Ein Klopfen an unserer Tür riss mich aus meinen Gedanken. Ich war hin und her gerissen, ob ich Kylan schreiben sollte, wie falsch die Worte waren, die ich ihm zuletzt an den Kopf warf. Aber waren sie das? War ich die Böse? Benahm ich mich wie ein schlechter Mensch? Ich wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Diese Gefühlsachterbahn brachte Seiten an mir hervor, die ich nicht kannte und die mir eine scheiß Angst einjagte. So war ich nie und wollte es auch nie sein.
»Ich komme schon«, brummte ich, nachdem es erneut fest gegen die Tür klopfte. Vielleicht war es Kylan und wir konnten das Ganze doch noch klären. Doch ein Blick durch den Spion verriet, dass das niemand war, den ich sehen wollte, oder erwartete.
»Mach auf, ich weiß du bist da, Hayes.«
»Was willst du hier, Chad?« Ich öffnete die Tür und starrte zu dem großen Drummer hinauf. Sein Gesichtsausdruck war leer. Gab es denn überhaupt irgendeine Gefühlsregung in diesem Bären?
»Reden.« Er drängte sich an mir vorbei und ich sah ihm nur nach.
»Ich habe keine Ahnung, über was wir reden sollten.«
»Tu uns und vor allem Kylan einen Gefallen und verschwinde endlich aus seinem Leben. Dein Drama gefährdet die Band.« Er verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust, was ihn nicht weniger angsteinflößend wirken ließ. Ich war allein, niemand würde mir helfen, wenn er mich doch um die Ecke brachte. Nicht dass ich das dachte. Okay, vielleicht ein klein wenig.
»Gott, mischt sich jetzt jeder ein?«
»Sehe ich aus wie jeder? Aber vielleicht ist das auch nötig, so wie du dich aufführst.« Er trat einen Schritt auf mich zu. »Olivia gehört zu unserer Familie. Wir fühlen uns alle verantwortlich für sie.« Und schon fiel ausgerechnet ihr Name. Olivia war so allgegenwärtig, als wäre sie eine Heilige und davon war sie weit entfernt.
»Okay, dann erkläre mir, warum immer nur Kylan auf ihrem scheiß Profil auftaucht. Warum nicht du, oder Leo! Komm schon Chad. Ihr seht es doch alle!« Erneut platzte alles aus mir heraus und vielleicht, weil ich Chads Gefühle damit nicht verletzen konnte. Nicht wie bei Kylan. Ich durfte alle Worte, all den Hass rauslassen, den diese Frau in mir schürte. Und sie ungefiltert auf ihn loslassen. Es würde ihn nicht mal jucken.
»Sie mag ein bisschen verknallt sein, mein Gott. Hast du echt Angst vor einem kleinen Mädchen?« Er schüttelte den Kopf. Der Gedanke, dass ich Olivia als Konkurrenz betrachtete, schien ihn zu belustigen.
»Ich habe keine Angst vor einem kleinen Mädchen, sondern vor einer Frau, die immer da ist, wenn er jemanden braucht.«
Er lachte auf. Es klang so bitter, dass es mich zusammenfahren ließ.
»Du hast Angst, dass Olivia ihn dir wegnimmt? So wie du dich aufführst, bist du auch nah dran es zu schaffen. Dass ist das Problem mit euch Weibern. Ihr kapiert nicht, was ihr habt.«
Redete er noch von mir, oder von Elisa, die ihn sitzen ließ.
»Bleib heute weg, und am besten für immer Mia. Kyle hat diesen ganzen scheiß nicht verdient.«
Ich holte tief Luft. Denn das, was ich dem Riesen gleich an den Kopf schmettern würde, würde ihm sicher nicht gefallen. Aber ich hatte keine andere Wahl. Denn ich verstand mittlerweile genau, woher dieser Hass auf mich kam. Es war eine Erleuchtung, die mir schon viel früher hätte kommen können. »Es geht dabei nicht um Kyle. Es geht um dich. Du machst das ganze nur, weil du ein Niemand wärst, wenn er Lucky Dilemma verlassen würde. Weil du dann nichts mehr hättest. Du hast dich damals für die Band entschieden, statt für das Mädchen und die Band. Du denkst, es kann immer nur eines geben und jetzt hast du Angst, dass deine Entscheidung falsch war. Kurzes Memo an dich. Sie war falsch!« Ich riss die Tür auf und deutete ihm an zu verschwinden. Dieses Gespräch war beendet. Der Riese sah zu mir, stieß hart die Luft aus.
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behind the curtain
Romance»Siebzehn Stunden Flugzeit, sieben Stunden Zeitunterschied, siebentausend Meilen« Eine Auszeit in Kanada, fern ab ihres Ex-Freundes Wes, um ihre Muse zu finden. Das klang bei einer Flasche Rotwein für die junge Autorin Mia Hayes noch wie ein guter P...