Zwischen Traumwelt und Realität

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  Ebony schien sich bei den Jungs wohlzufühlen und im Gegensatz zu mir, schien Chad sie sympathisch zu finden, denn sie lachten viel. Kurz hatte ich die Sorge, sie verriet sich, als sie meinte, wir haben eine Freundin hier in Sydney getroffen. Aber im Lügen war sie schon immer gut. Ich war angespannt. Nicht nur, weil ich Sorge hatte, sie könnte Elisa verraten, vor allem, weil Sam mich beobachtete wie ein Luchs. In der Hoffnung, mich allein abzupassen. Doch was das anging, war ich besser vorbereitet. Ihr war hoffentlich klar, dass ich Ebony eingeweiht hatte.

  »Das ist nicht euer Ernst. Ihr schlaft nicht im Coogee Bay.« Leo sah von Ebony zu mir.

  »Na ja, doch.«

  »Du warst also nur eine Straße entfernt?« Kylan hatte mich auf seinen Schoß gezogen, da nicht viel Platz war.

  »Ja.« Ich zuckte entschuldigend die Schultern.

  »Zu ihrer Verteidigung, wir saßen mit Elle zusammen auf dem Balkon.«

  »Wo wohnt denn diese Freundin? Ich kenn mich hier ein bisschen aus.« Leo sah sie forschend an.

  Oh Ebony, damit hatte keiner von uns gerechnet.

  »Liverpool.« Das kam so aus der Pistole geschossen, dass das nur gelogen sein konnte. Ich fragte mich kurz, ob das wirklich ein Stadtteil war oder ihr einfach nur der Fußballverein durch den Kopf ging, den Liam liebte.

  »Na ja, wir waren ja nicht bei ihr. Sie hat uns vom Flughafen abgeholt und zum Hotel gebracht, weil es schon spät war und Mia nicht auffliegen sollte.«

  »Lügen die uns an?« Chad sah von mir zu Ebony.

  »Vielleicht ist Elle ja auch ein Kerl.« Olivia sah zu Kylan, wartete auf seine Reaktion.

  »Nope.« Ebony zeigte das Bild von gestern, auf dem man 3 Frauenhände anstoßen sah. Ehe Chad auf das Bild sehen konnte, schlug Leo Ebony das Telefon aus den Händen und ich verstand warum. Mein Blick blieb an Chads Hand hängen. An dem Ring, an seinem Finger.

  »Hat der Ring eine Bedeutung?« Eine Frage, auf die ich die Antwort kannte, aber ihn hoffentlich davon ablenkte, dass Ebony ihr Telefon vom Boden aufhob. Das Kylan die Luft scharf einsog, machte deutlich, dass das keine gute Frage war. Schon gar nicht von mir. »Ich mein nur, Bon trägt ja auch einen Ring ihres Großvaters.« Zum Glück war das keine Lüge. Ebony hob die Hand, an dem der Siegelring ihres Großvaters zu sehen war.

  »Wichtige Menschen sollte man immer bei sich haben.«

  Chad lehnte sich zurück, sah mich kurz finster an, ehe er sich Ebony zuwendete. »Schicker Ring.«

  Ebony plapperte direkt drauf los, wie ihr Großvater zu dem Ring kam und verwickelte, Chad in ein Gespräch, während Kylan mich näher an sich heranzog. »Du weißt, was das für ein Ring ist?«

  »Ja.« Es war so leise, dass ich mir nicht mal sicher war, ob er mich verstand.

  »Ist Elle zufällig Elisa?« Seine Lippen streiften mein Ohr und ich zuckte zusammen. Ich wusste nicht, ob das gut, oder schlecht war, erwischt worden zu sein.

  »Ja.«

  Er schien nicht zu wissen, was er darauf antworten konnte. Ich war ihm eine Erklärung schuldig, wie Ebony und ich Elisa ausfindig machten, was nun jeder von ihnen wusste, nur Chad nicht. Ein Hoch auf die guten Reflexe von Leo.

  Das ich nicht mit Ebony zum Hotel fuhr, war uns beiden klar. Interessanterweise kamen Chad, Leo und sie noch auf die Idee Karten zu spielen und ich hoffte nur, Ebony würde sich nicht verplappern.

  Wir stiegen vor meinem Hotel aus, denn wir konnten zu seinem laufen, sobald ich meine Sachen aus dem Zimmer geholt hatte.

  »Wie kommt es, dass Chad seit Jahren nichts von Elisa hört und du mit ihr auf eurem Balkon Bier trinkst?« Er lehnte an der Tür zu unserem Zimmer, in dem es dank Ebony aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Zum Glück kannte er sie und ihr Chaos längst.

