I - Gegenwart

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Valeria

Mir dröhnt der Kopf und ich habe fürchterliche Schmerzen überall. Ich will langsam meine Augen öffnen, doch das grelle Licht lässt sie mich wieder schnell schließen. Mir ist kalt und es stinkt zur Hölle. „Wo bin ich hier?", frage ich mich selber. Ich habe keinen blassen Schimmer. Ich versuche erneut meine Augen zu öffnen. Dieses Mal kämpfe ich gegen das Licht an. Nach einigen Sekunden haben sich meine Augen an das Flackern und die Helligkeit gewöhnt. Ich liege auf einem klapprigen Bett, welches unter meinen Bewegungen ächzt.

Nachdem ich meine Augen geöffnet habe, schaute ich mich um. Bis auf Steinwände, einem alten Metallbett auf dem ich liege und einem Loch in der Ecke kann ich rein gar nichts erkennen. „Was zu Hölle mache ich hier?", frage ich mich erneut. Ich fasse mir an meinen schmerzenden Kopf. Ich versuche die Bruchteile meiner Erinnerung zusammenzusetzen, aber nichts. Da ist nur Leere in meinem Kopf.

Ich fasse an meinen Kopf. Habe ich mich gestoßen? Bin ich verletzt? Ich suche meinen Kopf nach Wunden oder Blut ab. Aber nichts. Alles noch in Takt. Ich versuche mich zu orientieren und schaue mich in dem Raum um. „Gibt es hier ein Fenster? Natürlich nicht."

Erneut frage ich mich wo ich bin und vor allem was ich hier mache. Das einzige was ich fühle ist die Leere in meinem Kopf. Aber auf einmal durchströmt meine eine wohlige Wärme. Ich erinner mich an ein Gefühl, dass ich hatte, bevor ich hier gelandet bin. Ein Gefühl von Freundlichkeit, umsorgt sein, sich wohl fühlen. Ein Gefühl von Geborgenheit. Was ist das? Und woher kenne ich dieses Gefühl?
Ich versuche mir auszumalen woher ich komme und wer mich hierher gebracht hat. Meine Familie. Plötzliche schießt mir dieser Gedanke in den Kopf. Ja natürlich! Denke ich mir, irgendwo muss ich ja herkommen. Aber wer ist das, meine Familie? Und wo sind sie? Haben sie mich allein gelassen? Haben sie mich hierher gebracht? Nein. Das würden sie nicht machen, oder?

Bin ich von Zuhause abgehauen? Zuhause .. was ist das eigentlich? Habe ich überhaupt eins? Vielleicht ist das ja mein Zuhause. Nein, das kann nicht sein. Das ist doch kein Zuhause. Das ist eine Zelle. Und eine ekelhafte noch dazu. Ich setze mich langsam auf und versuche aufzustehen. Mein Kopf dröhnt immer mehr. Keine gute Idee. Also lege ich mich schnell wieder hin. Auch keine gute Idee, verdammt! Alles dreht sich und ich fasse mir an meinen schmerzenden Kopf. Das muss fürs erste an Bewegung reichen.

Plötzliche höre ich etwas. Geräusche die ich nicht zuordnen kann. Sind das Schritte? Sind das Stimmen? Ich glaube es ist eine Mischung aus beidem. Ich versuche zu lauschen, was ich da höre. Definitiv ein Mann. Tiefe, dunkle Schritte kommen immer näher. Und plötzliche höre ich eine Stimme. Eine tiefe, ruhige Stimme: „Sie ist wach." Ich überlege mich schnell wieder schlafend zu stellen, aber das wäre eh egal. Er hat es ja schon bemerkt. Plötzlich höre ich noch eine andere Stimme, diese klingt nicht ganz so tief, aber auch sehr gelassen. „Das wird ja langsam Zeit." Sagte der zweite Mann und lachte dabei.

Wollen die mich verarschen? Ich liege hier in einer Zelle, die am verrotten ist, weiß nicht wieso ich hier bin, wo ich herkomme und die lachen einfach. Ich glaub ich bin in nem Film. Warte kurz, wenn das hier nur ein Film ist, wo sind dann die Kameras? Wo ist mein Skript? Nein warte, wer bin ich eigentlich? Heilige Scheiße! Ich weiß nicht mal mehr, wer ich bin. Gott verdammt, erinner dich endlich. Ich schlage gegen meinen Kopf, in der Hoffnung die Blockade löst sich wie von selbst. Aber nichts. Natürlich nicht. Was habe ich mir auch gedacht? Seufzend versuchte ich mich aufzusetzen und strich mir durchs Gesicht.

Mittlerweile stehen die Typen vor meiner Zelle im Schatten und gaffen mich an. Wenn ich nur in der Dunkelheit was erkennen könnte. Sie streichen mit irgendwas gegen die Gitterstäbe, was einen grauenhaften Ton erzeugt. „Gott, bin ich ein Tier oder was?" Schreie ich ihnen entgegen. Sie gucken sich gegenseitig an aber erwidern nichts. „Ihr seid ja sehr gesprächig" sagte ich mehr zu mir selbst. „Wie lange bin ich schon hier?" fragte ich neugierig. „Schon ein paar Tage, vielleicht auch mehr." Antwortete der eine und kassierte einen Ellenbogen in die Seite. Erwartungsvoll schaute ich beide an, in der Hoffnung sie würden noch etwas sagen. Aber nichts.

Die Typen stellen noch etwas vor meine Zelle und sagten nur „Essen" bevor sie mir wieder den Rücken kehren und die Schritte leiser werden. Wo ich gerade an Essen denke, fängt mein Magen mächtig an zu knurren. Wie lange habe ich wohl schon nichts mehr gegessen? Langsam stehe ich von dem Metallbett auf. Ich gehe zu der Stelle, wo sie das Päckchen abgelegt haben und schaue nach, was drinnen ist. Ich finde einen Apfel, ein Stück Brot, einen Riegel und noch eine kleine Flasche Wasser. Muss für den Anfang reichen, denke ich mir. Schulterzuckend ging ich zurück zum Bett und setzte mich wieder drauf. Wieder ächzte es unter mich. Ich verdrehte die Augen während ich mich dem Apfel widmete.

Als ich genüsslich in den Apfel beiße, denke ich darüber nach, was die Typen vorhin alles gesagt haben. „Ein paar Tage, vielleicht mehr". Was soll das heißen? Vielleicht mehr? Wie lange bin ich denn hier schon gefangen? Eine Woche? Zwei? Wenn das stimmt was er gesagt hat, bin ich schon seit mindestens einer Woche weg. Weg von Zuhause, weg von meiner Familie, weg von .. meinem Leben. Mein Leben .. was ist mit meinem Leben? Und wer bin ich in diesem Leben? Wer bin ICH eigentlich? Zurück zu meiner anfänglichen Frage. Wieso weiß ich nicht mehr wer ich bin?

Oh man .. das ist echt zum verzweifeln. Während ich das letzte Stück meines Apfels esse und das Brot anfange, überlege ich weiterhin, wer ich bin, woher ich komme und was ich hier mache. Habe ich etwas verbrochen? Etwas schlimmes? Bin ich von Zuhause abgehauen? Hat mich jemand entführt? Oh mein Gott! Ich wurde entführt, ganz sicher! Wieso sollte ich sonst in einer Zelle sitzen. Aber warum wurde ich entführt?

Fragen über Fragen. Und keine Antwort schien greifbar. Das nächste Mal, wenn die Typen wiederkommen, muss ich versuchen ein paar Informationen zu bekommen. Während ich das Essen aufesse, mache ich mir schon Pläne, wie ich diese Typen, oder zumindestens einen von ihnen ausquetschen kann. Irgendwie muss ich ja an Informationen kommen.

Nachdem ich aufgegessen habe, trinke ich noch einen Schluck Wasser und lege mich wieder auf das Metallbett. Es macht wieder ein ächzendes Geräusch und ich habe Angst, dass es unter mir zusammenbricht. Je mehr Minuten ich mit dem Nachdenken über meine jetzige Situation verbringe, desto müder werde ich und umso mehr fallen meine Augen zu. Das Licht nehme ich schon fast gar nicht wahr. Und langsam drifte ich in einen seichten Schlaf.

Gefangen - Vom Alpha entführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt