9. Kapitel: End Game

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~ Sie ~

Ich war geflohen.

Zu dem einzigen Ort, der mir vertraut war.

Jene Welt, wo ich vor meinen Verfolgern sicher war.

Hier erhoffte ich Antworten zu finden. Antworten auf die Fragen, die in meinem Kopf umherschwirrten. Fragen über meine Vergangenheit, die ich, aus mir unerklärlichen Gründen, vergessen hatte. Wenn es stimmte, was Kaiba mir erzähle, dann war ich bereits einmal gestorben und nun ohne das Wissen daran zurückgekehrt. Eigentlich war das nicht möglich. Doch warum sollte er lügen?

Meine Gefühle waren in Aufruhr. Ich konnte nicht mehr klar denken. In meinem Magen hatte sich ein harter Klumpen gebildet. Ich war nervös und aufgekratzt, gereizt und völlig neben der Spur. Das letzte Duell hätte mir nicht so schwerfallen dürfen, doch ich hatte mich kaum konzentrieren können.

Und dann die Sache mit den vier Drachen . . .

Hinzu kam die Sehnsucht, die in mir loderte. Mit jedem Tag wurde sie schlimmer. Als suchte ich nach jemanden, den ich nicht kannte. Als wollte mein Herz zu ihn zurückfinden, ohne zu wissen, wer dieser jemand war.

Und dann war da noch die Sache mit Yuya.

Diese drei Seelen in ihm. Warum trug er sie bei sich? Warum waren es Seelen?

Das musste ich unbedingt in Erfahrung bringen.

Es gab nur eine Person, die mich besser kannte als ich mich selbst. Nur ihm vertraute ich blind. Er wusste Dinge über mich, die besser unausgesprochen blieben. Er kannte meine Geschichte, meinen Namen, mein Schicksal.

Meine Schritte hallten als Echo von den weißen Wänden. Klack, klack, klack. Die kleinen Absätze meiner schwarzen Stiefel klackerten bei jedem Schritt auf dem Marmorfußboden. Mein Herz wummerte in meinem Brustkorb, als wollte es den Weg nach oben finden. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Geräusche drangen nur gedämpft zu mir, als wäre mein Kopf in Watte gepackt. Meine Handflächen waren feucht. Ich wischte sie am Stoff meiner Hose ab.

Meine Schritte beschleunigten sich. Ich rannte nun beinahe, so sehr drängte es mich, ihn zu sehen. Meine Nervosität nahm zu. Die Diener, an denen ich vorbeieilte, warfen mir fragende Blicke zu. Unter meiner Kapuze erkannten sie mich nicht. Selbst wenn, würden sie mir aus dem Weg gehen. Ich war eine Fremde in ihrer Welt und doch eine Vertraute. Freund und Feind zugleich.

Endlich erreichte ich die großen Flügeltüren zum Thronsaal. Wie von Zauberhand öffneten sich die tonnenschweren Pforten. Ohne mein Tempo zu drosseln, schlüpfte ich durch den Spalt.

Helles Licht flutete die große Halle. Die Wände, der Fußboden, selbst die gewölbte Decke mit der Glaskuppel waren in einem hellen Blau gefärbt. Weiße Muster überzogen die Marmorplatten. Die Fenster waren quadratisch geformt und so hoch, dass sie beinahe die Decke erreichten. In einer leichten Brise flatterten die Vorhänge. Weiße, spiralförmige Säulen säumten eine Allee bis zum Zentrum des Saals. Dort standen zwei Throne aus weißem Gestein. Ein Teppich lag zu ihren Füßen.

Hinter den Thronen befand sich eine weitere Wand. Einige Lichter waren hineingebaut worden, um die Zeichnungen zu erhellen, die dort angebracht wurden. Bilder von der Entstehung dieser Welt.

Ein Mädchen war zu sehen. Die Arme streckte sie zum Himmel. Ihre Augen waren geschlossen. Das Gesicht lag im Schatten, doch die Flügel auf ihrem Rücken leuchteten kraftvoll. Blau und Rot, zwei Schwingen für zwei Welten. Eine Lichtkugel schwebte über ihrem Kopf, die sich zu teilen begann. Eine rote und eine blaue Welt entstand, geschaffen aus ihren Händen, geschützt durch ein Bündnis

Über dem Bildnis war in alter Schrift ein Text eingefasst. Nur wenige Gelehrte vermochten diese Schrift zu lesen, denn ihr Wissen ging vor vielen Jahren verloren.

Die Drachenstern Saga - Part 2 - Drachenkind und DrachenkriegerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt