Capítulo X (Kapitel 10)

210 9 0
                                    

Wir saßen auch plötzlich nebeneinander am Tisch und aßen. Mir gegenüber eine frech dreinblickende Alejandra, Camilo rechts von mir musste mit Ángel vorlieb nehmen. Och ne, den hatte ich gerade erfolgreich verdrängt und jetzt wurde ich mit seiner Anwesenheit bestraft. Ich spürte seinen bohrenden Blick auf mir, versuchte jedoch so gut es ging meine volle Aufmerksamkeit auf das paraíso auf meinem Teller zu widmen. Darauf hatte ich den ganzen Tag schon hingefiebert.
An meinen Pandebono knabbernd betrachtete ich meinen Sitznachbarn. Dieser Staubsauger hatte doch tatsächlich so gut wie alles aufgegessen! Das war doch nicht normal oder? Er bemerkte meinen Blick. „Waf ift? Habe ich etwaf im Gefwicht oda warum starrft du mich fwo komif an?" Dabei kaute er munter weiter, schob sich bei leerem Mund noch etwas hinterher. „Camilo, könntest du wohl einfach mal vernünftig essen und vor allem etwas weniger?" „Mamá ich wachse und brauche das. Was soll ich denn machen?!" Er war genervt von der Rüge, ich hingegen war fasziniert, geschockt und neidisch. (Ganz toll, Gefühlsachterbahn hallo, hier bin ich!) „Kannst du das bitte lassen? Es ist wirklich anstrengend immer alles abzubekommen, vor allem wenn sie in einer Dauerschleife hin und herwechseln. Gib sie doch Ángel oder no espera, lieber Dolores!" Wie konnte es sein, dass er das immer abbekam? Noch niemand aus mi familia hatte sich so oft und extrem beschwert, dass ich es bei ihnen tat. Camilo war der Einzige und ich wusste nicht warum.

Unbewusst bewegte sich meine Hand zu seinem Oberkörper. Zuerst pikste ich ihm mit meinem Zeigefinger in die Seite, die daraufhin einknickte.
Merke: Señor war kitzelig.
Vor Schreck verwandelte er sich einmal kurz in mich. Ich jedoch machte munter weiter, mein Hirn hatte sich verabschiedet, denn mein Verstand versuchte kläglich, diese Handlung zu unterbinden. Erfolglos. Da ich mehrmals auf Widerstand stieß, fasste nun meine komplette Hand an seinen Bauch. Ich schnallte lange nicht, das ich ihn gerade vor versammelter Mannschaft befummelte.
Camilo wurde scharlachrot, er hörte sogar auf zu essen und starrte mich an.
Ángel hörte mitten im Kauvorgang auf, die zerkleinerte Mahlzeit fiel zurück auf seinen Teller und sein Mund blieb offen stehen. Sehr zu Martas Belustigung, die neben ihm saß.
Alejandra machte große Augen, ehe sie zufrieden grinste. Sie schaute zu meiner Nachbarin, welche sich als Mirabel entpuppte. Ein genervtes Seufzen ertönte ehe ich die Worte „Ja, ja, hast gewonnen. Bekommst du später." vernahm.
Über uns tauchte ein Regenbogen auf, der seinen Ursprung bei einer strahlenden, halb weinenden Pepa hatte. Seit wann saß sie denn neben Aleja? Bald wüsste es also auch mi madre.
Ein Glucksen vernahm ich außerdem vom Sitznachbarn rechts: Álvaro, mejor amigo von estúpido.
Meine Gedanken galten momentan einzig und alleine diesem definierten Oberkörper. Ich wollte nicht verstehen, dass dieser Staubsauger so einen Körper hatte. Es war mir unbegreiflich. Immerhin wusste ich, was er alles in welcher Rekordzeit in sich rein schaufelte. Ich war sauer und neidisch darauf, dass er scheinbar essen konnte was er wollte und überhaupt keine Konsequenzen davontrug. Aber man sah ihm diesen Körper überhaupt nicht an. Sein Poncho verdeckte sowieso einen Großteil, aber ich meine auch mich erinnern zu können, dass selbst das weiße, teils aufgeknöpfte Hemd nicht so viel preisgab. (Ich beobachtete ihn nicht, das war alles geraten.)
Gedanklich nahm ich die Beleidigung ‚Lappen', die ich ihm heute Nachmittag an den Kopf geworfen hatte, zurück. Maldito, er war alles andere als das. Aber das würde ich ihm definitiv nicht auf die Nase binden. Sonst würden er oder andere das bestimmt noch falsch verstehen... (Ja genau, nur deswegen, yo me engaño...)

