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Als ich aufwachte, befand ich mich noch immer im Metallmonster. Es fuhr über Schotter und man hörte nur, wie die Steine unter den Reifen zusammengequetscht wurden. Ein komisches Geräusch. Das Metallmonster wurde langsamer, hielt schließlich auf einem großen Hof. "Endlich wieder Zuhause." sagte Joey und ließ sich in den Sitz zurückfallen. Dann öffnete er die Tür und stieg aus. "Hey Joey. Wen hast du uns dieses Mal mitgebracht?" fragte ein Mann, welcher gerade auf Joey zukam. Er hatte braune, heruntergekämmte Haare und ein Muttermal über der Lippe auf der rechten Seite seines Gesichts. "Zwei..." sagte Joey nur. Der braunhaarige Mann schaute ihn verwirrt an. Ein Rüde und ein kleiner Welpe." Ich versteckte Filou in meinem weißen Fell und drengte mich in die Ecke des hinteren Raums im Metallmonster. "Alles gut, mein Junge." sagte Joey zu mir und machte die Leine an das Halsband. Schnell packte ich Filou im Nacken und stieg aus dem Metallmonster. "Das ist Sky, der kleine Welpe hat noch keinen Namen." sagte Joey und streckte seine Hand zu meinem Kopf aus, ich wich zurück. "Er ist ausgesetzt worden, hat kaum Erfahrungen mit Menschen gemacht. Hat Papiere und du wirst ihn trainieren, Michael." sagte Joey zu dem anderen Kerl.

Die Beiden unterhielten sich noch eine ganze Weile. Ich bemerkte, dass sich irgendetwas in meiner Nähe befand und mir hinterher spionierte - aber was? Ich schaute mich unruhig um, sah nichts. Ich schaute über den Hof. Nichts. Plötzlich wurde ich von hinten angesprungen, verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. "Hey was soll das?" knurrte ich, drehte mich um und wollte gerade auf meinen Angreifer los als ich bemerkte, dass der Hund, oder sollte ich eher sagen, die Hündin, sich total über mich totlachte. Jetzt war ich endgültig verwirrt. "Was gibt's da zu lachen?" Ich schaute zu Filou. Sie stand sofort wieder auf und versteckte sich hinter meiner rechten Vorderpfote. Die Hündin, welche aussah wie ein Australian Shepherd, schaute mich ebenfalls verwirrt an. "War doch nur Spaß, tut mir leid." sagte sie und versuchte Filou hinter meiner Pfote zu entdecken. "Wie kommt ein weißer Schäferhundrüde an einen Chihuahua-Welpen?" fragte sie verwirrt. "Lange Geschichte." sagte ich nur und deutete Filou an, sich zu zeigen. "Ich bin übrigens Mona." sagte die Hündin. "Und du bist...?" Sie kam einen Schritt auf mich zu und beschnupperte mich. Ich ging etwas von ihr weg. "Ich bin Sky und das hier ist Filou." sagte ich nur und schaute zu Joey und dem anderen Kerl. "Das kann erst einmal eine Weile dauern bis die sich fertig unterhalten haben." sagte Mona und seufzte. Sie setzte sich und leckte sich ihre Pfote sauber. "Du bist nicht von Menschen großgezogen worden, oder?" frage sie. Ziemlich erstaunt schaute ich sie an. Woher wusste sie das nur? Ich schüttelte den Kopf. "Nein, woher weißt du..." "Das merkt man einfach." unterbrach sie mich und zwinkerte mir zu, dann lief sie an mir vorbei, auf ein Gebäude zu. "Ich zeige dir, wo du wohnen wirst." sagte sie und deutete mir an, ihr zu folgen. Ich seufzte, packte Filou im Nacken und setzte sie auf meinen Rücken, dann trabte ich Mona hinterher. "Gut festhalten, Filou." sagte ich. Mona schaute nach hinten und lächelte kurz. "Was gibt's zu lachen?!" knurrte ich. Ich verstand diese Hündin einfach nicht.

Wir kamen an einem riesigen Haus an, Mona verschwand durch eine Öffnung in der Tür. "Eine Hundeklappe... euer ernst?!" Ich seufzte. Die Hundeklappen kannte ich noch aus der Zeit, in der ich mit meiner "Rasselbande" in der Wildnis war. Lexio war so immer in die Häuser gekommen und hatte uns so manchmal unser Futter beschafft. Es waren mittlerweile 4 Tage vergangen, seid ich mit meinen Geschwistern und Lexio durch die Wildnis gezogen war. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor.

Ich lief durch die Hundeklappe und schaute mich um. Eine riesige Villa, links waren einige Stufen nach oben und geradeaus war ein Gang. Völlig verblüfft schaute ich mich um. Um ehrlich zu sein, gefiel es mir hier. Mona lief geradeaus weiter, dann stellte sie sich auf ihre Hinterpfoten und drückte die Klinke an der Tür mit ihren Vorderpfoten nach unten. Ich schaute Mona erstaunt an. Sie kannte sich anscheinend gut aus und hatte auch ziemlich viel Erfahrung mit den Menschen. Aber ich vertraute ihnen trotzdem nicht. Das Erste, dass einem in dem Raum auffiel, waren die Körbchen in der linken Ecke des Raumes. Es waren nicht 2 oder 3 Hundebetten, sondern 12 oder 13. Neben jedem Bett waren jeweils 2 Futternäpfe. Mona lief darauf zu und nahm sich etwas aus dem Futternapf neben dem roten Körbchen. Sie deutete auf das Hundebett gegenüber des roten Körbchens. "Da schläfst du." meinte sie und zerkaute einige Fleischbrocken. Ich schaute sie misstrauisch an. "Das Leben mit den Menschen ist noch ziemliches Neuland für dich, oder?" fragte sie. Ich zuckte nur mit den Schultern. Sie lächelte kurz, dann lief sie aus dem Raum raus. "Komm mit, ich will dir was zeigen." Diese Hündin war anscheinend immer für Überraschungen gut und irgendwie mochte ich das an ihr. Ich trabte ihr hinterher. Filou saß noch immer auf meinem Rücken und jaulte freudig. Es erinnerte mich an meinen ersten Kampf mit Takashi. Das Knurren, dass ich damals total versaut hatte und der riesige, weiße Fellknäuel der mich damals vor Takashi beschützt hatte. Bilder schossen mir durch den Kopf.

Als meine Chance kam, stürzte ich mich auf ihn und riss ihn mit zu Boden. Er rappelte sich jedoch sofort wieder auf. Ich hatte nicht mit einer solchen Kraft gerechnet, denn er schleuderte mich direkt danach mit einem Tritt in den Bauch zu Boden. Regungslos lag ich nun mit Schmerzen im Bauch eine Weile da. Ich zwang mich aufzustehen, konnte aber nur sehr schwer stehen. Ich knurrte, es klang jedoch bei Weitem nicht so bedrohlich wie das Knurren von Lexio oder Takashi... mehr wie das Jaulen eines Welpen - Peinlich! Ich versuchte erneut ein bedrohliches Knurren herauszubringen. Und tatsächlich - Alle erschraken und schreckten zurück.

Es war der Moment gewesen, an dem ich meinen Vater das erste Mal gesehen hatte. Ich seufzte. Wo war er nur gewesen, als wir ihn am meisten gebraucht hatten?

