Charles POV
„Interview bei Sky in zehn Minuten." Ich nickte einfach nur. Meine Managerin tigerte neben mir her mit dem Handy zwischen Schulter und Wange eingeklemmt. Ich seufzte. Den ganzen Tag lebte ich von Moment zu Moment. Das, was mit Alana passiert war, lief in meinem Kopf Amok. Ich konnte keine Sekunde Ruhe von davon bekommen, als sie mir näher gekommen war. Ich wusste, dass es falsch war. Ich wusste, dass ich eine Freundin habe. Es war mir bewusst, aber ich lege zusätzlich meine Hände an ihre Hüfte. Ich fühle mich erbärmlich. In gewisser Weise bin ich stolz auf meinen Mut, Alana heute Morgen um mehr Abstand gebeten zu haben. Es gab mir Luft zum Atemn und zum Nachdenken. Aber ich war nicht ich. Wochenlang erzählte ich ihr wie sehr ich sie sehen möchte und nun sind wir nach einem Tag komplett auf Abstand und jeder würde denken, wir wären Fremde maximal Bekannte. Es war ein Trauerspiel.
Ich wurde von der kleinen gestressten Frau, die ihr Telefonat scheinbar beendet hatte, in Richtung Sky Büro geschoben. Mein Rennanzug hing an meiner Hüfte und ich fuhr mir stöhnend durch die Haare. Ich musste diesen Tag einfach nur hinter mich bringen.
Als ich jedoch eine zierliche Frau sah, die gerade Mick hinterherblickte, rutschte mir mein sowieso schon schweres Herz noch weiter in die Hose. Sie hatte ja erwähnt, dass sie bei Sky arbeiten würde, also hätte ich es wissen müssen, aber mein Hirn war nicht mehr in der Lage richtig zu arbeiten. Ich starrte sie einfach an, ohne mich zu ermahnen wegzuschauen. Sie drehte sich wieder zum Geschehen um, wodurch ihre langen Haare leicht mitschwangen. Es hatte eine hypnotische Wirkung, aber es war nicht beruhigend, sondern das Gegenteil. Mein Herz raste. Von Ruhe konnte man also wirklich nicht sprechen.
Mich interessiert lediglich, warum sie Mick so hinterhersabbert. Er war gerade mal aus der Pubertät raus und könnte sie gar nicht so behandeln, wie sie es bräuchte. Ich schüttelte meinen Kopf über meine Gedanken. Es ist mir egal, wer sie wie behandeln würde. Sie war alt genug, das zu entscheiden.
Timo nickte ihr aufmunternd zu und sie schielte auf ihren Zettel, den sie in ihren zittrigen Händen heilt. Ich hätte ihr gerne Mut zugesprochen, aber es stand mir nicht zu, mich jetzt weiterhin wie ihr bester Freund zu verhalten. Ich wusste nicht, ob ich mich überhaupt noch so bezeichnen durfte. Mein Blick blieb dementsprechend starr und ausdruckslos, um die junge Frau vor mir nicht zu verunsichern, die gerade am stottern war, was zugegebenermaßen echt süß aussah. Ich würde sie echt gerne damit aufziehen.
Als sie endlich ihre Frage aussprechen konnte, gab ich die bekannten Antworten, die mich in keine Probleme reinziehen würde. Versteht mich nicht falsch. Ich mag Alana, aber je länger sie für dieses Interview braucht, desto länger muss ich so tun, als wäre sie mir egal. Als wäre es mir egal, dass sie Max Shirt heute Morgen anhatte. Als wäre es mir egal, dass wir uns beinahe geküsst hätten, obwohl ich Charlotte hatte. Eigentlich müssten wir darüber reden, um das alles aus der Welt zu schaffen, aber um ehrlich zu sein, habe ich Angst, dass ich mich bei ihr nicht beherrschen kann. Wenn sie erneut so einen schwachen Moment hat, wie am Abend zuvor, wüsste ich nicht, ob ich es abbrechen würde, wenn sie es nicht tut. Ich muss über alles nachdenken, bevor ich wieder vernünftig mit ihr umgehen kann.
„Ey, Charles du siehst scheiße aus!" Ich rollte mit den Augen, bevor ich bei Pierre einschlug. Vom Interview hatte ich mich bereits mehrere hundert Meter entfernt und mich nicht noch einmal umgedreht. Ich hätte bloß ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn ich Alanas nachdenkliches Gesicht gesehen hätte. „Ja man, war kein guter Morgen." Der Franzose wollte mich ausfragen und herausfinden, was der Grund für mein schlechtes Aussehen war, aber ich rückte nicht raus mit der Sprache, weshalb er irgendwann schmollend von Dannen zog. Schwer ausatmend trottete ich meiner Managerin zum nächsten Termin hinterher.
„Hier sitzt du." Wieder nur ein Nicken meinerseits. Ich setzte mich hin und starrte in die Linsen der Journalisten vor mir. Rechts von mir nahm Lewis Platz und links von mir schließlich Max. Ich kam nicht umhin ihn böse anzufunkeln, als ihm eine Frage gestellt wurde. Ich war neugierig wie alana an sein Shirt gelangen konnte und vor allem morgens. Die schlimmsten Gedanken machten sich in meinem Kopf breit, sodass ich nicht bemerkte wie ich nun gefragt wurde. Nur durch Lewis' Anstupsen in die Seite erwachte ich aus meiner Starre und ratterte meinem Text runter. Es waren sowieso immer die gleichen Fragen.
„Hey, warte mal." Ich joggte, um Max noch einzuholen. Wir gingen nun nebeneinander durchs Paddock. „Was gibts?", fragte er unschuldig und steckte seine Hände in die Hosentasche. Ich kratzte mich am Nacken und überlegte wie ich das am besten formulieren sollte. „Hast du eigentlich zurzeit eine Freundin?" Ich spürte wie Max sich versteifte, aber sagte nichts dazu. „Nein, wieso? Du kannst ruhig sagen, wenn du was für mich empfindest." Er lachte selber über seinen schlechten Witz, aber mir war nicht zum Lachen zumute.
„Man, lach doch mal. Nein, ich habe derzeit keine Freundin." Ich nickte. Konnte es sein, dass Alana einfach bei ihm geschlafen hat? Aber wieso? Und Max war eigentlich keiner, der eine Frau einfach bei sich schlafen lässt, ohne etwas zu versuchen. „Wieso fragst du das auf einmal?" Ich schüttelte nur mit dem Kopf. „Ich muss doch meinen Konkurrenten besser kennenlernen", antwortete ich, zwinkerte ihm zu und joggte zum Ferrari Motorhome. Ich joggte, weil mir keine weiteren Ausreden mehr eingefallen wären, wenn Max weiter nachgefragt hätte. Ich ließ mich in einem Raum im Motorhome auf der Couch nieder und legte mein Gesicht in meine Hände.
Ich machte mir viel zu viele Gedanken über ein Mädchen, das alt genug war, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Und wenn sie mit Max eine Art Beziehung eingehen möchte, ist das ihre Wahl, die ich nicht kritisieren möchte. Aber es war schwierig bei dem Gedanken nicht das Gesicht zu verziehen.
Ich schüttelte das Thema komplett ab und widmete mich schlussendlich meinem Job: Rennen fahren.
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Between Good And Bad
FanfictionAlana ist frech, aufmüpfig, redet, bevor sie denkt und sie will das Leben leben. Als Schwester eines Formel 1-Stars ist es nicht immer leicht, aber sie liebt ihren Bruder trotz so mancher Kabbeleien (bei welchen Geschwistern ist es nicht so?). Ihr L...