XX - Das große Schweigen

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Valeria

Nachdem wir beide den größten Teil des Hauptganges verputzt hatten, ging es auch schon an das Dessert. Und ich kann euch sagen, dieser Typ von Alpha, kann essen wie ein Mähdrescher. Ich weiß gar nicht, wo er das alles hinmacht. Ich meine sein Körper sieht definitiv nicht danach aus, als würde er für drei essen. Er ist unfassbar sportlich gebaut und wenn ich ihn mir genauer anschaue, kann ich durch sein Hemd ein verdammtes Sixpack durchschimmern sehen. Als ich so an seinem Körper herunter schaue, fallen mir auch seine muskulösen Arme auf. Wie schafft er es so aussehen und so viel zu essen.

Ich seufzte leicht und widmete mich wieder meinem Dessert. Und obwohl ich auf mein Nachtisch fokussiert sein sollte, konnte ich meinen Blick nicht von ihm abwenden. Also musterte ich ihn erneut. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug, welcher wie auf ihn zugeschnitten ist. Der Anzug muss eine Spezielanfertigung sein, weil ich mir sicher bin, dass dieser Oberarme in keinen normalen Anzug von der Stange passen.
Darunter trägt er ein weißes Hemd, bei dem er die beiden obersten Knöpfe offen gelassen hat. Das Jackett hatte er anfangs noch mit einem Knopf verschlossen, doch diesen hat er im Laufe des Essens langsam geöffnet. Ich fragte mich, warum die alle so gut aussehen und schob mir währenddessen einen weiteren Bisschen in den Mund.

Nachdem ich seinen Körper begutachtet habe, wanderte ich zu seinem Gesicht. Ich habe natürlich versucht, mich so unauffällig wie möglich zu verhalten, denn ich wollte mit Sicherheit nicht beim starren erwischt werden. Ab und zu steckte ich mir daher etwas von meinem Dessert in den Mund, um nicht auffällig zu wirken. Ich habe mich für Apfelstrudel mit Vanilleeis entschieden. Gott wie ich das liebe. Genüsslich steckte ich mir eine Gabel in den Mund und als ich mir sicher war, er war auf etwas anderes fokussiert als auf mich, musterte ich ihn erneut.

Da ich mir nun schon genug von seinem Körper vorstellen konnte, wollte ich sein Gesicht ein bisschen näher inspizieren. Und als ich ihn mir genauer anschauen konnte, musste ich schon zugeben, dass er ein kleiner Leckerbissen war. Seine Kieferpatie war mehr als ausgeprägt und spannte sich beim kauen immer mal wieder an. Sein Gesicht wurde zum Kinn hin schmaler und so wie ich das erkennen konnte, hatte er sich rasiert. Seine Nase war ein bisschen schief, bestimmt schon mal gebrochen, aber das tat nichts zur Sache, denn sie ergänzte das Bild seines Gesichts perfekt.

Verdammt Valeria! Hör auf über sowas zu denken! Er ist dein verdammter Entführer und nicht irgendjemand den du zufällig getroffen hast! Konzentrier dich! Und hör auf für ihn zu schwärmen, das ist ja ekelerregend! Mit diesen Worten holte mich meine Vernunft zurück in die Realität. Und was soll ich sagen, sie hatte recht. Er hat mich entführt und hier eingesperrt. Gegen meinen Willen. Und jetzt tut er so, als wäre heile Welt. Verdammt, ich müsste ihn hassen! Doch ich konnte nicht aufhören. Meine Augen wanderten wie von selbst zurück in sein Gesicht, ich musste ihn mir genauer anschauen.

Seine Haare waren nach hinten gelegt und eher dunkelblond, obwohl ab und zu eine hellere Strähne durchschimmerte. Seine Stirn hatte er leicht in Falten gelegt. Und seine Augenbrauen waren eine perfekte Mischung aus buschig und geformt. Sie luden einfach ein, ihm in die Augen zu sehen. Früher hatte man mir gesagt, die Augen wären das Tor zur Seele und man könnte erkennen, ob jemand gut oder böse ist. Ich wusste nicht ich das glauben sollte, da ja niemand was für seine Augen kann. Der eine sieht freundlicher aus, der andere eben nicht.

Als ich meinen Blick langsam in Richtung seiner Augen schob, trafen mich zwei Blau-Graue Augen, welche mich ansahen. Zur Mitte hin, wurden sie immer grauer und der Rand war wesentlich dunkler als die Mitte. Definitiv ein Augenpaar, in denen man sich verlieren könnte.

Alec

Sie musterte mich jetzt schon seit mehr als einer halben Stunde. Erst versuchte sie unauffällig meinen Körper zu bestaunen und dann ging sie irgendwann hoch in mein Gesicht. Ich kann es ihr nicht übel nehmen, immerhin habe ich mich immer vor ihr verborgen, aber sie könnte sich wenigstens Mühe geben, es weniger auffällig zu gestalten.

Ich habe schon mehrfach überlegt, ob ich sie darauf anspreche, aber ich wollte sie lassen. Irgendwie gefiel mir dieser Art von Aufmerksamkeit ja auch. Viele Frauen haben mich mein Leben lang angestarrt. Aber sie wollten alle nur das eine, die Frau des Alphas sein. Sie wirkt in ihrem Blick so unschuldig, als hätte sie nichts vor. Sie will mich einfach nur ansehen.

Also tat ich es ihr gleich. Ich meine, eigentlich brauchte ich das ja nicht mehr, ich habe sie mehr als genug beobachtet, aber als sie hier vor mir saß, konnte ich sie trotzdem nicht ignorieren. Ihre Haare haben eine hellere Farbe als im Keller angenommen. Sie waren Aschblond mit einem leicht dunkleren Stich am Haaransatz. Sie umspielten ihr kleines zartes Gesicht, welches zum Kinn dünner wurde. Ihre Nase war gerade und weder groß noch klein. Auf ihr sammelten sich mehrere Sommersprossen, welche unter den Augenpartien ausliefen.

Zwischen ihren dünnen, geformten Augenbrauen hatte sich eine kleine Furche gebildet, wahrscheinlich war sie angestrengt, weil sie über etwas nachdachte. Ihre rosigen Wangen schlossen das Gesamtbild ab. Als ich mich ihren Augen widmete, hätte ich mich in diesen verlieren können. Eine Mischung aus Karamellbraun zur Pupille hin, läuft in ein Haselnussbraun aus. Wenn die Sonne scheinen würde, wäre ich mir sicher, dass sie auch leicht gelb schimmern würden.

Während ich sie musterte, fiel mir ihr Blick auf, welcher direkte in meine Augen starrte. Also wand ich mich ihrem Blick zu und schaute ihr ebenfalls in die Augen. Nachdem mehrere Sekunden vergangen waren, räusperte ich mich um ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. Wir können uns schlecht den ganzen Abend lang anstarren. Doch das brachte nichts. Also musste ich wohl das Wort ergreifen.

„Du hast da was." Ich deutete auf ihren Mundwickel mit meinem Finger.

Valeria

Sein Mund bewegte sich aber ich hörte kein Wort, ich war in diesen Augen gefangen. Warte was!? Sein Mund bewegte sich? Ich schüttelte leicht den Kopf, um aus meiner Trance zu kommen. „Was?" fragte ich nun, da ich keine Ahnung hatte, was er wohl gesagt haben könnte.

Alec

„Du hast da was." Wiederholte ich meine Worte und deutete wieder mit meinem Finger auf ihren Mundwinkel. Um meine Aussage zu unterstreichen, gab ihr eine unbenutzte Serviette.

Valeria

„Du hast da was." Sagte er anscheinend erneut. Wo habe ich was? Fragte ich mich selbst, doch diese Frage erübrigte sich, da er mit seinem Finger auf meinen Mundwinkel deutete und mir eine Serviette hinhielt. Oh nein! Bitte nicht! Hab ich gesabbert? Das kann nicht sein. Ich habe doch gar nicht so lange gestarrt, oder doch? Völlig perplex fragte ich „Was?"

Alec

Sie schien nicht zu verstehen was ich wollte oder war von der Situation überfordert, da sie erneut „Was?" fragte. Also gab ich zurück: „An deinem Mundwinkel. Du hast da ein bisschen Sabber vom ganzen starren." Und hielt ihr die Serviette erneut hin. Ihre Augen wurden immer größer und sie schaute zwischen mir und der Serviette hin und her. Was jetzt wohl in ihrem kleinen Köpfchen vorging? Ich konnte die Räder quasi arbeiten hören, die sich da gerade drehten.

Valeria

Meine Augen wurden immer größer, weil ich langsam realisierte was er wollte. Ich habe gesabbert während ich ihn angestarrt und gemustert habe. Wie unangenehm. Das zweite Mal an diesem Abend, in dem ich mich gerne in Luft ausgelöst hätte. Schnell griff ich die Serviette und führte sie zu meinen Mund um ihn abzuwischen. Währenddessen blickte ich zu Boden und drehte mich weg, um der Scham zu entkommen, die er mir entgegen brachte.
Nachdem ich fertig war, schaute ich in das Tuch um festzustellen, dass ..

Gefangen - Vom Alpha entführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt