Kapitel 35

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Mein ganzer Kopf dröhnte und das einzige was ich hörte war ein hoher Piepston. Dafür hatte sich der Drang, möglichst schnell zu fliehen nicht verflüchtigt. Meine Maske war verruscht, weshalb ich mich halb blind hoch rappelte. Der Rucksack erschwerte das Ganze logischerweise, doch wenigstens waren die Flügel eingefahren.
Ich musste weg.
Mit letzter Kraft machte ich ein paar kleine Schritte, bevor ich auf die schlaue Idee kam, die Maske vorsichtig gerade zu rücken. Langsam drehte ich mich einmal im Kreis. Passanten starrten mich verängstigt an, die Polizei kam mit quietschenden Reifen um die Ecke gefahren. Vermutlich hatten sie sich dazu entschieden, mich erstmal in Gewahrsam zu nehmen. Doch da wollte ich wirklich nicht hin. Was für ein Wunder!
Adrenalin pumpte durch meinen Körper, der ganz natürliche Fluchtinstinkt setzte ein. Noch bevor die Polizisten mich mit einer  Megafon- Ansage dazu auffordern konnte, meine Hände zu erheben rannte ich los. Kreischend machten die Menschen Platz, keiner wollte sich mir in den Weg stellen.
Ebenfalls konnte keiner auf mich schießen, ohne möglicherweise jemand anderen zu verletzten.
Doch die Polizisten hatten kein Piepsen im Ohr, ein verletztes Bein und noch andere Verletzungen, aufn gerader Strecke würden sie mich locker einholen.
Ich schwang mich an der Regenrinne eines Hauses nach oben und tastete nach dem Vorsprung eines Fensters darüber. Könnte ich es mit den Handschuhen für die Anschübe und den speziellen Schuhen schaffen, einer Wand nach oben zu laufen?
Was soll ich sagen, das würde ich dann wohl herausfinden. Ein Schuss landete knapp neben meinem Knie, lange blieb mir nicht um darüber nach zu denken. Stattdessen versuchte ich irgendwie an der Wand zu bleiben. Natürlich hatte ich das geübt. Gena ließ mich früher an einer Kletterwand trainieren, Fite übte es tatsächlich mit normalen Hauswänden. Aber da hatte ich auch extra Handschuhe dafür angehabt.
Tja, anscheinend klappte es. Weiter Schüsse verfehlten mich nur knapp, einer traf meinen Rucksack. Ich musste irgendwie hier weg kommen.
Wenigstens näherte sich kein Hubschrauber, soweit ich das mit meinen nicht funktionierende Ohren hören konnte. Das bedeutete, sie sahen mich nicht als so wichtig oder auch sportlich an, dass ich vor gut zwanzig ausgebildeten Polizisten fliehen konnte. Aber das konnte ich doch hoffentlich. Ich verschwand auf der rechten Seite, des Hauses und hatte für einen Moment  meine Ruhe. Hier war nur ein schmale Gasse, in der es komplett dunkel war.
Nur noch zwei Meter. Zum Glück war dieses Haus nicht so hoch wie die Villa. Das bedeutete nämlich, dass ich zwar nicht so weit segeln konnte, doch dafür auch nicht so lange klettern musste. Denn trotz des Adrealins fühlten sich meine Arme so an, als würden sie aus Gummi bestehen. Heilige Scheiße, jetzt sollte ich mich beeilen, denn die lieben Leute dort unten mit den Waffen, schien leider, komischer Weise, nicht auf die Idee zu kommen, für mich ein Polster auf zu stellen. Na herzlichen Dank auch!
Nach gefühlten Stunden war ich oben angekommen. Eine Feuerleiter führte hier nicht hoch, sonst hätten mich vermutlich jemand mit Handschellen oder was auch immer erwartet.
Das Glück stand heute echt extrem auf meiner Seite, denn wenn hier ein Hubschrauber wäre, wäre ich tot. Leider übertrieb ich damit nicht.
Ohne einen Laut ließ ich mich vom Haus fallen und breitete die Flügel aus, um möglichst lange zu gleiten.
Der Rückweg zog sich erbärmlich in die Länge. Ich stolperte, fiel hin, aber bekam von keiner Person Hilfe, was vielleicht auch an meiner Maske liegen könnte. Trotzdem, Menschen waren manchmal wirklich schrecklich.
Als ich irgendwann wie durch ein Wunder das Hochhaus in dem meine Wohnung lag erreicht hatte, wäre ich fast zusammengebrochen. 68Stockwerke musste ich hoch, dabei hatte ich gerade eine Granate aufgefangen.
Leider brachte es auch nichts,einfach vor der Tür stehen zu bleiben und wir hatten ebenfalls nicht wie durch ein Wunder einen Fahrstuhl bekommen. Aber die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt. 

Mit geschlossenden Augen lag ich auf dem Sofa. Alles tat weh. Nicht mehr nur seelisch, sondern jetzt auch körperlich. Mist, warum hatte ich bloß eine Wohnung ohne Badewanne gemietet? Warmes Wasser, ohne Seife was in den Wunden brannte, hätte jetzt sicherlich geholfen.
Nur besaß ich dafür ehe keine Zeit mehr. In einer dreiviertelstunde hatte ich ein Meeting mit meinem Boss. Bis dahin musste ich wieder Top-Fit aussehen, damit er nicht auf die Idee kam, mir einen Bewacher hinterher zu schicken.
Also begann ich, wie ein verwundetes Tier, damit, meine Wunden zu lecken. Also natürlich nur im übertragenden Sinne. In Wirklichkeit schälte ich mich aus meiner Kleidung, duschte mich eiskalt ab und versuchte dann nach den Verletzungen zu schauen. Kein Schuss hatte einen meiner ungeschützten Bereiche getroffen, das Gehör kehrte langsam zurück und sonst sah alles ganz normal aus. Abgesehen davon, dass ich bald mehr als nur ein paar Flecken in allen möglichen Farben auf meinem Körper haben würde.
Noch eine viertel Stunde, ich hatte viel zu viel Zeit verschwendet. Meine Augen fielen mir fast im stehen zu, trotzdem zwang ich mich dazu, den Nachrichtensender an zu schalten, mal schauen, wie gut die informiert waren.
Allerdings kam gerade bloß Musik, die  es jedoch auch nicht schaffte, mich auf zu muntern. Also baute ich schon mal mein Laptop auf, fuhr ihn hoch und überprüfte mein Aussehen. Selbst Fite hätte nicht erkannt, dass was los war.
Bevor der Kummer mich ein weiteres mal einholen konnte bekam ich auch schon den Anruf. Ich nahm an und in sekundenschnelle baute sich ein klinkenklares Bild von meinem Chef Luis auf.  Er lächelte mich an:,, Laila, schön dich zu sehen, du siehst gut aus"
Ich erwiederte das lächeln gekünstelt:,, Luis, danke, dass du so schnell Zeit hattest."
Mit einem schallenden Lachen schaute er mich an:,, Fite hat dich gut trainiert. Es wird Zeit, dir andere Aufgaben zu geben."

Stark ist nicht starkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt