~ Ariya ~
Eine graue Wolkendunst hing über der Stadt. Seit den frühen Morgenstunden fiel ein leichter Regen. Die Temperaturen hatten sich abgekühlt. Ein frischer Wind wehte um die Gassen und Häuser.
Seit meiner Ankunft in Heartlandcity waren einige Tage vergangen. Die langen Nächte lagen mir in den Knochen. Jeder Muskel erinnerte mich daran, dass Thomas mir so gut wie keinen Schlaf gönnte. Die Gefühle hatten uns geleitet. Er hatte mich fühlen lassen, was ich noch nie gefühlt hatte. Da war eine Leidenschaft, die mich mitriss. Ein Feuer, dass mich verbrannte. Der Sturm hatte mich mitgerissen. In Sphären, von deren Existenz ich nichts wusste. In seinen Armen konnte ich mich fallenlassen. Das tat ich sonst nie, aber ich konnte ihm vertrauen. Er schenkte mir mehr als ich nehmen konnte. Meine Seele fand Frieden.
Zumindest für die Dauer dieser Nächte.
Während der Morgenstunden hatte sich Christopher zu uns gesellt. Als hätte er gespürt, dass ich ihn brauchte. Er hatte kein Wort gesagt, sich nur ausgezogen und zu uns gelegt. Seine Küsse hatten mich schwindlig werden lassen.
Die Stimmung am Frühstückstisch war bedrückt. Mein Omelett stand unberührt auf dem Tisch. Zwischen meinen Händen hielt ich die Kaffeetasse. Bisher hatte ich nur kurz daran genippt. Meine Gefühle waren in Aufruhr. In mir tobte ein Chaos, dem ich nicht mehr Herr wurde. Mit jedem Tag, den ich länger bei den Brüdern blieb, nahmen meine Gefühle zu. Ich wollte nicht so empfinden. Es würde mich verzerren und in die Tiefe reißen. Sobald ich auch nur die kleinste Schwäche zeigte, würden meine Feinde den Vorteil daraus ziehen. Gefühle waren meine größte Stärke, doch auch meine größte Schwäche. Gerieten sie durcheinander, verlor ich meine Balance. Ohne Balance hatte ich keine Kontrolle über meine Kräfte.
Michi, der neben mir am Küchentresen saß, stupste mich an. Mein Kopf ruckte hoch. Fragend sah ich ihn an. Seine Miene war unerwartet ernst. So hatte ich ihn noch nie erlebt. „Wirst du meinen Bruder wirklich heiraten?"
Ich stellte die Kaffeetasse auf den Tisch. „Keine Ahnung."
In den letzten Tagen hatte ich jeden Gedanken an eine Hochzeit verdrängt. Thomas' Heiratsantrag war noch immer das Gesprächsthema in der Stadt. Besonders in den verschiedenen Foren gab es kein anderes Thema mehr. Seine Groupies stellten die verrücktesten Theorien auf. Fragen kursierten durch die Schlagzeilen.
Wie würde das Hochzeitskleid aussehen? Wer stand auf der Gästeliste? Wo würde die Feier stattfinden? Wann war der Termin? Wurde Nachwuchs geplant? Die Liste war endlos.
Über den Tisch warf Thomas mir einen Blick zu. „Ich für meinen Teil schon. Am Ende ist es Ariyas Entscheidung."
Gedankenverloren blätterte ich durch die Hochzeitsmagazine, die er auf sein Tablet hochgeladen hatte. Die Brautkleider waren hübsch, ohne Zweifel, aber auch ziemlich teuer. Um das Geld musste ich mir keine Gedanken machen, da die Familie Arclight für alle Kosten aufkommen wollte.
Aber das war es nicht, was mir Kopfzerbrechen bereitete. Der Verlobungsring wog schwer an meiner Hand. Diese Entscheidung sollte mir nicht so schwerfallen, aber sie tat es. Das Mädchen in mir wollte diese Hochzeit, wollte diesen wunderbaren Mann. Das Drachenkind in mir lehnte sich gegen diese Entscheidung auf. Mein Schicksal war zu sehr verflucht, als das ich auf ein glückliches Leben hoffen konnte. Eine Familie kam schon aus Prinzip nicht in Frage. Meine Kinder wären niemals in Sicherheit, solange der Clan existierte. Ich bekämpfte ihn seit vielen Jahrtausenden. Bisher war es keiner Seite gelungen, den endgültigen Sieg zu erringen. Manchmal verlor der Clan, manchmal stand ich auf der Verliererseite. Im Laufe der Wiedergeburten hatte ich viel verloren und nur selten etwas gewonnen.
Wenn ich mich dazu entschloss, in den Hafen der Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, dann würde ich meine Familie unweigerlich in diesen Krieg mit hineinziehen.
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Die Drachenstern Saga - Part 2 - Drachenkind und Drachenkrieger
FanfictionDer Tod war kein Abschied für immer. Er war nur ein Zwischenstopp auf einer weiteren Reise. Manchmal war er auch der Beginn zu etwas Neuem. Wenn eine Liebe endete, konnte eine Neuen gedeihen. Doch was, wenn das Herz nicht loslassen konnte? Wenn die...