"Sky?" Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und sah, dass Mona mich verwirrt anschaute. "Sorry, war in Gedanken..." meinte ich nur und lief ihr hinterher. Wir gingen nach draußen. Mona lief auf einen Sandplatz. "Schonmal was von Agility gehört?" fragte sie und musste sich ein Grinsen verkneifen. Verwirrt schaute ich sie an. "Also nicht... okay." meinte sie. "Agility, Hunde die in Häusern auf Hundekörbchen schlafen, eingeweichtes Futter, sag mal wo bin ich hier eigentlich gelandet?! Sind hier alle so verweichlicht?" fragte ich total verwirrt. Ich war mit der ganzen Situation, jetzt so weit weg von meiner Familie leben zu müssen, zu sehr überfordert. "Ich weiß, dass das alles bestimmt sehr schwer für dich ist..." meinte sie und kuschelte sich an mich. Ihre Nähe beruhigte mich irgendwie. Ich ging einige Schritte von ihr Weg und schaute zu Boden. "Schon okay, ich weiß, es war nicht so gemeint." sagte sie verständnisvoll. Ich seufzte. "Du wolltest mir etwas zeigen." sagte ich, um das Thema zu wechseln. "Typisch Jungs... 'Lasst bloß keine Gefühle zu'." machte sie sich über mich lustig. Ich verdrehte die Augen. "Sehr witzig."

Ich schaute auf den Platz. Dort standen Hindernisse in einer bestimmten Reihenfolge aufgebaut - eine Wippe, mehrere Hindernisse, wo man hinüber springen musste und noch ganz viele andere. "Ach und falls du wirklich wissen willst, wo du hier bist..." Ich stellte die Ohren auf. "Das hier ist eine Sport- und Resozialisierungsstation für Hunde, deswegen auch die vielen Hundebetten. Hier werden Hunde trainiert, resozialisiert und auf Wettkämpfe vorbereitet. Man bringt ihnen das Leben mit Menschen bei." Tatsächlich waren auf einem Platz weiter hinten noch viel mehr Hunde.

"Lass mich raten, du bist die Alpha-Hündin?" fragte ich verwirrt. "Alpha? Ach quatsch. Hier gibt es keinen Alpha, alle Hunde werden von den Menschen so erzogen, dass sie nicht gegeneinander um die Rangordnung kämpfen." meinte Mona. "Okay, daran muss ich mich erst einmal gewöhnen. Kein Alpha, keine Rangordnung. Das wird schwer, mein ganzes Leben bestand aus Rangordnung." gab ich zu und setzte mich. Filou rutschte meinen Rücken runter und kicherte, dann setzte sie sich neben mich. "Kriegst du schon hin, so schwer ist es nicht und ein bisschen Rangordnung wird es immer geben, da können die Menschen nichts gegen tun." meinte Mona.

"So, jetzt zeige ich dir erst einmal den Agility-Parcours." sagte Mona und schoss los. Sie flog förmlich über die Stangen und rannte mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit durch den kompletten Parcours. "Mona wird immer besser. Was machst du mit ihr, dass sie so gut wird?" hörte ich jemanden hinter mir sagen. Ich drehte mich um. Es war Joey. Er schaute Mona mit einem zufriedenem Lächeln dabei zu, wie sie durch den Pacours bretterte. Er beugte sich zu mir runter. "Du wirst bestimmt auch einmal so gut. Wenn du soweit bist, lasse ich dich auch an Wettkämpfen teilnehmen." sagte er und ich bemerkte die Hoffnung in seinen Worten und das Funkeln in seinen Augen.

"Jetzt du!" sagte Mona, die gerade von dem Parcours wiederkam. Sie setzte sich hechelnd hin und verschnaufte erst einmal. "Was... I-ich! Nein! Ich mach das nicht!" meinte ich. "Jetzt komm schon, du feiger Hund!" meinte Mona und versuchte mich auf den Platz zu ziehen. Sie hatte jedoch überhaupt keine Kraft mehr. "Ein anderes Mal." meinte ich, packte Filou im Nacken und wollte gerade in Richtung Gebäude laufen, als ein langes Seil vor meiner Nase auf dem Boden landete und ein lautes, knallendes Geräusch hinterließ. Ich schreckte zurück und verfolgte das Seil mit den Augen. Am Ende des Seil stand Joey. "Hier geblieben." Er schaute mich böse an und hielt die 'Peitsche' bereit für den nächsten Schlag...

Sky - Hunde an die MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt