"Happy" Accidents

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Achtung: Kurze Erwähnung und Andeutung von SVV,
Nadel und Faden.(Wundversorgung)

Richard hatte Deans Zimmer abgeschlossen und schlenderte zurück zum Büro. Als er die Tür aufsperrte, bemerkte er die zerbrochene Vase und die kleine Lache aus Blut, die unter dem Sofa hervor trat.
"Sam, lebst du noch?", fragte Richard besorgt und durchquerte schleunigst den Raum.
Hinter dem Sofa war ein leises Stöhnen zu vernehmen und Richard atmete hörbar aus.
Er trat hinters Sofa, packte Sam am Kragen seiner Jacke und dem Bund seiner Hose und hievte ihn aus der Ecke hinaus. Es war eine eher umständliche Prozedur, doch so lief er keine Gefahr, dass Sam sich noch weiter an den Scherben verletzen konnte. Als er in der Mitte des Raumes angelangt war, drehte er ihn um und legte ihn vorsichtig auf den Rücken.

Er betrachtete ihn besorgt, prüfte seinen Hals, seinen Kopf, die Handflächen und Handgelenke auf etwaige Verletzungen und kam erleichtert zu dem Schluss, dass das Blut tatsächlich nur von der Wunde am rechten Knie stammte.
Er half Sam auf die Beine und manövrierte ihn aufs Sofa, ging zur Spüle und füllte ein Glas mit Wasser, welches er Sam reichte.
"Hier, trink erstmal etwas." Sam nahm ihm das Glas ab und nickte ihm dankend zu.
"Du hast mir nen ganz schönen Schrecken eingejagt, weißt du das?", Richard begann zu zittern, "du hättest ziemlich unglücklich fallen können", er boxte ihm leicht in die Seite, "wieso hast du dich nicht eher bemerkbar gemacht ? Dean hätte die zehn Minuten auch noch vor der Tür stehen bleiben können."
Sam lächelte und zuckte mit den Schultern. "Ich habe es auch nicht sofort mitbekommen und als ich versucht habe aufzustehen, standest du schon wieder im Zimmer."
Richard kniete sich vor Sam hin und begutachtete sein Bein. Eine tiefe Fleischwunde zog sich quer über die Kniescheibe bis hinunter zum Schienbein. An manchen Stellen steckten noch Glassplitter in der Wunde. Richard schüttelte den Kopf und ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

"Was zur Hölle sollte das eigentlich für ne Turnübung werden, huh?"
"Auf jeden Fall keine besonders Gute", erwiderte Sam lachend. Richard stand auf, nahm den erste Hilfe Kasten von der Wand und legte ihn neben Sam aufs Sofa.
"Du wartest hier", befahl er Sam und dieser nickte lächelnd. "Jawohl Chef", erwiderte er und Richard grinste. Dann verschwand er auf dem Flur und holte Iod, Nadel und Faden, eine Pinzette sowie eine kleine Nierenschale aus einem der Behandlungszimmer. Da sie viele Patienten hatten, die sich selbst verletzten, war das Versorgen solcher Wunden schon reine Routine für Richard.
Er kehrte ins Büro zurück und schloss erneut die Tür, zog sich den Rollcontainer heran und stellte die anderen Utensilien darauf ab.
"Ich kann dir leider nicht mit einer Betäubung dienen Sam, die Mittel werden nach offiziellem "Feierabend" weg geschlossen. Ich gebe mir Mühe, dass es nicht allzu doll weh tut, es ist nicht gerade eine kleine Wunde."
Sam lächelte Richard an. "Mach dir dahingehend keine Sorgen, unser Vater hat uns auf die unkonventionelle Art und Weise groß gezogen, er hat nie viel von Ärzten oder anderen >Quacksalbern und Spinnern in Weiß< gehalten."
Richard nickte grimmig, sowas in der Art hatte er bereits vermutet. Er entfernte vorsichtig die Glassplitter aus Sams Knie und desinfizierte die Wunde großzügig mit Iod.
Dann begann er die Wunde zu vernähen, was mit einem protestierendem Zähneknirschen und Aufstöhnen von Sams Seite her quittiert wurde.

"Du hast es gleich geschafft", erwiderte Richard aufmunternd, verknotete den letzten Faden und schnitt den Überschuss ab. Er legte eine Wundkompresse auf Sams Knie und umwickelte alles noch einmal mit einem Verband. "Ich habe jetzt leider gerade keine Pflaster hier, aber das können wir auch morgen früh regeln." >Was zum Henker redest du da?<, fragte er sich und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Sam blickte auf und lächelte.
"Ja, ich gehe davon aus, dass ich vermutlich heute Nacht hier bei dir bleibe und du mich dann später zum Motel fährst."
Richard räumte das Verbandsmaterial weg und setzte sich neben Sam aufs Sofa. Er räusperte sich verlegen. "Du könntest nach Feierabend auch mit zu mir kommen, wenn du magst..", er senkte die Stimme zu einem Flüstern und beugte sich zu Sam hinüber, "ich kann dich Pflegen, dich mit den richtigen Schmerzmitteln versorgen und dir morgen nach dem Aufstehen Frühstück ans Bett bringen." Seine Wangen waren ganz heiß geworden und er blickte Sam fragend aber auch etwas unsicher und verlegen an. Der lachte nur leise in sich hinein, zog Richard mit einer fließenden Bewegung auf seinen Schoß und sah ihn amüsiert an.

"So so, könntest du das ja?", fragte er lachend und fuhr mit den Fingern sanft über Richards Rücken. Der versuchte sich irgendwie wieder zu fangen.
"Natürlich könnte ich das, wenn ich es schaffe auf deinen chaotischen Bruder und sein geflügeltes Anhängsel aufzupassen", erwiderte er in beinahe herausforderndem Tonfall. Sam lachte leise, zog Richard näher zu sich heran. "Du bist süß, wenn du in Verlegenheit gerätst." Er küsste ihn sanft, Richard erwiderte den Kuss. Es fühlte sich an als würde sein chaotischer Alltag für einen Moment zum Stillstand kommen...

"Guten Abend!"
Richard fiel von Sams Schoß und der wäre am liebsten wieder hinters Sofa gesprungen.
Im Türrahmen stand Professor Roman und seine Augen sprühten förmlich funken.
"Shit" entwich es Richard tonlos.
"Na auf die Erklärung bin ich jetzt aber mehr als gespannt, Mr. Speight. Danach packen Sie ihre Sachen und verschwinden, Sie sind vorübergehend suspendiert. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?!"
Er funkelte Sam an und der war heilfroh, dass >wenn Blicke töten könnten< nur ein sinnbildliches Sprichwort war.

"Ich kann das erklären Mr. Roman, es ist meine Schuld...", begann Sam doch Roman winkte ab.
"Es interessiert mich nicht im geringsten, wer damit angefangen hat, aber Sie sollten sich darüber im klaren sein, dass das üble Konsequenzen für Sie beide nach sich ziehen wird. Sie haben Ihre Aufsichtspflicht verletzt, Mr. Speight und zudem unsittliches Verhalten während Ihrer Arbeitszeit an den Tag gelegt..."
Richard verdrehte die Augen und Sam trat ihm vors Schienbein, da er sich ernsthaft das Lachen verkneifen musste.

"Hör auf", flüsterte er ihm zu.
"...und deshalb möchte ich Sie nun bitten, dieses Gebäude zu verlassen. Sie bekommen Post von mir, ein Glück für Sie, das Sie offensichtlich mit ihrem Anwalt ihr Bett teilen. Obwohl ich eine Vertretung dahingehend dann natürlich Einhalt gebieten werde."
"Bla Bla, bla bla", entgegnete Richard, zog Sam auf die Beine und stützte ihn. "So leicht werden Sie mich nicht los, Roman. Verlassen Sie sich darauf." Er nahm seine Tasche und seine Jacke vom Haken, streckte Roman zum Abschied den Mittelfinger entgegen und machte sich zerknirscht, mit dem humpelnden Sam im Schlepptau auf den Weg in Richtung Ausgang, über den Parkplatz zu seinem Wagen.

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