  »Sie hat mich angerufen.«

  »Stopp, was?« Er stieß sich ab und lief auf mich zu. »Wie, sie hat dich angerufen?«

  »Vor einer Weile. Sie hat die Nummer von Ebony bekommen.«

  Er stand nun vor mir. »Und woher weiß Ebony wer Elisa ist, und woher weißt du von ihr?«

  »Leo«, antwortete ich ehrlich. »Und Nole hat sie an meinem letzten Abend erwähnt. Sie hat mich gesucht, nicht ich sie.«

  »Ich kapier das nicht«, seufzend ließ er sich auf das Bett fallen und sah mir zu, wie ich meine Sachen einsortierte.

  »Musst du nicht.« Ich stopfte die letzten Sachen in den kleinen Rucksack. »Sie hat kein böses Wort über euch fallen lassen. Aber sie war heute auch da.«

  »Ich...« Er fuhr sich durch die Haare, schien noch immer verwirrt. Ich überlegte, ihm von Sam zu erzählen. Von ihren Angeboten und das Elisa es damals annahm. Doch ich entschied mich dagegen.

  »Sie wollte wissen, wie es Chad geht und ob die Sachen über ihn wahr sind.«

  »Und das fragt sie keinen von uns?«

  »Nein, weil ihr es Chad verraten würdet und er sah nicht so aus, als wäre er über diese Sache hinweg.« Ich ließ mich neben Kylan auf das Bett fallen.

  »Hoffen wir nur, Ebony verfällt seinem Charme nicht. Dann hast du ein weiteres Problem.«

  »Sie kann mit One-Night-Stands super umgehen.« Ich sah ihn von der Seite aus an. »Aber ich glaub sie hat sich im Griff. Girl Codex.«

  »Du fliegst dann sicher auch bald wieder.« Er lenkte das Thema nun auf das Unausweichliche.

  »Übermorgen«, seufzte ich. »Das hier war so eine spontane Aktion von Ebony.«

  »Von ihr kannst du dich also einladen lassen?«

  Bitte nicht wieder dieses Thema. Ich schloss die Augen. »Sie hat es gemacht, damit wir wieder reden.«

  »Ich verstehe das Problem dahinter nicht. Willst du mich nicht sehen?« Noch nie sprach er es so deutlich aus, was er für meine Beweggründe hielt.

  »Ich würde mich an dich ketten, wenn das ginge. Ich sehe auf der Bühne nur ein bisschen merkwürdig aus.«

  »Bleib bitte mal ernst.«

  »Ich meine es ernst, Surferboy. Aber das hier fühlt sich immer noch an, wie ein Tanz zwischen Traumwelt und Realität.«

  »Und wie kann ich dir begreiflich machen, dass ich dich einfach nur bei mir haben will und bereit bin einen ganzen Kontinent zu verschieben, wenn ich es könnte.« Er legte seinen Arm um mich. »Ich will dir nicht deine Eigenständigkeit nehmen. Ich will nur mehr Zeit. Und ich bin bereit dafür zu zahlen.«

  »Halt die Klappe, das klingt schon wieder nach Pretty Woman.« Ich stieß mit meiner Schulter leicht gegen die seine.

  »Du weißt aber wie ich es meine, oder?«

  Ich nickte. Es lag nicht daran, dass ich ihn nicht verstand. Ich könnte mein ganzes Geld dafür ausgeben, nur um morgens neben ihm aufzuwachen. Doch wir beide allein waren nun mal nicht alles.

  »Ich will nicht, dass du das Gefühl hast, für mich zahlen zu müssen, nur weil ich keine reiche Musikerin bin.«

  »Komm her.« Er zog mich in seine Arme. »Du weißt, ich habe mich in dich verliebt, weil du keine reiche Musikern bist.«

  Sydney machte den Anschein die Wogen zu glätten. Wenn auch nur kurzfristig. Denn Olivia schien eine weitere Schippe drauflegen zu müssen. Ich war immerhin Sam erfolgreich aus dem Weg gegangen und sie traute sich auch nicht, mir erneut am Flughafen aufzulauern. Ebony war einem One-Night-Stand mit Chad ebenfalls entgangen und hatte sich auch nicht in Leo verguckt. Es wurde also nichts, aus unserem Super-Trio mit Elisa. Doch all das, was Sydney wieder gutgemacht hatte, zerstörte London in wenigen Tagen. Eher gesagt, Wes. Der mir permanent unter die Nase rieb, dass die Bilder von Olivia mehr sagten, als ich wahrhaben wollte. Ich versuchte, diesen ganzen Mist nicht mehr an mich heranzulassen und keine weiteren unnötigen Streitereien mit Kylan anzufangen. Auch wenn es schwer war. Ich hatte ihm versprochen, ihm zu vertrauen. Sam blieb still, was mich wiederum unruhig werden ließ. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Sie würde mich nicht davon kommen lassen. Nicht, nachdem wir mit unserem letzten Streit ziemliche Unruhe in die Gruppe brachten. Ich fieberte dem ersten Konzert in Europa entgegen. Versuchte mich daran festzuhalten, dass wir uns wie besprochen sahen.

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