Luc
Es war fast schon beeindruckend, wie schnell Liv und Cassidy sich aufeinander einspielten. Je länger Liv auf dem Rücken der jungen Stute saß, umso sicherer und ruhiger wurde sie. Wo Liv anfangs noch steif auf dem Pferd gesessen hatte, sah man ihr nun kaum noch an, dass es sie zwei Stunden zuvor noch all ihre Überwindung gekostet hatte, sich überhaupt in Cassidys Nähe zu trauen, ohne dabei von ihrer Angst überrannt zu werden. Doch mein unglaublich starkes und stures Mädchen hatte sich ihrer Angst gestellt und genau das getan, was seit Conleys Tod praktisch unmöglich für sie gewesen war. Schon als mir in den Sinn gekommen war, Jonah nach Cassidy zu fragen, um mit Liv an ihrem Geburtstag ausreiten zu gehen, war mir klar gewesen, dass Liv es zurück in den Sattel schaffen und sich damit ihrer Angst stellen würde. Nicht eine Sekunde hatte ich an ihr gezweifelt, auch dann nicht, als sie mich im Stall wutentbrannt angefahren hatte. Doch das, was Liv in diesen vergangenen zwei Stunden mit Cassidy geleistet hatte, hatte mich dennoch so sehr beeindruckt und stolz gemacht, dass ich zu meiner Überraschung kaum aufhören konnte zu lächeln, obwohl mir seit dem Treffen mit Greyson gestern nicht gerade nach Lächeln zumute war. Aber ich konnte einfach nicht anders, als mich für Liv und ihre neu gewonnene Entschlossenheit zu freuen. Mein Herz wollte vor Liebe explodieren, so verdammt glücklich war ich. Und Seite an Seite mit Liv durch die Wälder zu reiten, wie wir es früher einmal getan hatten, war schöner als alles, was ich in den vergangenen drei Jahren erlebt hatte. Es fühlte sich normal an, als wäre die Ordnung in meinem Leben nicht damals mit Dad gestorben, als würde ich Liv nicht seit Monaten belügen und mir der Gedanke an mein Studium und den Arbeitsplatz in Dads Firma nicht die Luft abschnüren. Zusammen mit ihr, auf Akashas Rücken war alles gut, so fucking gut.
Ich unterdrückte den tiefen Seufzer, der in mir aufstieg und nur die Stimmung zerstören würde, und parierte Akasha durch, bis sie in einen ruhigen Schritt fiel. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Liv dasselbe tat und Cassidy anschließend sanft über den Hals strich, was die Stute mit einem leisen Schnauben quittierte, als wollte sie mit Liv kommunizieren. Dabei schien Livs blasses Gesicht so sehr zu strahlen, dass ich nicht anders konnte, als meinen Oberkörper und Kopf zu drehen, um eine bessere Sicht auf sie zu haben. Sie war so wunderschön, wie sie dort im Sattel saß und der Stute den Hals streichelte. »Ich glaube, Conley hätte es gefreut, euch so zu sehen«, sagte ich mit rauer Stimme, mir vollkommen bewusst, wie bescheuert dieser Satz klang.
Liv sah auf und lächelte mich warm an, sodass ihre himmelblauen Augen heller als jede Sonne strahlten. »Es tut weh, dass er nicht mit mir hier sein kann«, erwiderte sie leise. »Aber Cassidy ist einfach wundervoll. Sie erinnert mich auf so viele Weisen an Conley. Daran, dass sein Leben nicht unbedeutend war, genauso wie sein Tod.«
In ihren Worten schwang so viel Schmerz mit, dass ich ihr meine Hand entgegenstreckte, um so aufzufordern, ihre Finger mit meinen zu verschränken. Als ich ihre warme Haut schließlich an meiner spürte, drückte ich ihre Hand leicht und hoffte dabei, dass sie die Message dahinter verstand. »Sie ist ihrem Vater einfach verdammt ähnlich, Blue. Aber das ist gut so. Denn sie wird dich immer an Conley erinnern und sein Vermächtnis in sich tragen, damit wir ihn niemals vergessen.«
»Als ob ich dieses unglaubliche Pferd je vergessen könnte«, hauchte sie mit zittriger Stimme, während wir in den Schutz der Bäume ritten, wo es deutlich kühler war als unter dem freien Himmel, der selbst im Winter strahlend blau war.
»Er ist ein Teil von dir. Selbstverständlich wirst du ihn niemals vergessen.«
»Und dafür bin ich mehr als dankbar. Ohne ihn wäre ich nicht die, die ich heute bin, auch wenn sein Tod mich so viel gekostet hat.«
Wieder drückte ich ihre Hand und wünschte mir, sie einfach in meine Arme ziehen zu können. Doch das war, solange wir auf den Pferden saßen, unmöglich. »Es ist niemals leicht, jemanden zu verlieren, der einem wichtig ist, Blue.« Ich hatte es selbst erlebt, als Dad vor drei Jahren gestorben war. Der Tod war scheiße, doch jemanden zu verlieren, den man geliebt hatte, war die Hölle, ob nun Mensch oder Tier. Es war nicht selbstverständlich, dass Liv nach all dem noch immer so verdammt stark war und jede Minute kämpfte. Sie war nicht wie ich, der damals beschlossen hatte, aufzugeben. Liv war besser.
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REPEAT HIS LOVE TODAY
Romance»Ich habe nie dich gehasst. Ich habe das gehasst, was du mir angetan hast...« Liv und Luc. Seit ihrer Kindheit haben sie einander geliebt, bis Luc nach dem Tod seines Vaters spurlos verschwindet und Liv nichts als ein gebrochenes Herz bleibt. Drei...