XXII - Der Tag danach

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Valeria

Nachdem gestrigen Abendessen bin ich mit einem sehr mulmigen Gefühl in das Bett gegangen. Ich weiß gar nicht wie lange ich gebraucht habe, um einzuschlafen. Ich musste immer wieder die Worte in meinem Kopf wiederholen, die er zu mir gesagt hatte. Als könnte er meine Gedanken lesen, hatte er eine mögliche Flucht meinerseits angesprochen. Und was meinte er mit, er möchte, dass das zwischen uns funktioniert? Was denn? Was will er von mir? Ich konnte es mir nicht beantworten.

Was mir aber noch mehr Angst machte, war die Tatsache wie er mit mir sprach. Diese Kälte und Ernsthaftigkeit. Allein wie er den Satz betonte und mich dabei anschaute, sorgte für einen eiskalten Schauer, der meinen Rücken runter lief. „Dann haben wir ein ernsthaftes Problem miteinander ...". Was meinte er damit. Was für ein Problem? Und was passiert ..

Darüber wollte ich gar nicht nachdenken. Ich verwarf diesen Gedanken so schnell wie er gekommen war, in der Hoffnung das niemals zu erfahren.

Alec

Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich musste immer wieder an den gestrigen Abend denken. Ich weiß nicht mal, was ich von gestern halten soll. Einerseits, hatte sie mir einen Teil ihrer inneren Gefühlslage präsentiert und andererseits hat sie mich belogen. Ich wusste nicht was ich davon halten sollte. Also habe ich versucht ihr klar zumachen, was hier die Regeln sind.

Vielleicht hatte ich auch meine Gefühle nicht im Griff und mein Wolf ist mit mir durchgegangen, aber als sie mir nicht in die Augen sehen wollte .. bin ich innerlich ein Stück zerbrochen. Die Tränen in ihren Augen und die Scham in ihrem Gesicht, ich konnte das nicht länger ertragen. Ich wollte das nicht länger ertragen. Also habe ich sie allein gelassen, schon wieder.

Valeria

Als ich heute morgen aufgewacht bin, spürte ich den gestrigen Abend noch in den Knochen. Nicht nur der fehlende Schlaf machte mir zu schaffen, auch meine Gefühlslage war ein reines durcheinander, welches mich nicht mehr losließ. Ich lag immer noch in dem Bett und wollte dieses nicht verlassen, geschweige denn mein Zimmer. Als ich daran dachte, was mich heute wohl erwartet, wurde mir schon ganz übel.

Nachdem ich mich eine weitere halbe Stunde in den Laken gewälzt hatte, meldete sich meine Blase. Verdammt. Jetzt musste ich wohl doch aufstehen. Ich wischte mir übers Gesicht und rieb mir die Augen. Dann mal los.

Ich hob die Decke an und schob meine Beine über die Bettkante. Und schon lief es mir wieder kalt den Rücken runter. Ich spürte eine Gänsehaut, die langsam meinen ganzen Körper erreichte. Ich schloss die Augen, atmete tief durch und stand auf. Ich versuchte mich zu konzentrieren, die Kälte zu vergessen und ging Richtung Bad. Als ich mit meinem Toilettengang fertig war, widmete ich mich meinem Körper.

In den Spiegel wollte ich noch nicht schauen, dieses Elend musste noch ein bisschen warten. Also ging ich duschen und ließ das warme Wasser über meinen Körper laufen. Das tat gut. Nach den ganzen Strapazen der letzten Nacht und den Wochen zuvor habe ich das gebraucht. Meine Muskeln entspannten sich beinahe sofort und ich ließ erleichtert meine Arme hängen.

Nachdem ich fertig war, wickelte ich mich in einen Bademantel und ging Richtung Spiegel. Jetzt ist es soweit. Ich wischte ein Stück frei, da er von dem ganzen Dampf beschlagen war. Und dann sah mich. Blickte mir direkt in die Augen. Dunkle Ringe zierten mein Gesicht, meine Augen waren gerötet, meine Lippen aufgerissen. Alles in allem sah ich aus wie ein Wrack. Das war wohl das Ergebnis einer durchzechten Nacht gefüllt mit Tränen und Verzweiflung.

Nachdem ich mich genug betrachtet habe, fing ich an meine Haare zu föhnen und versuchte irgendwie die Spuren des letztes Tages zu vertuschen. Nachdem ich mich einigermaßen gerichtet hab, band ich meine Haare zu einem hohen Zopf und fing an meine Zähne zu putzen. Doch plötzliche hörte ich ein lautes Geräusch.

Ich verließ das Bad und meine Augen wurden immer größer, als ich dem Geräusch näher kam. Da stand jemand vor meiner Tür und klopfte bestimmt schon das dritte Mal lautstark an die Zimmertür. Na super. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch.

Ich lief zur Tür und öffnete diese. Jaden blickte mich verwirrt an und scannte mich einmal von oben nach unten ab. Als ich es ihm gleich tat, fiel mir auf, dass ich immer noch einen Bademantel an hatte und darunter nackt war. Dazu hatte ich immer noch meine Zahnbürste in der Hand und mein Mund war voller Zahnpasta. Na super.

Jaden räusperte und fing sich wieder. Als er mich anschaute sagte er bloß „Frühstück ist fertig." Danach drehte er sich um und ging die Treppe wieder runter. Ich versuchte durch meinen mit Zahnpasta gefüllten Mund ein „Danke" zu schreien, was mir nur halb gelang. Ich knallte die Tür zu und lief Richtung Bad um meinen Mund zu leeren. Innerlich stieg meine Wut wieder an, dass ich unten wahrscheinlich auf den Kotzbrocken von Alpha treffen werde und mich für gestern höchstwahrscheinlich rechtfertigen musste.

Aus Protest ließ ich mir extra viel Zeit beim Anziehen. Nach 15 Minuten entschied ich mich dann doch, wohl oder übel dazu nach unten zu gehen. Also öffnet ich langsam die Tür und spähte nach draußen, in der Hoffnung Stimmen zu hören. Doch nichts. Das ganze Haus war still. Ich schloss langsam die Tür und schlich die Treppe nach unten. Immer noch nichts.

Als ich unten ankam blickte ich in einen leeren Flur. Immer noch nichts. Komisch, aber mich soll's nicht stören. Also ging ich Richtung Küche und wer saß mir gegenüber ...

Brownie, der wild auf seinem Handy rumtippte und scrollte. Als ich die Küche betrat, schaute er kurz auf und widmete sich dann wieder seinem Handy in der Hand. Ich setzte mich auf den Stuhl gegenüber und schaute ihn erwartungsvoll an. Nach einigen Minuten hatte er meinen Blick bemerkt und schaute auch endlich auf. Er legte sein Smartphone weg und saß mir nun still gegenüber.

„Ich dachte das Frühstück ist fertig." Sagte ich selbstbewusst. Innerlich war ich mehr als froh ihn hier sitzen zu sehen und nicht diesen blöden Alpha Arsch. „Achso ja, im Kühlschrank." Antwortete er wieder nur knapp und deutet in die Ecke der Küche. Wie alles im Haus war natürlich auch die Küche sehr modern. Die Arbeitsfläche war in schwarzer Marmoroptik und die Küchenschränke waren weiß mit silbernen griffen.

Ich öffnete den Kühlschrank und fand Milch, Orangensaft, Joghurt und ein paar Früchte. „Von wegen fertig." Nuschelte ich vor mich hin und nahm den Orangensaft, die Früchte und den Joghurt. Ich öffnete mehrere Schränke und Schubladen um ein Glas, eine Schüssel und einen Löffel zu finden. Nachdem ich alles beisammen hatte, füllte ich mir Joghurt in die Schüssel und dekorierte diese mit Früchten. „Habt ihr Müsli oder so?" Fragte ich Jaden, der sich wieder auf das Handy fokussiert hatte.

„Im Schrank" sagte er und deutet hinter sich. Ich öffnete eine weitere Tür und fand verschiedene Müslisorten. Ich nahm mir die Haferflocken und schüttete ein paar in meine Schale. Anschließend füllte ich mein Glas mit O-Saft und setzte mich wieder auf meinen Platz. Beim Essen schaute ich Jaden mehrmals an, welcher mich jedoch gekonnt ignorierte. Was habe ich getan, dass er so abweisend zu mir ist?

Nachdem ich aufgegessen hatte, stellte ich meine Sachen in den Geschirrspüler und wollte gerade wieder in das Zimmer gehen, bis mich Jaden doch noch ansprach. „Warte kurz". Ich rollte mit den Augen und drehte mich wieder um „Was?" fragte ich also genervt. „Der Alpha holt dich am Nachmittag ab, um dir das Gelände zu zeigen. Zieh dir am besten .." Er schaute mich von oben bis unten an. „ ... etwas passenderes an. Eine Jeans oder sowas."

Ich verdrehte wieder die Augen, warum schreibt mir hier jeder vor, was ich zu tun und zu lassen habe. Wütend schnaubte ich aus und nuschelte „Träum weiter" vor mich hin. Ich bin kein kleines Püppchen, was man herum schubsen kann. Und ich lasse mir schon gar nicht sagen, was ich anzuziehen habe! Das ist mein Körper und den kleide ich so, wie ich es will! Ich ging in das Zimmer und knallte die Tür erneut zu. Ich brauche dringend etwas, wo ich mich abreagieren kann. Diese Wut bringt mich noch um.

Gefangen - Vom Alpha entführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt