Liv
Sobald ich die Tür aufgerissen hatte, stürzte ich auch schon nach draußen und entleerte meinen gesamten Mageninhalt in das nächste Beet direkt neben der Tür. Heiße Tränen rannen meine Wangen hinunter, während ich würgte und würgte. In meinem Kopf setzte ein heftiges Pochen ein, als würde jemand von innen mit einem Presslufthammer dagegen hauen. Ich hörte, wie hinter mir die Tür aufging und jemand hinter mich trat, von dem ich mir ziemlich sicher war, dass es Luc war, aber ich drehte mich nicht um. Stattdessen übergab ich mich erneut, schluchzte dabei leise und hasste mich dafür, dass ich ausgerechnet vor ihm so schwach war. Ich fühlte mich elend, weshalb es nicht gerade zu meiner Besserung beitrug, als Lucs Stimmte an mein Ohr drang. »Blue«, sagte er leise, dabei klang seine Stimme, als würde er sich Sorgen um mich machen. Dieser verdammte Spitzname...Aber ich wusste, dass es nur der Alkohol war, der mir das vorgaukelte, was mein Herz sich wünschte. Als ich dann seine Hand auf meinem Rücken spürte, versteifte ich mich und zuckte schlagartig zurück, wobei ein scharfer Schmerz in meinen Kopf zuckte. Mist. Ich presste mir eine Hand auf den Magen.
»Fass mich nicht an!«, fauchte ich unter zusammengepressten Zähnen. Für eine Sekunde durchfuhr mich Erleichterung, als ich spürte, wie er seine Hand widerwillig von meinem Rücken nahm. Dann überrollte mich die nächste Welle der Übelkeit und ich erbrach mich erneut. Meine Wangen brannten und ich spürte Lucs Präsenz so überdeutlich hinter mir, dass ich am liebsten davongelaufen wäre, wenn es mir nicht so verdammt schlecht gehen würde. Und während ich dem armen Beet auch den Rest meines Mageninhalts schenkte, stand Luc die ganze Zeit hinter mir. Er berührte mich nicht, aber das musste er auch gar nicht, um mich rasend zu machen. Einige Herzschläge später fühlte ich mich wie eine lebendige Leiche, aber immerhin war mir nicht mehr schlecht. Ich wischte mir über den Mund ich verzog angesichts des säuerlichen Geschmacks in meinem Mund angewidert das Gesicht. Als wenn es nicht schon reichte, dass ich mich vor ihm übergab, musste ich nun auch noch stinken wie eine verfluchte Mülltonne und aussehen wie ein Zombie. Gratulation, Olivia! Ich atmete tief durch, ehe ich mich langsam umdrehte und auf der Stelle erstarrte.
Ich blickte direkt in die ozeanblauen Tiefen seiner wunderschönen Augen, in denen ich mir einbildete, Sorge zu sehen. Wir starrten uns an, unfähig, etwas zu sagen. Doch als ich blinzelte, weil meine Augen brannten, war die Sorge in seinen Augen verschwunden, als wäre sie nie da gewesen. Trotz meiner Starre spürte ich die Wut in mir hochkochen. Wut auf ihn. Ihn, der fast genauso aussah wie an dem Tag, an dem ich ihn das letzte Mal zu Gesicht bekommen hatte. Seine haselnussbraunen Haare schienen kürzer zu sein als früher, standen aber noch genauso wild auf seinem Kopf. Die unzähligen, ineinander verschlungenen Muster auf seinen Armen waren neu, passten aber so gut zu seinem Erscheinungsbild, dass sie mir beinahe gar nicht aufgefallen wären. Und wie früher überragte Luc mich um mindestens einen Kopf, er schien noch zusätzlich gewachsen zu sein. Von dem grauen T-Shirt, dass perfekt über seine Brust spannte, wollte ich gar nicht erst anfangen, weil er es definitiv nicht verdient hatte, dass ich ihn anschmachtete. Und dass meine Hormone ihn klasse fanden, war leider trotz meiner Wut nicht zu leugnen. Richtig, meine Wut. Schnell riss ich mich von seinem Anblick los und konzentrierte mich auf mein gebrochenes Herz und all die negativen Gefühle, die ich mit Luc verband. Dieser Mann hatte mir alles genommen, ich würde ganz sicher nicht anfangen, ihn wieder zu mögen.
»Blue...«, sagte er mit rauer Stimme und machte einen Schritt auf mich zu, während er den Arm hob, als wollte er mich berühren. Ich zuckte zusammen bei dem Spitznamen, den er mir vor vielen Jahren gegeben hatte. Wie konnte er nur? Wie konnte er nach drei Jahren hier auftauchen und mich mit dem Namen ansprechen, der so viele Erinnerungen an uns in sich trug? Er hatte kein Recht dazu.
Wutentbrannt funkelte ich ihn an und hob warnend eine Hand. »Nicht«, fauchte ich. »Du hast kein Recht dazu, mich so zu nennen.«
Er fixierte mich mit seinen tiefgründigen Augen und nickte langsam. Seine Augen waren mit einem Mal so ausdruckslos, dass ich zurückwich. »Was tust du hier?«, fragte er schließlich unverwandt, als wäre das nicht gerade unsere erste Begegnung nach drei Jahren. Ich spürte, wie mein Mund aufklappen wollte, schaffte es aber gerade noch meine Sprachlosigkeit zu verbergen. Das sollte es sein? Er kam nach drei Jahren her und fragte mich, was ich hier tat? Das klang nach einem verdammt schlechten Witz.
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REPEAT HIS LOVE TODAY
Romance»Ich habe nie dich gehasst. Ich habe das gehasst, was du mir angetan hast...« Liv und Luc. Seit ihrer Kindheit haben sie einander geliebt, bis Luc nach dem Tod seines Vaters spurlos verschwindet und Liv nichts als ein gebrochenes Herz bleibt. Drei...