| 46 | ᴄᴏʟᴇ | 𝙏𝙝𝙚𝙧𝙚 𝙖𝙧𝙚 𝙜𝙤𝙤𝙙 𝙩𝙞𝙢𝙚𝙨 𝙪𝙥 𝙖𝙝𝙚𝙖𝙙

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Ich langweile euch doch nicht etwa mit diesen schmutzigen Details, oder? Ich könnte das Ganze ja abkürzen, indem ich einfach sage: Emma und ich haben einander die ganze Nacht und den ganzen Vormittag lang das Hirn weggevögelt.

Doch das wäre ziemlich langweilig.

Und ihr würdet nicht das Gesamtbild präsentiert bekommen. Bei der ausführlichen Version entgehen euch keine Details. Und ihr kriegt einen Blick aus der Vogelperspektive auf all unsere kleinen besonderen Momente. Momente, die damals albern und unbedeutend schienen – die mir allerdings jetzt unentwegt durchs Hirn schwirren.

Jede einzelne Minute an jedem einzelnen Tag.

Hattet ihr schon mal einen Ohrwurm, der euch nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte? Das Phänomen kennt eigentlich jeder. Und vielleicht ist es ein tolles Lied, möglicherweise sogar euer Lieblingssong. Aber es nervt trotzdem, oder? Es ist nur das halbe Vergnügen. Weil ihr das Lied nicht bloß in eurem Kopf hören wollt – ihr wollt es im Radio oder live bei einem Konzert erleben. Es innerlich abzuspielen ist ein Billigimitat. Eine höhnische Erinnerung daran, dass euch das Original verwehrt bleibt.

Ahnt ihr, worauf ich hinauswill?

Keine Sorge, das werdet ihr schon noch.

Also, wo war ich stehengeblieben? Ach ja, Samstagabend.

»Das ist das perfekte Kissen.«

Wir haben gerade beim Italiener was zu essen bestellt und warten auf den Lieferservice. Emma sitzt meinem Sofa inmitten von einem Meer aus Polstern und Decken. Und ein Kopfkissen liegt auf ihrem Schoß.

»Das perfekte Kissen?«

»Ja«, antwortet sie. »Was Kissen angeht, bin ich echt schwer zufriedenzustellen, aber das hier ist perfekt. Nicht zu platt, nicht zu bauschig, weder zu hart noch zu weich.«

Ich lächle. »Gut zu wissen, Tig.«

Wir haben beschlossen, einen Film zu gucken. Netflix ist die zweitgenialste Erfindung unserer Zeit, gleich nach dem Großbild-Plasmafernseher, versteht sich. Ich gehe die Fernbedienung holen, während Emma irgendwas aus ihrer Tasche auf dem Boden vorkramt.

Hab ich erwähnt, dass wir immer noch nackt sind? Sind wir nämlich. Sehr nackt. Sehr befreiend.

Und es macht Spaß.

All die guten Stellen sind leicht zugänglich – und die Aussicht ist fantastisch.

Als ich zum Sofa zurückkehre, steigt mir ein inzwischen wohlvertrauter Duft in die Nase: süß und blumig. Zucker und Frühling. Die Quelle des Geruchs: Emma, die gerade die Arme eincremt. Ich reiße ihr die Lotion aus den Händen wie ein Hund, der nach einem Knochen schnappt. »Was ist das?«

Gierig halte ich mir die Flasche unter die Nase, atme tief ein und sinke mit einem zufriedenen Stöhnen in die Kissen zurück. Emma lacht. »Du sollst es nicht gleich schnüffeln. Das ist Feuchtigkeitscreme. Mir war nicht klar, dass der Kampf gegen trockene Haut dich so auf Touren bringt.«

Ich betrachte die Flasche. Vanille und Lavendel, steht drauf. Noch einmal schnuppere ich genüsslich. »Es riecht nach dir. Jedes Mal, wenn du an mir vorbeigehst, riecht es nach ... nach Sonnenschein mit 'nem fetten Klacks Zuckerguss.«

Wieder lacht sie. »Mensch, Cole, ich wusste gar nicht, dass du so ein Poet bist! William Shakespeare könnte glatt neidisch werden.«

»Kann man das essen?«

Sie verzieht das Gesicht. »Nein.«

Schade. Ich würde es mir über meinen Teller gießen wie Sauce Hollandaise. Wahrscheinlich muss ich mich damit abfinden, es an Emma zu kosten.

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