KAPITEL 21

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Liv

Ich schlug seufzend meine Augen auf und merkte im selben Moment, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Mein Kopfkissen bewegte sich und war viel zu lebendig, als dass es wirklich ein Kopfkissen hätte sein können. Außerdem...ich erstarrte augenblicklich, als mir klar wurde, dass mein Kopf auf einer nackten Brust ruhte, und nicht irgendeiner Brust. Oh nein, es war ausgerechnet die nackte Brust des Mannes, den ich noch wenige Tage zuvor verabscheut hatte für das, was er mir angetan hatte. Doch in der Sekunde, in der ich realisierte, dass es Luc war, den ich praktisch als menschliches Kopfkissen benutzte, kamen auch die Erinnerungen an die letzten Stunden zurück. Erinnerungen daran, wie ich ihn gebeten hatte, bei mir zu bleiben und mich nicht wieder zu verlassen. Oh verdammt, ich steckte so tief in Schwierigkeiten, dass ich da wahrscheinlich nie wieder rauskommen würde. Beinahe hätte ich vor Frust aufgestöhnt, doch das konnte ich gerade noch so verhindern. Stattdessen machte ich Anstalten, mich zu bewegen, doch dabei hatte ich nicht mit dem Schwindel und dem scharfen Schmerz gerechnet, der mich augenblicklich durchzuckte. Mein Kopf pochte so sehr, dass ich glaubte, er müsste platzen, und es fühlte sich noch tausend Mal schlimmer an als der Kater, den ich nach Newtons Willkommensparty gehabt hatte. Noch hinzu kam, dass mein Handgelenk ebenso schmerzte. Ich hatte keine Ahnung, wann ich mich das letzte Mal so elend gefühlt hatte. Es musste schon einige Monate zurückliegen. Selbst, als ich vor einigen Monaten so hohes Fieber gehabt hatte, war es mir besser gegangen als heute.

Unter meinem Kopf hob und senkte sich Lucs Brust in regelmäßigen Atemzügen, was mir verriet, dass er noch immer schlafen musste. Ich wusste wirklich nicht, wie ich es schaffen sollte, aus dem Bett zu kriechen, ohne ihn zu wecken. Wir waren die letzten Stunden über praktisch zu einer Person geworden. Mein Kopf auf seiner Brust, seine Arme um meine Taille und auch unsere Beine hatten sich irgendwie miteinander verhakt wie ein verdammtes Wollknäuel. Immer wieder spürte ich seinen Atem in meinem Haar. Ich hatte fast das Gefühl, dass er mich mit jedem Atemzug ein bisschen mehr an sich drückte, als befürchtete er, dass ich mich ansonsten in Luft auflösen würde, womit er vielleicht nicht ganz unrecht hatte. Ich musste aufstehen, auch wenn es sich wunderbar anfühlte, in seinen Armen zu liegen. Es erinnerte mich viel zu sehr an das, was wir früher einmal hatten. Und ich hätte alles getan, um bei ihm zu bleiben, um dieses Gefühl zu erhalten, aber ich musste mich von ihm lösen, bevor es zu spät war. Luc mochte mich gestern im Wald gefunden und nach Hause gebracht haben, aber das änderte nichts daran, dass ich ihm niemals würde vergeben können. Außerdem war ich mir sicher, dass er Fragen hatte, viele Fragen. Wie ich ihn kannte, hatte er Dad und Sean bereits gefragt, was los war, und weil Dad ihm niemals das erklären würde, was eigentlich meine Aufgabe war, würde Luc von mir Antworten verlangen. Und ich wusste nicht, ob ich es schaffen würde, mit ihm über Conley zu sprechen. Ich konnte zwar mittlerweile einigermaßen gut darüber sprechen, aber das hier war Luc. Bei ihm konnte ich nicht gefasst bleiben. Würde ich ihm die Geschichte erzählen, würde er sofort merken, wie sehr mich Conleys Verlust und dieser Unfall gebrochen hatten.

Es war riskant, doch ich schaffte es irgendwie, mich aus seinem Klammergriff zu lösen und leise aufzustehen, wobei sich meine Welt einige Herzschläge lang drehte und ich gefährlich schwankte. Glücklicherweise bekam ich in letzter Sekunde noch den Bettpfosten zu fassen, sodass ich einen unsanften Fall, der Luc sehr wahrscheinlich geweckt hätte, verhindern konnte. Ich sah über die Schulter zu Luc, um mich zu vergewissern, dass er nicht wach geworden war, und musste automatisch lächeln. Seine Haare hingen wild verwuschelt an seinem Kopf, während sein Mund leicht geöffnet und seine Stirn sogar im Schlaf leicht gerunzelt war. Trotzdem wirkte er irgendwie...friedlich. So hatte ich ihn noch nie gesehen, seit er zurück in Silverhaven war. Ich löste meinen Blick von ihm und wankte mit zusammengepressten Zähnen ins anliegende Bad, um mir die Zähne zu putzen, eine Schmerztablette zu nehmen und schnell duschen zu gehen. Dann kramte ich, so leise wie möglich, eine graue Jogginghose und ein weißes T-Shirt aus meinem Kleiderschrank, in dem nur noch ein kleiner Bruchteil meiner Kleidung hing, nachdem ich damals zum Anfang des ersten Semesters alles in meine gemeinsame Wohnung mit Ashley und Everlyn gebracht hatte. Ich zog die Kleidungsstücke an, nahm dann mein Handy vom Nachtschrank und schlüpfte in meine Schuhe, die noch immer neben dem Bett standen, ehe ich das Zimmer verließ und Luc allein zurückblieb.

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