Siebzehn Stunden und siebentausend Meilen

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  »Ich hätte es dir sagen sollen, bevor wir...«

  »Ja, das wäre nett gewesen. Dann hätte ich die Wahl gehabt, ob ich dein dummes Spielzeug sein will oder nicht.« Es war nicht fair, ihm das zum Vorwurf zu machen, das wusste ich selbst. Er hatte mehrfach betont, dass wir nicht miteinander schlafen müssten, nur weil sich gerade eine Gelegenheit bot. Dass er warten würde, bis ich mir mit uns sicher war. Doch die Worte waren längst raus. Wenn ich geahnt hätte, wer er war, wäre es nie so weit gekommen. Nicht zu dieser Reise nach Montreal, nicht zu dieser Nacht.

  »Du bist kein Spielzeug. Wenn ich hier bin, halte ich mich immer fern von den Backpackern, aber bei dir...« Er schüttelte kurz den Kopf. »Fuck, Mia. Ich konnte dir nicht aus dem Weg gehen und irgendwann war ich an einem Punkt, da wäre es mir lieber, wenn ich wirklich nur Kyle wäre.« Er stand weiter am Rahmen und die Distanz zwischen uns fühlte sich schwerer an.

  »Bist du aber nicht.« Ich erinnerte mich daran, wie er sagte, ich solle ihn kennenlernen. Aber wie viel von dem, was ich kannte, war in Wirklichkeit er?

  »Eigentlich schon, bis auf die Tatsache, dass ich auf der Farm meiner Eltern nur ab und an helfe. Es ist eine Straußenfarm und ich verdiene mein Geld als Sänger und Gitarrist der Band Lucky Dilemma. Ich traue den meisten Menschen nicht über den Weg und trinke gerne mal einen guten Whiskey. Ich rauche nicht wirklich, aber wenn ich zu viel grüble und die Welt mich nervt, dann kommt es vor. Ich liebe es abends ein Brot mit Vegemite zu essen und wenn ich Zeit habe, eine sinnlose Serie zu sehen. Vor allem aber hasse ich es, dich verletzt zu haben, denn ich mag dich Mia. Viel zu sehr. Ich wollte dir nicht die Konsequenzen zeigen, die es mit sich bringt, sich auf mich einzulassen. Es würde bedeuten, dass...«

  »Mein ganzes Leben öffentlich ist und ich letztendlich alles hinter mir lassen müsste. London, Ebony, meine Familie.« Mir war es bewusst, was es bedeuten würde.

  »Ich war egoistisch und wollte das hier, so lange wie es möglich ist, weil ich wusste, dass ich das von dir nicht verlangen kann. Und es gibt keinen Weg diese beiden Leben zu trennen. Egal wie sehr ich es mir wünsche. Ich liebe, was ich tue und du, was du tust. Mit einem Farmer nach Australien auswandern, kein Problem. Als Freundin des Leadsängers einer recht erfolgreichen Band?« Seine Worte brachen mein Herz ein weiteres Mal am selben Tag. Und genau deswegen war es nicht fair. Ich hätte die Wahl haben müssen es zu schützen. Zu entscheiden, mich von ihm fernzuhalten.

  »Und wenn ich in London bleibe und du in Perth scheitern wir, weil da nie genug Zeit für uns wäre.« Sprach ich aus, was er sich nicht zu sagen wagte.

  »Für mich nach London zu reisen, wäre aus vielen Gründen einfacher, als für dich zu mir zu kommen.« Er trat einen Schritt auf mich zu, hielt dann aber inne. »Es würde bedeuten, dass ich oft länger weg wäre.«

  »Siebzehn Stunden Flugzeit, mindestens. Sieben Stunden Zeitunterschied, siebentausend Meilen«, listete ich auf, was uns trennte. Wir wussten es, seit er, damals bis drei zählte und ich mich ihm entgegenstreckte. Es war ein Fehler. Ein gewaltiger. Denn es lagen Welten zwischen uns. Hürden, die man nicht eben mal überbrückte. »Und wenn du unterwegs bist, sicher auch mal mehr.« Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter und mit ihm das Bedürfnis, mich an ihn zu lehnen, seinen Duft tief einzusaugen und daran zu glauben, dass die Welt morgen besser wäre. Das ich aufwachen würde und alles so wäre, wie gestern. Ich war sauer auf ihn, weil er gelogen hatte. Ich war verletzt, weil er mir nicht genug vertraute. Aber tief in mir verstand ich es. Wenn ich ein verrückter Fan wäre, oder jemand, der nur auf sein Geld aus war, schützte diese Lüge ihn. Mit jedem Blick in seine Augen verrauchte meine Wut ein Stück mehr und ich hasste mich dafür, dass ich ihn nicht hassen konnte. Zum ersten Mal verstand ich diese Worte. Nun war ich es, die einen Schritt auf ihn zumachte.

behind the curtainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt