Guten Morgen, Schneewittchen."
Sein Erwachen hatte ich Sekunden vorher wahrgenommen, da die Traumbilder sich auflösten und seine Gedanken feste Formen annahmen. In die Träume eines Schlafenden zu blicken, gehörte noch zu meinen leichtesten Übungen. Ich tat es nur sehr ungern, Träume waren ein Privileg, in ihnen ruhten Erinnerungen und Empfindungen, die womöglich für immer im Verborgenen bleiben sollten, doch bei ihm hatte ich mir Sorgen gemacht. Daher hatte ich seinen Schlaf überwacht.
Mit einem leisen Stöhnen schlug Kyoji die Augen auf. Sein Blick klärte sich nur langsam, und als er mich erkannte, fuhr er wie von einer Tarantel gestochen hoch. „Ach, du bist das."
Fragend neigte ich den Kopf. „Alles in Ordnung?"
„Ja. Ja, ich denke schon."
„Hast du wieder Angst vor mir?"
Er starrte auf seine Füße. „Ja. Nein. Ich weiß nicht, ich bin gerade. . . ziemlich durcheinander."
Nachdenklich zupfte ich an meinen Haarspitzen. Wie war es, als Marik mich berühren versuchte und ich mich entschieden dagegen gewehrt hatte? Oh, ich hatte das Haus überflutet oder abgefackelt oder beides. Hmm, das wäre hier und jetzt kontraproduktiv. Aber vielleicht. . .
Ein kleines Lächeln auf den Lippen reichte ich ihm die Hände. „Meinst du, du kannst mir vertrauen?"
Unsicher starrte Kyoji auf meine Hände. „Kann ich das denn?"„Keine Ahnung. Arco vertraut mir, und irgendwie vertraut er auch dir. Du bist sein bester Freund, deswegen möchte ich dir ungern wehtun."
„Dann will ich versuchen, dir auch nicht wehzutun."
Immerhin ein Anfang.
Nach einem langen Moment des Zögerns legte er seine Hände in meine. Damit war der erste Schritt in die richtige Richtung getan. Alles Weitere entwickelte sich mit der Zeit. Es brauchte nun viel Geduld, Einfühlvermögen und Akzeptanz.
Nicht unbedingt die Eigenschaften, die mich beschrieben. Ich war eher das genaue Gegenteil: ungeduldig, temperamentvoll und willensstark. Die Meinung anderer interessierte mich nur, wenn ich einen Vorteil daraus zog. Noch immer kämpfte ich nur für mich selbst, aber ich würde ins Feuer springen, durch die Hölle gehen und den Himmel in Schutt und Asche legen, um meine Familie zu beschützen. Ich war eigennützig, egoistisch, aber auch ein Gerechtigkeitsmensch.
„Warum hast du mir geholfen?", fragte Kyoji, eine steile Falte auf der Stirn. „Ich habe dir schlimme Dinge angetan."
Das entlockte mir ein leises Lachen. „Die paar Visionen? Das war nichts." Über seine geschockten Gesichtsausdruck musste ich noch mehr lachen. Schlagartig wurde ich ernst. „Der Vorteil, wenn man sooft wiedergeboren wurde wie ich, ist, dass mich nichts mehr so schnell erschrecken kann. Ich habe viele Dinge gesehen, noch viel schlimmere Dinge selbst getan und großes Unheil über die Welten gebracht. Von daher. . ." Ich sah ihm tief in die Augen. „. . . kenn ich das Gefühl der Einsamkeit. Ehe ich Arco traf, war ich immer allein. Ich haben niemanden vertraut, nicht einmal denen, die meine Freunde sein wollten. Und ehrlich gesagt, habe ich noch heute erhebliche Probleme, ihnen meinen Vertrauen zu schenken. Ständig frage ich mich, ob sie ich mich nicht doch hintergehen. Deswegen weiß ich, wie du dich fühlst."
Suchend sah sich Kyoji um, wobei er einen Schritt zurückwich. „Wo ist Arco?"
Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern. „Vorausgegangen, um in unseren Welten nach dem Rechten zu sehen. Er hat mich dir anvertraut, und ich. . . ich wollte dich nicht alleinlassen." Gedankenverloren betrachtete ich das Halsband. „Ist das immer so?"
Seine Finger zitterten, dass er das schwarze Leder berührte. Mühsam rang er sich zu einem Nicken ab. „Damit hat man mich besser unter Kontrolle.", sprach er mit leiser Stimme. „Ich habe meine Mission abgebrochen und bin zu euch geflogen. Das vorhin war nur meine Strafe für meinen Verrat."
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Die Drachenstern Saga - Part 2 - Drachenkind und Drachenkrieger
FanfictionDer Tod war kein Abschied für immer. Er war nur ein Zwischenstopp auf einer weiteren Reise. Manchmal war er auch der Beginn zu etwas Neuem. Wenn eine Liebe endete, konnte eine Neuen gedeihen. Doch was, wenn das Herz nicht loslassen konnte? Wenn die...