| 20 | ᴇᴍᴍᴀ | 𝙄 𝙜𝙤𝙩𝙩𝙖 𝙜𝙚𝙩 𝙤𝙪𝙩 𝙣𝙤𝙬 𝙬𝙝𝙞𝙡𝙚 𝙄 𝙘𝙖𝙣

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Lieber Gott. Er ist in meinem Apartment. Also, in meinem Apartment

Nicht nur das, er schaut sich um, betrachtet meine Sachen. Ihn in meinem bis dahin Sinclair-freien Rückzugsort zu sehen, lässt meine Haut kribbeln.

Genau hier haben Jemima und ich immer über ihn gesprochen. Hier schreibe ich jede Nacht meine boshaften, reinigenden Abscheulichkeiten über ihn in mein Tagebuch. Hierhin habe ich zahllose Männer gebracht, die dann doch immer sein Gesicht hatten. Seine Hände. Seinen Körper.

Und jetzt ist er hier.

Zieht einfach so seine Jacke aus und legt sie auf die Couch. Dreht sich zu mir um, mit einem leisen, nervösen Lächeln auf den Lippen. Beweist mir damit umso mehr, dass egal, wie viele Männer ich auch mit nach Hause nehme, er doch der Einzige ist, der hierher gehört.

Verdammt.

Wie konnte das nur passieren? Wieso habe ich ihn reingelassen? Die Probe heute war der totale Reinfall. Cole hat seine Rolle souverän dargestellt, während ich die einfachsten Textstellen vermasseln musste. Als Frank uns beide danach auf einen Drink eingeladen hat, dann aber nach einem halben Aperol Spritz unter fadenscheinigen Begründungen verschwunden ist, war klar, was er bezwecken wollte.

Sehr subtil.

Er hätte genauso gut eins von diesen Bannern schreiben können, das dann von einem Flugzeug über den Himmel gezogen wird: Bekommt euren Scheiß auf die Reihe und hört auf, mir das Stück zu ruinieren!

Auch wenn ich sein Angebot, Sinclair zu ersetzen, ausgeschlagen habe, tue ich mich immer noch schwer. Ich habe mir vorgenommen, es noch mal zu versuchen, und bin deshalb mit Sinclair in der Bar sitzen geblieben.

Als Sinclair angeboten hat, mich nach Hause zu bringen, dachte ich, es würde uns vielleicht helfen.

Mein Fehler war, dass ich zugelassen habe, zu meinem Apartment nach oben gebracht zu werden. Als ich die Tür aufschloss, hat er sich fast den Hals verrenkt, um einen Blick nach drinnen zu erhaschen. Und als er dann rundheraus fragte, ob er mit reinkommen darf, habe ich es nicht geschafft, nein zu sagen.

Also, da sind wir jetzt – er wandert im Wohnzimmer herum, ich beobachte ihn, als wäre er ein Tier im Zoo. Er betrachtet mein Bücherregal und lächelt, als sein Blick auf eine arg mitgenommene Ausgabe von Die Outsider fällt.

»Das hab ich schon lange nicht mehr gelesen.« Er zieht es hervor und blättert darin. »Ich hab es vermisst.«

»Ich dachte, du liest jeden Tag darin.«

Er grinst, ehe er es ins Regal zurückstellt. »Ja ... na ja ... ich hab meins so einem Mädel geschenkt. Hab noch kein neues gekauft.«

An dem Tag, als er mir sein Buch geschenkt hat, war er stolz wie Oskar. Ein Geburtstagsgeschenk, das ich nie vergessen würde, von meinem perfekten Freund.

Nur schade, dass es diesen Typ nie wirklich gab.

Ich höre, wie die Haustür aufgeschlossen wird, und kurz darauf tönt Jemimas helle Stimme durch den Flur. »Em? Bist du zu Hause? Ich führ dich heute Abend aus und ein Nein wird auf keinen Fall akzeptiert. Hol dein kurzes Schwarzes raus, das mit dem tiefen Rückenausschnitt. Ich will mit dir angeben.« Die Schranktür im Flur wird zugeworfen, als Jemima ihre Yogamatte verstaut.

Der Ausdruck auf Sinclairs Gesicht schreit: »Du hast mir nicht gesagt, dass du mit jemandem zusammen wohnst.«

Jemima kommt ins Wohnzimmer und erstarrt in der Bewegung, als sie Sinclair erblickt. Wie zwei Hunde auf der Straße mustern sich die zwei abschätzig.

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