| 29 | ᴇᴍᴍᴀ | 𝙊𝙣𝙘𝙚 𝙨𝙤𝙢𝙚𝙤𝙣𝙚 𝙨𝙚𝙚𝙨 𝙮𝙤𝙪𝙧 𝙛𝙖𝙘𝙚 ...

200 35 138
                                    

»Hey, Emma, wie geht's dir?«

»Gut.«

Jemima schaut mich prüfend an. Ich soll mich nicht hinter bedeutungslosen Floskeln verstecken. Ich soll meine Gefühle so ehrlich wie möglich beschreiben.

»Ähm ... okay. Ich bin ... nervös. Hin- und hergerissen. Mir ist ein bisschen schlecht.«

»Hm-hm.« Meine Offenheit wird mit einem Lächeln belohnt. »Wie läuft die Show?«

»Gut, schätze ich. Die Vorab-Aufführungen haben gute Kritiken bekommen. Die Stimmung ist gut.«

»Wie bereitest du dich vor?«

»Ich werde total nervös sein, dann ein paar Konzentrationsübungen machen, um mich selbst davon zu überzeugen, dass ich mich in einen anderen Menschen verwandeln kann, hinter dem ich meine unzähligen Unsicherheiten verstecke.«

Sie schenkt mir ein Lächeln. »Das klingt aber ziemlich anstrengend. Wie verhält sich Cole?«

»Irritierend geduldig. Verständnisvoll. Unnatürlich ruhig. Was uns angeht zumindest. Wegen der Premiere ist er auch nervös.«

»Es klingt so, als würde dich seine Geduld nerven.«

»Tut sie auch. Bei ihm sieht das alles so einfach aus.«

»Ich wette, dass es das nicht ist.«

Die Show beginnt um halb acht. Jetzt ist es drei Uhr nachmittags. Ich hoffe, dass ich entspannter bin, sobald ich das Theater betrete. Gerade fühlt es sich nämlich so an, als hätte ich ein Bleigewicht auf meinem Herzen.

Soweit der Plan.

Meine To-Do-Liste für die nächsten Stunden: Meine Premierenkarten und -Geschenke in den Garderoben verteilen, Yoga und Tai-Chi, am Set spazieren gehen, mich in Bonnies Kopf versetzen, umziehen, versuchen, nicht zu kotzen, auf die Bühne gehen, ohne vorher einen Viehtreiber engagieren zu müssen, eine phantastische Show abliefern.

Einfach.

Dinge auf meiner Not-To-Do-Liste: Von Sinclair besessen sein, kotzen, schreiend aus dem Theater laufen.

Nicht so einfach.

Ich betrete das Theater und gehe direkt zu den Garderoben.

Die meisten Garderoben sind hinter der Bühne, aber ein paar sind auch im Zwischengeschoss. Bob hat sie für die Hauptdarsteller vorgesehen.

Ich packe meine Tasche aus und lege meine Schminke und meine Haarspangen zurecht. Dann ziehe ich mir ein paar Leggins und mein Glücks-Shirt mit Tinkerbell vorne drauf an, ehe ich runter zur Bühne gehe.

Es ist dunkel und das dumpfe Leuchten der Arbeitslichter lässt unheimliche Schatten entstehen.

Na super. Als ob nicht genug Adrenalin durch meine Adern pumpt.

Ich atme tief ein und laufe ein bisschen am Set auf und ab. Lasse die Hände über die Holzbretter und die Gitterstäbe gleiten. Danach betrachte ich die leeren Sitzreihen im Zuschauerraum. Ich versuche, die Gänsehaut zu ignorieren, die sich auf meinen Armen bildet, wenn ich an die Hunderte Augenpaare denke, die mich bald von dort aus anschauen werden.

Ich will heute Abend wirklich gut sein.

Ich will, dass Sinclair gut ist.

Das ganze Stück steht und fällt damit, dass wir beide unser Zeug auf die Reihe bekommen. Ich habe null Ahnung, wie das funktionieren soll.

Ich stelle mich mitten auf die Bühne und atme kontrolliert, während ich mehrere Yoga-Posen durchgehe. Muskeln dehnen, Geist fokussieren.

Nach einer Weile geht mein Yoga in Tai-Chi über. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf meinen Atem. Ein. Aus. Langsame Bewegungen. Atem und Bewegung im Einklang. Angst ausatmen. Selbstvertrauen einatmen.

Act Like It  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt