Drei Wochen später war es so weit. Ich tauschte den Gutschein gegen zwei Flugtickets ein, die knapp zwei Wochen später dafür sorgten, mich nach Australien zu bringen. Mit Timothy vereinbarte ich, von dort aus zu arbeiten und regelmäßig an den Nachmittagsmeetings teilzunehmen. Es bestand keine Hoffnung, wenn ich zurückkam, dass Wes aus der Wohnung verschwunden war und ich mich danach nicht mehr mit seinen schlechten Kommentaren herumschlagen würde. Ebony war zwar auf ihn zugegangen und bat ihn, sich doch langsam mal nach einer Wohnung umzusehen, aber mehr war nicht passiert.
Es war eine Flucht. Ich nutzte den Notausgang, den Kylan mir schickte. Es reichte für einen Nonstopflug und einen 1-Stop Rückflug. Vier Wochen, mehr war erst mal nicht drin. Es war ein Versuch in so vielerlei Hinsicht. Wie war das Zusammenleben mit Kylan in seinem Umfeld? Klappte es, den Job von York aus zu erledigen? Und kamen die anderen Bandmitglieder mit mir klar? In London konnten wir uns noch recht unerkannt bewegen. Wie war das hier? Würde ich seine Eltern kennenlernen?
Ich war den ganzen Flug über so aufgeregt, dass ich kein Auge zumachte. Obwohl ich todmüde war, hielten meine Gedanken mich wach. Kanada war ein Abenteuer, aber das hier war heftiger. Keine dieser Fragen musste ich mir damals stellen. Meine Knie zitterten, als ich meinen Rucksack vom Band zog. Wir hatten ein gutes Timing. Frühjahr in Kanada als wir uns kennenlernten, jetzt Frühjahr in Australien. Durchaus verwirrend, wenn bei uns der Herbst kam. Mein Visum war problemlos durchgegangen und so schritt ich in die Ankunftshalle. Ich musste nicht lange suchen, denn vor mir stand schon ein kleines Mädchen mit einem Schild »Prinzessin Mia« darauf und grinste breit. Hinter ihr erkannte ich Kylan, trotz seiner Baseballkappe und er dunklen Sonnenbrille.
»Da ist sie, da ist sie!«, rief Blake erfreut und hüpfte wie ein kleiner Flummi auf und ab. Ich lief auf die beiden zu, stellte meinen Rucksack ab und kniete mich hinunter zu Blake.
»Bist du mein Begrüßungskomitee?«
Sie nickte heftig. »Ich bin Blake.«
»Ich bin Mia. Schön dich endlich persönlich kennenzulernen Blake.« Ehe ich mich versah, fiel dieser kleine Mensch mir um den Hals.
Ich sah entschuldigend zu Kylan, der nur lachte, als wäre ihm diese Reaktion längst klar gewesen.
»Jetzt backen wir zusammen Crumpets«, kicherte sie und gab mich frei.
»Das machen wir auf jeden Fall, kleine Prinzessin Blake.« Ich wuschelte ihr durch das blonde lockige Haar. Es würde mich nicht wundern, wenn manch einer uns für eine Familie hielt.
Dann durfte ich endlich Kylan in die Arme schließen.
»Ich habe dich vermisst.« Er drückte mich fest an sich. Fast so, als hätten wir uns ein halbes Jahr nicht gesehen. Es waren einige Wochen an uns vorbeigezogen. Durch den Stress im Büro nahm ich es oft nicht sonderlich wahr, wie schnell die Zeit an uns vorbeizog. Da wir von dem kleinen Monster beobachtet wurden, blieb es bei einem unschuldigen Kuss. Davon abgesehen, dass man nie wusste, wer einem noch zusah.
»Ich habe dich auch vermisst.« Ich wischte mir die kleinen Tränen aus den Augenwinkeln. Es tat so gut, seine Nähe zu spüren. Nach all dem Stress der letzten Wochen fühlte es sich an, als wäre ich endlich zuhause.
Kylan schulterte meinen Rucksack, während ich eine Hand von Blake in die meine nahm und wir Richtung Ausgang liefen. Als sie dann noch die Hand ihres Onkels ergriff, konnte ich mir einen schmunzelnden Blick auf die beiden nicht verkneifen. Kylan war der Eine. Denn zum ersten Mal in meinem Leben stellte ich mir vor, eine Familie zu haben und das mit ihm. Die rund einstündige Fahrt verbrachten wir mit Kinderliedern und einer singenden Blake. Sie schien nicht nur optisch eine Menge von ihrem Vater zu haben, sondern auch musikalisch. Als Kylan mir einmal erzählte, dass das Haus in dem er wohnte Ebony und ihre ganzen Liebhaber leben konnten, war das nicht ganz die Wahrheit. Das Haus, in dem er mit Blake und seinem Bruder Nolan lebte, war mehr als nur bodenständig. Es gab einen großen Garten, einen Pool, den man hier im Sommer sicher gerne nutze. Nicht, dass es jetzt sonderlich kalt war. Das Thermometer im Wagen zeigte zwanzig Grad und dieses Mal war ich gut vorbereitet.
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behind the curtain
Romance»Siebzehn Stunden Flugzeit, sieben Stunden Zeitunterschied, siebentausend Meilen« Eine Auszeit in Kanada, fern ab ihres Ex-Freundes Wes, um ihre Muse zu finden. Das klang bei einer Flasche Rotwein für die junge Autorin Mia Hayes noch wie ein guter P...