Interessant, was ich alles um mich herum mitbekam. Nur nicht, was ich selbst hier überhaupt tat. Ein Schrei ließ uns zusammenzucken und schleuderte mich aus meiner Parallelwelt. „Nimm deine dreckigen Pfoten von meinem Freund! Camilo sag doch auch mal was dazu, diese Verrückte belästigt dich doch." Carmen, noch ein nerviger Umstand an diesem Abend auf den ich gut und gerne verzichtet hätte.
Ich sah nach unten, meine Hand war immer noch an seinem Bauch. Schnell zog ich sie zu mir zurück und lief wahrscheinlich genauso rot an, wie Camilo während des gesamten patting über war. (Das habe ich jetzt nicht ernsthaft getan oder? ODER!) Oh dios mío, lass bitte irgendwo sich ein Loch auftun, wo ich reinspringen konnte. Was war in mich gefahren?! Ein Schmerz durchfuhr plötzlich meinen Hinterkopf. Dieses Biest hatte mir doch tatsächlich in meine Frisur gegriffen und schnell sprangen alle um uns herum auf und funkelten die Übeltäterin böse an.
„Lass gefälligst deine dreckigen Finger von ihr" Alejandra, sehr wütend, rette sich wer kann.
„Spinnst du, was soll der Aufstand? Schäm dich vor dem Geburtstagskind so eine Szene zu machen" Mirabel, aber sie hatte diese Tussi doch eingeladen.
„Verschwinde, du bist hier nicht erwünscht." Okay das war überraschend, da es von Ángel kam.
„Diese Beziehung von uns existiert nicht. Ich würde dann jetzt gerne in Ruhe weiteressen." Kurz, knackig, Camilo. Dass er dann auch noch wirklich weiteraß war schon beinahe eine Frechheit. Me encanta. (Aaah... Ach egal, ich feierte es wirklich. Ehre, wem Ehre gebührt.) Mir fiel plötzlich ein, dass er doch gar nichts mehr hatte. Dieser Gierlappen bediente sich doch tatsächlich von meinem Teller! „Was soll das heißen? Ich dachte das wäre..." Carmen wurde von Isabelas Ranken von uns weggezerrt. Dies völlig ausblendend war nun ich an der Reihe mit böse anfunkeln. Und der Sack blickte mir als inocencia en persona entgegen! (Spinnt der eigentlich komplett?)
Ich legte meine Hände ruhig neben meinen Teller. „Du hast so was von verschissen." Ángel, ich wäre dir sehr verbunden, wenn du ihn nicht vorwarnen würdest. Langsam umschlossen meine Hände das vor mir liegende Besteck. Camilo aß weiter, verfolgte jedoch jede einzelne Muskelzuckung, die ich aufwies. Er wusste, es würde Krieg bedeuten, mir mein Essen wegzufuttern. Immerhin war das nicht das erste Mal. Dennoch ließ er sich nicht davon abbringen, meine letzte Empanada in seinen Mund zu schieben. So schnell konnte keiner gucken, wie ich ihn mit meinem Besteck massakrierte... Also wollte...
Keiner bis auf mein Zielobjekt selbst. Mit seinen Händen meine beiden festhaltend und somit meine Waffen fixierend, lachte er mir frech entgegen. Er war schneller in Bedrohung ausschalten, als ich im Angriff. Ich schob es auf meine Wut, dass als erstes meine Frisur ruiniert wurde und als zweites mein Heiligtum weggefressen wurde.
„Warum so kratzbürstig, gatita? Oh, lo siento, ich meine enana!" Wann denkt er sich diese ganzen Spitznamen für mich aus?
Wir boten den übrigen Mitgliedern unserer familia hautnah ein amüsantes und spannendes Erlebnis. Ich sollte Geld dafür nehmen.

Entgegen der Annahme vieler stand ich einfach auf, tauschte unsere Teller und ging zum Buffet. „Ich weiß noch nicht, was ich von dir an ihrer Seite halten soll" war das letzte, was ich vom Gespräch am Tisch mitbekam. Ich füllte nur noch Kleinigkeiten an Deftigem nach. Mein Hauptaugenmerk lag auf el postre. Süßigkeiten, Obst... Das alles und ich waren wie Isabela und Blumen. Ángel und Feuer...

🕯🕯🕯🕯🕯🕯

Glosario (Glossar)
paraíso - Paradies
yo me engaño - ich mache mir etwas vor
inocencia en persona - Unschuld in Person
gatita - Kätzchen

Glosario (Glossar) paraíso - Paradies yo me engaño - ich mache mir etwas vor inocencia en persona - Unschuld in Person gatita - Kätzchen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
¡Estúpido!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt