Kapitel 29

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Ein einziger Gedanke spielte sich bei mir in Dauerschleife ab, während ich wie ein Opfer, was ich theoretisch auch war, auf dem Boden kauerte und heulte wie ein Schoßhund. So lustig sich diese Situsation auch anhören konnte, das war sie definitiv nicht.
Denn Fite war tot! Ich wiederhole mich, aber es konnte doch nicht sein! Er war ein wahrer Überlebebenskünstler. Einmal hatte er fünf Tage ohne Wasser in der Wüste überlebt, bis man ihn fand . Und jetzt starb er einfach bei der Verhinderung eines, vermutlich illegalen, Waffendeals. Das konnte doch nicht sein. Das durfte nicht sein!
Und ich hatte nicht mal den Hauch einer Chance gehabt, ihm zu helfen. Vermutlich war mein Vater irgendwo alleine in einer Gasse verblutet oder von einer Bombe in die Luft gesprengt worden.
Während mein Kopf es sich zur Aufgabe gemacht hatte, jedes schreckliche Szenario,was es so gab, ab zu spielen, näherten sich leise Schritte. In meiner Welt, die nur aus Tränen und unglablich starkem Schmerz bestand, bekam ich das logischer Weise nicht mit.
Erst als eine vertraute Stimme vorsichtig fragte:,, Laila? Alles okay?" ,schreckte ich hoch. Meine Sicht war von den Tränen, die einfach nicht auf hören wollten zu laufen, sehr eingeschränkt. Trotzdem wusste ich einfach, dass das Peter sein musste.
Vielleicht lag es an seiner einzigartigen Stimme, oder es war ein Wunschdenken, darum machte ich mir in der Situation keine Gedanken.
Komischer Weise kümmerte es mich, vermutlich das erste mal in meinem Leben, nicht, dass er mitbekam, was für ein ultra schwacher Mensch ich doch war.
Denn selbst mit der größten Selbstbeherrschung der Welt, hätte ich in den nächsten Stunden nichts auf die Reihe bekommen. Ich versuchte irgendwelche Worte zu formen, wollte ihm versichern, dass es mir gut ginge, doch heraus kam bloß ein Geräusch was sich anhörte, als würde ich gerade verrecken.
Leider fühlte ich mich genauso. Ein neuer Schluchzer durchfuhr meinen Körper. Ich umklammerte meine Beine fester und wiegte mich selber nach vorne und hinten. Im Prinzip war mir schon wieder entfallen, dass da jemand vor mir stand, doch da umfassten mich zwei starke Arme. Peter zog mich ein wenig näher zu sich hin und spendete schon alleine durch seine Anwesenheit Trost.
Sonst hätte das Fite gemacht. Bei dem Gedanken bekam ich fast keine Luft mehr, da ich doch versuchte, irgendwie auf zu hören mit dem  weinen.
Es war kurz nach meiner Ankuft bei Hydra gewesen, also ungefähr ein halbes Jahr, nachdem meine Mutter gestorben war. Sie hatten mir ein eigenes Zimmer gegeben und plötzlich war ich dort von meinen Gefühlen überwältigt worden. Es war das erste mal, dass ich es mir erlaubte, nach Genas Tod zu weinen.
Manche Leute weinten leise, aber wenn  bei mir einmal der Damm gebrochen war, dann konnte ich mich meistens nicht mehr zurück halten. Damals hatte Fite mich einfach nur gehalten, ohne irgendwelche doofen Fragen zu stellen. Er war einfach für mich da.
Und jetzt saß ich hier, auf den Straßen in New York und eine, fast völlig fremde, Person hielt mich im Arm. Fite würde das niemals wieder tun können. Genauso wenig wie wir gemeinsam trainieren konnten. Oder einfach mal ein wenig Spaß haben.
Wenn Hydra meine Familie war, dann stellte Fite für mich Vater, Mutter und Bruder in einem da.

Ich konnte nicht genau einschätzen, wie lange ich dort auf dem Boden saß, während Peter mich einfach nur festhielt. Es konnten Stunden oder auch nur Minuten sein, aber es war auf jeden Fall komplett dunkel, als meine Tränen endlich versiegten.
Zurück blieb eine komische Leere. Zwar spürte ich immer noch den Schmerz, aber ich konnte nicht mehr weinen. Meine Augen taten weh, ich hatte Halsschmerzen und meine Nase saß zu.
Nachdem ich einmal meine Nase hoch gezogen  hatte, was sicherlich nicht so toll klang, bot Peter mir ein Taschentuch an, was er unbemerkt hervor gezaubert hatte. Dankbar nahm ich es an. Jetzt, wo mein Kopf wenigstens ein kleines Stückchen klarer wurden schämte ich mich in Grund und Boden.
Fite hätte bei so einem Verhalten die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen. Haltung stand immer, in allen Situationen, an erster Stelle für ihn. Tja und kaum war er tot, schmiss ich schon all seine Vorsätze über Bord.
Immer noch etwas zittrig rutschte ich ein bisschen von ihm weg. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie nah er eigentlich bei mir gesessen hatte. Auch Peter schien das zu bemerken, denn  sein warmer Körper entfernte sich ebenfalls von meinem. Augenblicklich fehlte mir die Sicherheit.
Aber das zu sagen, hätte die Situation wohl kaum verbessert.
,,Willst dudarüber reden?", erkundigte sich Peter mit sanfter Stimme, als würde er mit einem verletzten Hund sprechen. Genauso fühlte ich mich eigentlich auch, aber das sollte er doch nicht bemerken! Naja, konnte man aber schlecht übersehen, wenn ich hier heulend rum saß.
Wenigstens konnte Peter jetzt nicht auch noch mein verheultes Gesicht sehen.
Das schlimme, wenn ich traurig wurde, war, dass ich unterbewusst meine Schutzmauern hoch fuhr. Das bedeutete, ich kotzte jeden, der versuchte mir zu helfen, erst mal richtig an.
Aber komischer Weise hatte ich bei Peter nicht das Bedürfniss, ihn von mir weg zu stoßen. Also natürlich, wollte ich ihm nicht meine etwas komplizierte Lebensgeschichte erzählen, doch er sollte auch nicht gehen.
,,Mir geht's gut", entgegnete ich also wenig kreativ. Super, Chiara, da bist du ja echt zu Höchstformen aufgelaufen, lobte ich mich selber. Was für eine selten dämliche Antwort. Jeder Dummbatzen wusste, dass ich log.
Allerdings sagte Peter, zum Glück, nichts mehr dazu, sondern schwieg einfach. Mir sollte es recht sein. Reden war ehe nicht so mein Ding gerade.
Schweigend schaute ich in den Himmel. Von hier aus konnte man die Sterne kaum sehen. In New York gab es einfach zu viele Lichter und Verschmutzung.
Trotzdem war es irgendwie schön. Meine Gedanken kreisten nicht mehr unaufhörlich um Fite, stattdessen spürte ich, wie meine Lider immer schwerer wurden.
Weinen war unglaublich anstrengend, ich war davon total ausgelaugt.
Das war mein letzter Gedanke, bevor  ich in einen befreienden Schlaf verfiel.

Hey, ich wollte mich einmal bei euch bedanken. 300reads, das ist für andere vielleicht wenig, aber ich freue mich mega.
Ihr seid toll!
Euch einen wunderbaren Tag, der hoffentlich ohne Dauerregen, joggen und Schulstress vorbei geht

Stark ist nicht starkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt