XLI - Nie wieder alleine

3.8K 172 12
                                    

Valeria

Ich bin heute mit einem Lächeln aufgewacht. Denn ich wusste was anstand. Heute war Freitag und ich werde endlich entlassen. Endlich raus hier aus dem klinischen Zimmer, den kahlen Wänden, dem Geruch nach Hygiene- und Desinfektionsmitteln und weg von den Ärzten. Versteht mich nicht falsch. Ich finde es gut, was sie machen, aber ich mag sie trotzdem nicht besonders. Ich weiß, dass sie wichtig für das System sind und das ich ohne sie wahrscheinlich schon längst Tod wäre, nach allem was ich gehört habe, aber trotzdem könnte ich mir nie vorstellen, hier zu arbeiten.

Der Geruch von Tod hing in der Luft und diese ständige Ungewissheit, ob es jemand schafft oder nicht würde mich innerlich umbringen. Das ist mir alles zu viel Aufregung. Ich will mehr Stabilität und mich auf die kommenden Tage vorbereiten können. Während ich über all das nachdachte, humpelte ich durch das Zimmer und sammelte meine Sachen zusammen. Als ich im Bad angekommen war, klopfte es plötzlich an der Tür. Ich rief ein >komm rein< und packte die Sachen aus dem Bad zurück in die kleine Kosmetiktasche.

Alec stand im Raum und schaute verwundert zu der Tasche und dann zu dem kleinen Bad, aus dem ich gerade humpelte. „Lass mich das machen." Ich wollte gerade was erwidern, da hatte er mich bereits aufs Bett gesetzt und mir die Tasche abgenommen. Er lief in die andere Ecke des Raumes und verstaute alles sicher in der kleinen Reisetasche. Als er fertig war und sich zu mir umdrehen wollte, klopfte bereits ein Arzt an die Tür. Die Visite stand an. Hoffentlich meine letzte. Sie inspizierten mein Bein und wechselten die Verbände.

Ich bekam noch eine Spritze, Gott wie ich das hasste und dann verließen sie das Zimmer. Alec lief ihnen hinterher und hielt den Arzt auf. Sie sprachen über irgendwas, doch ich konnte nicht verstehen was. Als er wieder zurückkam, hielt er mir ein Klemmbrett hin. Oben war ein Stift angeheftet und auf den Blättern stand Entlassungspapiere. Ich las alles sorgfältig durch und blieb bei Erziehungsberechtigter stehen. „Du?" Fragte ich verwirrt und zeigte auf die Stelle, wo sein Name eingetragen war. Er nahm mir den Zettel aus den Händen und las sich kurz durch, was da stand.

„Du bist noch nicht volljährig und irgendwer muss ja auf dich aufpassen." Er zuckte mit den Schultern und gab mir das Blatt zurück. Ich suchte die Stellen zum Unterschreiben und setzte gerade den Stift an, als mir einfiel, dass ich gar nicht wusste, wie meine Unterschrift ging. Hatte ich überhaupt eine? Ich wusste es nicht. Unbewusst fiel mir der Stift aus der Hand und ich starrte auf die leere Stelle, an der ich hätte unterschreiben sollen. Alec bekam mein zögern mit und nahm mir das Klemmbrett aus den Händen.

Er legte eine Hand an meine Stirn. „Ist alles gut bei dir?" Ich schüttelte seine Hand ab. „Ja, ja. Ich weiß nur nicht wie ich unterschreiben soll." Beleidigt und traurig schaute ich auf den Boden. „Ohh, tut mir leid. Darüber habe ich nicht nachgedacht." Er nahm den Stift in die Hand und krakelte irgendwas auf die leeren Stellen. Er schien öfter irgendwo zu unterschreiben. Nachdem er fertig war, lief er wieder raus. Ich vermute, dass er die Papiere zur Rezeption bringt. Als er wieder zurück kam hatte er eine Packung in der Hand, welche er in der Tasche verstaute.

„Was ist das?" Fragte ich neugierig, doch er entgegnete nur ein „Nicht so wichtig". Da ich keine Lust auf Diskussion hatte, beließ ich es dabei. Alec schloss den Reißverschluss der Tasche und schulterte diese. Dann nahm er meine Krücken und drückte sie mir in die Hand. Ich stand auf und fing an langsam vorzugehen. Er schloss die Tür hinter mir und lief dann neben mir her. Als wir am Fahrstuhl standen, wollte ich ein Gespräch aufbauen.
„Wo gehen wir hin?" Fragte ich also.
„Zum Auto" Bekam ich knapp zurück.
„Und dann?"
„Nachhause."
„Du bist aber gesprächig heute." Gab ich motzig zurück.

Er ignorierte mich und steuerte zielsicher auf sein Auto zu. Es war ein mattschwarzer Geländewagen. Er öffnete den Kofferraum und verfrachtete meine Tasche darin. Anschließend öffnete er mir die Tür und nahm mir die Krücken ab, ich setzte mich in das Auto und er gab mir die Krücken zurück. Dann ging er Richtung Fahrertür und setzte sich ebenfalls. Während ich mich anschnallte, startete er den Wagen und fuhr los. Mir schossen plötzlich wieder Bilder in den Kopf, wie wir gemeinsam im Auto saßen und irgendwo hinfuhren.

Gefangen - Vom Alpha entführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt