich zum Lächeln brachte. Ich schüttelte amüsiert den Kopf, was Everlyn nicht entging. »Wie schön, dass dich meine Wut so gut unterhält. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich das gleich heute Morgen getan, um deine Laune zu verbessern.«

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