KAPITEL 11

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Luc

Wut pulsierte in meinen Adern, während ich den besoffenen Scheißkerl vor meinen Füßen mit Blicken erdolchte und an mich halten musste, um ihm nicht erneut die Nase zu brechen. In meinen Ohren rauschte das Blut und meine Zähne knirschten, so fest presste ich meine Kiefer aufeinander. Ich war kurz davor, die Kontrolle zu verlieren, während die Leute um uns herum glotzten, als wären wir in einer verdammten Comedy-Sendung. »Schaff deinen dreckigen Hintern hier weg, bevor ich mich erneut vergesse«, knurrte ich dem Kerl zu, als er abwehrend die Hände hob und wie ein Feigling davonlief. Wobei laufen es nicht einmal ansatzweise traf, viel mehr torkelte er zur Tür, so dicht, wie er war. Erst, als ich ihn nicht mehr sehen konnte, stieß ich zittrig den Atem aus und löste meine zu Fäusten geballten Hände, während das Rauschen in meinen Ohren leiser wurde. Noch immer schenkte ich der gaffenden Menge keine Beachtung, auch wenn hin und wieder leises Getuschel an meine Ohren drang. Zur Hölle mit ihnen.

Als ich das Gefühl hatte, meine Gefühle wieder einigermaßen unter Kontrolle zu haben, drehte ich mich langsam zu Liv um, die die ganze Zeit über keinen Mucks von sich gegeben hatte, um mich zu vergewissern, dass es ihr gut ging und der Drecksack ihr nichts getan hatte. Verdammt. Allein der Gedanke an ihn reichte, um die Wut zurückzuholen und mich ihm hinterher jagen zu lassen, als hätte er mir meinen wertvollsten Besitz gestohlen. Wie hatte er es wagen können, sie anzufassen? Ich stieß ein leises Knurren aus und hob endlich meinen Blick. Das erste, was meine Augen wahrnahmen, war Livs Gesicht, in dem sich Schock, Wut und etwas, das ich nicht deuten konnte, widerspiegelten, darum kämpften, die Oberhand zu gewinnen, als wüsste sie nicht, was sie eher fühlen sollte. Das Himmelblau ihrer wunderschönen Augen, das heute wie Eisblau auf mich wirkte, und somit der Grund, warum ich sie seit Kindertagen Blue nannte, traf mich wie ein Messer ins Herz, bevor sich ein seltsames Gefühl in meiner Brust breitmachte. Fast so etwas wie...Bedauern. Langsam ließ ich meinen Blick von ihrem Gesicht über ihren Körper nach unten wandern, um den Drang in meinem Inneren, sie in Ordnung zu wissen, zu besänftigen. Es war wie ein Zwang. Selbst nach drei Jahren Trennung schlug mein Beschützerinstinkt bei ihr aus. Dabei hatte Liv es nicht einmal ansatzweise nötig, beschützt zu werden. Normalerweise. Sie hatte sich immer zu behaupten gewusst, trotz ihrer Größe und Schüchternheit.

Mist. Bei ihrem Anblick spannten sich meine Muskeln automatisch an und mich überkam das Bedürfnis, ihr meine nicht vorhandene Jacke anzuziehen, um sie für den lüsternen Blicken der Männer um uns herum abzuschirmen. Ich konnte förmlich spüren, wie sie sie mit ihren Augen auszogen und das machte mich regelrecht rasend, weil es ihnen nicht zu stand. Ebenso wenig, wie es dir zusteht, sie zu beschützen, du Idiot, hörte ich eine Stimme tief in mir flüstern und hätte fast geknurrt, weil ich wusste, dass sie recht hatte. Mehr als recht, so sehr es auch weh tat. Olivia Parker war schon lange nicht mehr meine Angelegenheit. Dafür hatte ich gesorgt, als ich vor drei Jahren einfach abgehauen war. Wieder schüttelte ich den Kopf und versuchte, mich auf andere, wichtigere Dinge zu konzentrieren, die mir keinen Schwall an Schuldgefühlen schickten. Zum Beispiel auf ihre Kleidung. Seit wann zur Hölle trug sie so etwas, schoss es mir durch den Kopf, während ich krampfhaft versuchte, nicht selbst zu einem sabbernden Idioten zu werden. Ich schüttelte langsam den Kopf und ließ meinen Blick zurück zu ihren Augen wandern, in denen ich nun eindeutig die Wut erkannte, die Liv mir bereits bei unserer letzten Begegnung entgegen geschleudert hatte. Mein beschissenes Herz verkrampfte sich und ich schluckte hart, um die plötzliche Enge in meiner Kehle zu vertreiben.

»Alles in Ordnung, Blue?«, fragte ich mit rauer Stimme über die Musik hinweg, obwohl ich es besser wusste. Liv würde mir keine Antwort geben. Vermutlich hatte ich die nicht einmal mehr verdient.

Liv

Beinahe wäre mir meine Kinnlade vor Fassungslosigkeit runtergeklappt, während ich den Mann vor mir, der mir so viel Schmerz bereitet hatte, mit aufgerissenen Augen und brodelnder Wut im Bauch anstarrte, als hätte er soeben verkündet, den Präsidenten zu ermorden. Ich konnte es kaum glauben. Erst verpasste er dem Kerl, der mich bedrängt hatte, eins auf die Nase, dass diese mit einem lauten Knacken brach, und dann fragte er mich, ob alles in Ordnung war? Das sollte ja wohl ein Scherz sein. Er hatte jemandem die Nase gebrochen. So dankbar ich ihm auch war, dass er mich aus den Griffen dieses schmierigen Kerls, der mir noch immer Übelkeit verursachte, befreit hatte, konnte er doch nicht einfach jemandem die Nase brechen. Verdammt, nichts war in Ordnung. Viel mehr war es genau das Gegenteil, dass ich am liebsten laut geschrien hätte. Fahrig strich ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und versuchte, Lucs intensiven Blick zu ignorieren. Dennoch brannten sie sich wie Feuer durch meine Haut, dass ich mir wünschte, nicht dieses knappe Outfit zu tragen, das mir bis jetzt nicht gerade Glück gebracht hatte. Wie konntest du nur so naiv sein, Liv, dachte ich verbittert.

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