»Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?« Ebony musterte mich fragend. Die Zweifel in ihrem Blick waren kaum zu übersehen.
»Habe ich noch eine andere Wahl?« Ich zuckte die Schultern und sah zu dem Rucksack auf meinen Schoß.
»Redet in Ruhe darüber. Die letzten Wochen waren verrückt und vielleicht klärt sich all das noch mal auf.« Sie drückte meine Hand, doch ich schüttelte den Kopf. Es gab nichts, was etwas an dieser Entscheidung ändern würde. Es lag nicht nur an dem, was in den letzten Wochen passiert war. Menschen wie Olivia würden immer wieder in sein Leben treten und es war an mir, mich zu fragen, ob ich mit all dem leben konnte. Die Antwort war so offensichtlich und dennoch brauchte es Chad und Leo, um sie mir klarzumachen. Es zerfraß mich. Liebe reichte scheinbar wirklich nicht immer aus. Vor allem, wenn einer mehr liebte als der andere. Und in meinem Fall war ich wohl diejenige, die weniger liebte.
»Versprich mir, mit ihm zu reden.«
Ich nickte. Das war der Grund, warum ich es auf diesem Wege tun wollte. Kylan und ich waren überstürzt in diese Sache gesprungen. Hatten uns von Kanada und den rosa Wolken blenden lassen, bis die Realität hart an unsere Türen klopfte. Es wäre nur fair mit ihm darüber zu reden, dass unsere Welten nicht kompatibel waren. Es gab keinen Weg für uns und es stand zum derzeitigen Augenblick vollkommen außer Frage, mein Leben für ihn aufzugeben. Ich war nach Kanada geflogen, um mich zu finden, und hatte mich dabei gänzlich aus den Augen verloren. Die Mia, die er liebte, gab es gar nicht.
»Ich verstehe langsam, warum manche per Text Schluss machen.« Ich sah zu meinen zitternden Händen.
»Sein letztes Geld für ein solches Gespräch zusammen zu kratzen ist auch nicht normal. Aber das zeigt, wie viel dir an ihm liegt.« Genau darin lag das größte Problem. Mir lag so viel an ihm, doch alles, was mich betraf, war nebensächlich geworden. Ich arbeitete mittlerweile in einem nervigen Bürojob. Mein Leben drehte sich um Kylans Kalender.
»Es war ein Abenteuer.« Ich schluckte die Tränen hinunter, die sich ihren Weg über meine Wangen bahnen wollten. Passend zum Regen, der auf die Windschutzscheibe prasselte. Immerhin hielt sich London heute an die nötige Theatralik.
»Abenteuer sind etwas für Menschen ohne Gefühle«, zitierte mich meine beste Freundin. »Ihr seid perfekt. Aber euer Timing ist echt mies.«
Ich lachte bei ihren Worten auf. »Wenn es nur das Timing wäre.« Ich schnallte mich ab und griff nach dem Öffner. »Ich rufe dich an, wenn ich gelandet bin.«
»Ich hole dich morgen ab.« Sie beugte sich zu mir rüber und schloss mich in eine feste Umarmung, in die ich mich fallen ließ. »Und jetzt wisch die Tränen weg, sonst lassen sie dich nicht in den Flieger.« Verstohlen wischte ich mir über die Augen, zog den Hoodie tief über mein Gesicht und öffnete die Tür, nur um kurz darauf auf die Anzeigetafel zu sehen, und wie damals mich zu fragen, warum der Flug nicht annulliert wurde. Das würde es leichter machen. Doch schweren Herzens lief ich zur Kontrolle. Jeder Schritt brachte mich dem Ende näher. Es gab keinen Song, der mich begleitete, denn diese kurze Reise, war die schwerste von allen.
Der Flug war kurz. Die Taxifahrt dafür etwas länger. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, sie würden noch auf der Bühne stehen. Ich kannte das Set auswendig und wusste genau, welcher Song gerade lief. Inseparable. Den Kloß in meinem Hals schluckte ich mühsam hinunter. Wie er sich irrte. Wir waren wohl doch nicht mehr so unzertrennlich.
»Etwas spät für das Konzert«, brummte der Fahrer.
»Ich gehe nicht auf das Konzert. Ich treffe dort jemanden.« Sein Blick über den Rückspiegel war fragend. Ich hatte die Kapuze meiner Jacke tief ins Gesicht gezogen. In den Wochen gab es genug Tratsch und Klatsch. Ich wollte lieber unerkannt bleiben.
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behind the curtain
Roman d'amour»Siebzehn Stunden Flugzeit, sieben Stunden Zeitunterschied, siebentausend Meilen« Eine Auszeit in Kanada, fern ab ihres Ex-Freundes Wes, um ihre Muse zu finden. Das klang bei einer Flasche Rotwein für die junge Autorin Mia Hayes noch wie ein guter P...