Ein paar Wochen waren seit dem Badezimmer-Fauxpas vergangen und erneut war es Vegeta und Bulma gelungen, einander weitestgehend aus dem Weg zu gehen.
Mittlerweile war es nicht mehr von der Hand zu weisen - für keinen von beiden - dass es eine gewisse, reizvolle Spannung zwischen ihnen gab. Wenngleich Bulma die Nase eigentlich gestrichen voll von der Männerwelt hatte und Vegeta sich keine unnötigen Ablenkungen zugestehen wollte. Und diese ‚nervige Frau' war eindeutig eine unnötige Ablenkung für ihn!
So ging er lieber seinem alltäglichen Training nach. Denn stärker zu werden, stärker als Kakarott - und nebenbei die Cyborgs zu besiegen - das stand für ihn nach wie vor an allererster Stelle! Zu seinem Unmut jedoch tauchte Bulma immer wieder in seinen Gedanken auf und allein die Tatsache, dass er auch nur an sie denken musste, machte ihn zornig. Aber dieser Zorn wiederum spornte ihn zu Höchstleistungen an!
Bulma hingegen ahnte nicht im Mindesten, dass Vegeta so empfand. Dass er überhaupt einen Gedanken an sie verschwendete.
Für sie war er nach wie vor ein mürrischer Fremder, der durchaus seinen Reiz hatte... aber mehr auch nicht! Die Scham über ihre impulsive Tat unter der Dusche hatte sie inzwischen beiseite- und überdies ihrer damaligen Abgeschlagenheit in die Schuhe geschoben. Denn zu der Zeit war sie einfach nicht sie selbst. Totaaal überarbeitet und vollkommen durch den Wind! Ja, daran musste es gelegen haben!
Denn Vegeta war ja nun nicht unbedingt ein Paradebeispiel für einen typischen, charmanten Prinzen, so wie Bulma ihn aus den Märchen ihrer Kindheit kannte... Wie zum Oberteufel kam es also, dass sie ihn immer noch nicht aus ihrem Kopf bekam und ständig mit einem Auge bei ihm war?
Denn auch jetzt lehnte sie gerade über dem Geländer der großen Gemeinschaftsterrasse, den Kopf in die Hand gestützt, und sah auf die Raumkapsel herab, in der er bereits seit Stunden trainierte.
Die letzte flüchtige Begegnung war Tage her und einzig ein leergefressener Kühlschrank zeugte davon, dass sie einen Saiyajin in ihrem Haus hatte. Der Tagesrhythmus dieses Kerls schien wirklich nur aus Essen, Schlafen, Training und Wiederholung des Ganzen zu bestehen. Er schien so versessen auf seine Selbstoptimierung, dass Bulma sich fragte, ob er überhaupt mal an irgendetwas anderes dachte. Ob er überhaupt mal Freude empfand... Gesunde, aufrichtige Freude! Nicht etwa diese perverse Befriedigung, die offensichtlich mit dem Anblick eines frisch abgekratzten Gegners einherging. Denn überheblich grinsen oder lachen wie ein Wahnsinniger, das konnte er ja durchaus. Aber so richtig zufrieden lächeln? Allein bei der bloßen Vorstellung musste Bulma verdutzt den Kopf schütteln.
Dann schreckte sie aus ihrer Haltung hoch, da sich die Tür des Gravitationsraums plötzlich öffnete und ein vollkommen erschöpfter Vegeta heraustrat. Sie sah, wie er einen Fuß neben den anderen stellte, so als wöge er mehrere Tonnen. Die 400-fache Schwerkraft, mit der er sich da drinnen umgab, sollte ihm hier draußen eigentlich das Gefühl vermitteln, leichter als Luft zu sein. Doch hatte er seinen Körper wieder einmal bis an den Rand der Erschöpfung gemartert, das war ihm deutlich anzusehen. Er beugte sich vor, stützte die Hände auf die Knie und schnappte nach Luft. Dabei brabbelte er irgendetwas vor sich hin und Bulma glaubte, wieder einmal „Kakarott" und „stärker werden" vernommen zu haben.
Nein, ausgeschlossen, dass dieser Kerl auch mal an etwas anderes dachte... geschweige denn glücklich war.
Seufzend drehte Bulma sich schließlich um - und erschrak auf der Stelle, als sie in die Gesichter ihrer Freunde und Familie blickte! Nebst ihren Eltern waren Oolong, Muten Roshi, Chichi und einige Arbeitskontakte plötzlich auf der Terrasse versammelt. Und in ihrer Mitte hielten sie eine große, runde Torte mit der Aufschrift ‚Happy Birthday'.
Ein gerührtes Lächeln zeichnete sich auf Bulmas Gesicht ab und sie presste sich eine Hand auf die Brust.
„Oh mein Gott, wie lieb von euch!", rief sie überrascht aus. „Bei all dem Stress in letzter Zeit hätte ich doch glatt beinahe meinen eigenen Geburtstag vergessen... Könnt ihr das glauben?"
„Nein, ist wirklich schwer zu glauben", murmelte Oolong mit Seitwärtsblick und verschränkten Armen, denn Bulma feierte ihren Geburtstag ja sonst immer mit Pauken und Trompeten.
Für diese freche Bemerkung bekam er aber direkt eine Kopfnuss von Chichi verpasst.
„Autsch! Hee!"
„Das wissen wir", sagte Dr. Briefs dann zu Bulma. „Aber nun, da du fertig geworden bist, haben wir ja sogar gleich zwei Gründe, um zu feiern, meinst du nicht?"
Denn Bulma hatte die Präsentationen endlich beendet und fristgerecht abgegeben! Und nun hieß es nur noch auf grünes Licht der hiesigen Unternehmen zu warten. Aber da die Capsule Corporation einen überaus guten Ruf genoss und Bulmas Arbeit wie gewohnt vor Brillanz nur so strotzte, waren die Briefs wie immer zuversichtlich. Sie waren wirklich stolz, eine derart talentierte und intelligente Tochter zu haben!
Fröhlich stießen sie nun alle mit ihren Sektgläsern an.
„Auf dich, Bulma!!"
Und während die Party in Gang kam, alle fröhlich feierten, lachten und ausgelassen zur Musik tanzten, kam Bulma nicht umhin, immer mal wieder einen Blick zur Raumkapsel hinunter zu werfen. Vegeta war indes wieder darin verschwunden.
Und in jenem Moment tat er ihr irgendwie ein bisschen leid. Denn diese Momentaufnahme, dieser Vergleich ihrer beider Leben, zeigte ihr deutlich auf, was für ein einsamer Kerl er eigentlich war. Sie selbst war ein so fröhlicher und geselliger Mensch, doch Vegeta hingegen... schien so bitter und so voller Frust. Gepaart mit seinem stolzen, unabhängigen Naturell war er wahrlich eine verdammt harte Nuss.
Und Bulma erkannte nun auch, was es war, das in ihr den Wunsch geweckt hatte, für ihn da zu sein, trotz - oder vielleicht sogar gerade wegen - seiner stets ablehnender Haltung.
Sie wollte diese harte Nuss knacken.
Und die nächstbeste Gelegenheit, die sich dazu bot, wollte sie sofort beim Schopfe packen. Denn unerwarteterweise - sie konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal hier oben angetroffen zu haben - fand sie Vegeta eines späten Abends auf der Gemeinschaftsterrasse vor.
Sie hatte ihn wirklich nur durch Zufall entdeckt, denn dank ihrer neugewonnenen Freizeit war sie soeben erst von einer ausgedehnten Shoppingtour, mit anschließendem Kino- und Restaurantbesuch, heimgekehrt. Jetzt, wo die stressigen Präsentationen erst einmal beendet waren, hatte sie endlich mal wieder Zeit für sich und diese kostete sie auch in vollen Zügen aus!
Die Arme voller Einkaufstüten war sie also durchs Haus gelaufen und hatte im Vorbeigehen einen flüchtigen Blick durch die offene Terassentür auf Vegeta erhascht.
//Nanu?//
Sie hielt inne und beobachtete ihn einen kurzen Moment, sah zu, wie er am Geländer stand, die Arme vor der Brust verschränkt hielt, und in den Nachthimmel hinaufsah. Er wirkte nachdenklich.
Und auch Bulma wirkte nun einen Moment langnachdenklich. Wenn sie ihm die ganze Zeit aus dem Weg ging, würde sie womöglich nie aufhören, sich über ihn Gedanken zu machen! Sie musste ihn seines Sonderstatus' entheben und ihn einfach wie einen ganz normalen Menschen - oder besser gesagt Saiyajin - behandeln!
Kurzerhand stellte sie also ihre Einkäufe ab und ging dann zu ihm hinaus auf die Terrasse. Zweifelsohne spürte Vegeta ihre Annäherung, doch bis auf einen kühlen Blick aus dem Augenwinkel hatte er keinerlei Grußreaktion für sie übrig.
Neugierig, wie Bulma nun mal war, sprach sie ihn einfach ohne Umschweife an. „Was machst du hier?", wollte sie wissen, wobei sie sich in einem Abstand von etwa zwei Metern neben ihn stellte.
Vegeta verzog keine Miene, antwortete ihr aber dennoch, wenngleich auch in seiner üblich schroffen Ausdrucksweise. „Ich sehe mir den Vollmond an."
Er klang leicht genervt, schien ihre Nähe jedoch zu tolerieren, denn er machte keine Anstalten, die Terrasse wieder zu verlassen oder sie gar zu vertreiben. Letzteres hätte Bulma sich wohl ohnehin nicht bieten lassen. Und genau das war wohl auch der Grund für seine Duldsamkeit: Sie war taff und hatte ihm gegenüber schon oft Mut und Beharrlichkeit bewiesen. Auf eine gewisse Weise respektierte er sie dafür - obgleich er ihr das niemals ins Gesicht gesagt hätte.
Seine Aussage lenkte ihren Blick nun ebenfalls zum Vollmond hinauf und sofort begannen ihre Augen vor Entzücken zu glänzen.
„Er ist wunderschön", musste sie zugeben. Doch schon im nächsten Moment zog sie eine erschrockene Grimasse und riss den Kopf zu Vegeta herum. „D-Du wirst dich doch aber nicht in einen Riesengorilla verwandeln, oder?"
Ein milde verächtliches Schnauben drang aus Vegetas Nase.
„Nein", sagte er. „Nicht mehr, seit mir dieser kleine Bastard den Schwanz abgeschnitten hat."
Erleichtert ließ Bulma die Luft ausströmen. „Stimmt ja..."
Dann blickte auch sie wieder zum Mond hinauf.
Ein Moment der Stille zog vorüber, ehe sie Vegeta schließlich fragte: „Wie war das eigentlich auf eurem Heimatplaneten? Habt ihr euch da ständig verwandelt und alles verwüstet?"
Im selben Moment fühlte es sich ein wenig befremdlich für Bulma an, ihn nach seinem ‚Heimatplaneten' zu befragen, denn es führte ihr vor Augen, dass sie sich gerade mit einem Außerirdischen unterhielt. Ein merkwürdiger Gedanke... Denn im Gegensatz zu den Namekianern, die allein optisch ausgesprochen überzeugende Bilderbuch-Aliens abgaben, sahen Vegeta und Son Goku ja wie ganz normale Menschen aus. Schwer vorstellbar, dass sie auf einem ganz anderen Planeten geboren worden waren.
„Auf Vegeta waren die Mondzyklen länger als hier auf eurer Erde", erklärte er ihr, ohne sie anzusehen. „Einen Vollmond gab es dort nur etwa alle acht Jahre."
Bulma lauschte interessiert den Worten des Außerirdischen, mit dem sie hier auf ihrer Terrasse stand. Sie musterte ihn und fragte sich, da er einfach so menschlich anmutete, sowohl körperlich als auch geistig, was sie denn wohl voneinander unterscheiden mochte... Von der unnatürlich hohenKampfkraft mal ganz abgesehen.
So stellte sie ihm weitere Fragen zu seinem Heimatplaneten, seinem Volk und seiner Familie - welche er ihr, wenngleich auch in keinem sehr freundlichen Ton, überraschend bereitwillig beantwortete.
Es musste am bloßen Anblick des Vollmondes gelegen haben, dass Vegeta auf einmal ein wenig redselig wurde. Diese große, leuchtende Scheibe am Himmel war Auslöser der rohen, animalischen Kraft eines Saiyajins und erinnerte ihn somit wohl gleichsam an seine Herkunft.
Und so erfuhr Bulma unter anderem, dass auf Vegeta eine 10-mal höhere Schwerkraft als auf der Erde geherrscht hatte und die Saiyajins schon aufgrund dessen über sehr widerstandsfähige Körper verfügten. Sie erfuhr auch von der Rekrutierung durch Freezer - was sich in ihren Ohren jedoch eher nach einer Versklavung anhörte - und wie dieser am Ende ihren Planeten zerstört hatte. Vegeta ging dabei nicht sonderlich ins Detail und Bulma war auch taktvoll genug, nicht weiter nachzuhaken.
Allein beim bloßen Gedanken an Freezer lief es ihr ohnehin eiskalt den Rücken herunter. Jedoch war er, während ihres Aufenthalts auf Namek, gar nicht der einzige gewesen, vor dem sie sich zutiefst gefürchtet hatte. Auch Vegeta wusste ihr damals eine Höllenangst einzujagen. ‚Ungeheuer' hatte sie ihn genannt, denn als ein solches hatte sie ihn auch wahrgenommen.
Doch nun stand sie hier mit ihm, Seite an Seite. Und während er ihr von Freezer erzählte - stolz und arrogant hatte er sich über ihn geäußert - erkannte Bulma, dass diese Zeit durchaus ihre Spuren bei ihm hinterlassen hatte.
//Sein Leben unter Freezer muss ziemlich schrecklich gewesen sein//, dachte sie mit traurigem Blick in seine Richtung. //Bei dieser Vergangenheit ist es kein Wunder, dass er so geworden ist...//
Sie wusste, dass seine grausamen Morde damit in keiner Weise zu entschuldigen waren, begann aber dennoch ein klein wenig Verständnis für sein gefühlskaltes, unnahbares Wesen zu entwickeln.
Ohne wirklich darauf zu achten, hatte sie den Abstand zu ihm verringert und da sie sein Gesicht noch immer von der Seite betrachtete, versank sie nun regelrecht in seinen schwarzen Augen, in denen sich das Mondlicht reflektierte. Während er sprach, hatte er unentwegt zum Mond hinaufgesehen.
„Aber der Vollmond scheint ja eine besondere Wirkung auf dich zu haben", merkte sie in ruhigem Tonfall an und als Vegeta sie dann aus dem Augenwinkel ansah, wendete sie ihren Blick nicht ab.
Er hingegen schon. Und dabei zog er verstimmt die Brauen zusammen.
Denn //Genau wie du...// war das erste, was ihm daraufhin in den Sinn kam und sofort war er über diesen Gedanken erzürnt.
Er rümpfte lediglich die Nase, auf der sich Wutfalten bildeten und presste die verschränkten Arme etwas fester gegen seine Brust.
Er blieb aber an Bulmas Seite stehen und so sahen die beiden noch eine ganze Weile lang schweigend in den Nachthimmel hinauf. Und vielleicht sahen sie einander dabei abwechselnd an... immer dann, wenn der andere gerade nicht hinsah.
pic by TokyoSaiyan https://www.deviantart.com/tokyosaiyan/art/Goku-and-Vegeta-SSJ4-908137829
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Lower Instinct - beginning of vegebul (+ gochi, tenlunch)
FanfictionIst Trunks aus Liebe entstanden? Oder war es pure Leidenschaft, die seine Eltern damals kurzweilig füreinander hegten? Die niederen Instinkte wissen durchaus zu gedankenlosen Taten zu verführen - doch fallen ihnen in dieser Version der VegeBul-Roman...