20. Kapitel: Der Fluch der Todesspinne

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~ Ariya ~

Wehmut erfüllte mein Herz. Mit einem traurigen Lächeln dachte ich an die Zeit auf der Insel zurück. Ein ganzes, halbes Jahr Glück war mir geschenkt worden. Ein besonderer Moment, der einige Zeit andauerte. Mein kleines, persönliches Geheimnis.

Ein eisiger Wind wehte mir um die Nase. Mein Haar wurde in allen Richtungen gezerrt. Der Sturm riss an meinem Umhang, als wollte er ihn mir entreißen. Zum wiederholten Male zog ich die Kapuze wieder in meine Stirn, die der Wind ständig nach hinten warf.

In der Ferne ragten Bergketten in imposanten Höhen empor. Ihre Gipfel waren schneebedeckt. Die Temperaturen lagen weit unter null. Meine Overknees-Stiefel schützten nur teilweise vor dem dichten Schneemaßen, die sich unter meine Kleidung zu drängen versuchten. Den Mantel hatte ich bis zur Nasenspitze hochgezogen.

Endlich kam der Eingang in Sicht. Er befand sich knapp unter dem Gipfel und mündete in eine Höhle. Mühsam erklomm ich die letzten Meter und sank im Inneren erschöpft gegen die Wand. Als ich die Kapuze nach unten zog, fiel Schnee zu Boden. Ich schüttelte mein Haar, dass von Flocken behangen feucht war.

Nachdem ich zu Atem gekommen war, trat ich in das Innere der Höhle. Ich wusste nicht, was mich zu diesem Ort trieb. Meine Füße hatten mich hergetragen. Ans Ende der Welt. Hierher verirrten sich nicht einmal Wanderer oder Bergsteiger.

Mein Blick schweifte umher, während ich den Umhang zum Trocknen aufhängte und meinen Mantel öffnete. Hier drinnen war es nicht wirklich wärmer, aber der eiskalte Wind wehte mir nicht mehr um die Nase. Der Boden war uneben, wölbte sich alle paar Schritte, als hätte jemand etwas darunter vergraben. Fackeln, wer hatte die denn entzündet?, warfen Schatten gegen die Wände. Bis auf einen Schlafplatz aus Fellen und einem kleinen Tisch aus Holz war die Höhle leer. Irgendjemand hatte hier gelebt. Das musste vor einiger Zeit gewesen sein, da sich eine feine Schneeschicht auf der improvisierten Schlafstätte gebildet hatte. Irgendwann musste es so heftig gestürmt haben, dass der Wind den Schnee hineintragen konnte.

Mit den Fingerspitzen fuhr ich über die nackten Steinwände. Warum war ich ausgerechnet hierhergekommen? Was wollte mir mein Unterbewusstsein damit sagen? Dieser Ort wirkte seltsam vertraut, doch konnte ich mich nicht erinnern, wieso. Als ob ich schon einmal hier gewesen war. Hatte ich doch noch nicht alle meine Erinnerungen zurück? Wie tief musste ich noch graben, bis sich alle Geheimnisse offenbarten?
Ein Seufzer entwich mir, während ich die Höhle mit langsamen Schritten durchquerte. Im hinteren Bereich entdeckte ich einen schmalen Durchgang, der zu einer kleinen Quelle führte. Mehr gab es nicht zu entdecken.

Gerade als ich mich dazu entschloss, zu verschwinden, spürte ich eine unglaublich starke und imposante Präsenz. Die Luft war erfüllt von einem Knistern. Die Atmosphäre lud sich auf. Lichter in den Farben des Regenbogens zuckten umher, verflossen und erinnerten nun an das Polarlicht, dass über den nächtlichen Himmel tanzte.

Ein Ruck ging durch meinen Körper. Mein Puls schoss nach oben. Die Fäuste geballt, wirbelte ich herum. Nahe am Höhleneingang standen drei Gestalten.

Sie trugen lange, weiße Roben, die ihre Gesichter verhüllten. Der eine hielt in der Hand einen Stab, der andere eine Waage und der dritte einen Spiegel.

Auch nach tausenden von Jahren würde ich die drei Schicksalshüter wiederkennen. Immer wieder wagten sie es, über mein Leben bestimmen zu wollen. Sie waren es, die Elena ihre Kräfte nahmen und sie zu einer Aufgabe zwangen, der sie nicht gewachsen war. Dann besaßen sie die Frechheit, mir meinen Vater zu rauben und unsere Beziehung zu verbieten. Mein Groll gegen sie war noch lange nicht verflogen.

Ich schluckte ein genervtes Stöhnen und rollte mit den Augen. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Die Ehrengäste gaben sich persönlich die Ehre. Womit hatte ich das nur verdient?!

Die Drachenstern Saga - Part 2 - Drachenkind und DrachenkriegerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt