Kapitel 6

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Ich sah auf den Tisch, auf dem sich zuvor die Flasche noch gedreht hatte. Sie zeigte auf mich. Ich konnte mich nicht rausreden, weil die Öffnung zu 100% auf mich zeigte. Ich sah vorsichtig zu Charles, der mich ebenfalls ansah. Vielleicht bildete ich es mir ein, aber ich glaube, etwas Enttäuschung in seinem Blick zu sehen. „Mein Gott, es ist ein Kuss. Ich werde sie hier nicht entjungfern. Es sei denn sie möchte das gerne", hörte ich Max mit der selben Arroganz sagen, die er schon den ganzen Tag gezeigt hatte. Man ging er mir auf den Sack. Lando fand seine Aussage überhaupt nicht lustig, weshalb Max auch eine gelangt bekam von meinem Bruder. Am liebsten hätte ich applaudiert, aber das hätte nicht zu den geschockten Gesichtern der anderen gepasst. Als Max Gesicht ebenfalls wütende Züge annahm, beschloss ich dazwischen zu gehen und der Diskussion ein Ende zu setzen. Meine lebensmüde Einstellung könnte am Tequilla liegen oder an meinem kühnen Charakter. Egal warum ich das jetzt tat, es war dumm. Ich stellte mich zwischen meinem Bruder und Max, wandte mich komplett zu dem arroganten Schnösel, stellte mich auf Zehenspitzen und drückte meine Lippen auf seine. Nachdem der Überraschungsmoment überwunden war, zog Max mich an der Hüfte näher zu sich und wollte sogar seine Zunge einsetzen, was ich aber verweigerte. Obwohl ich diesen Menschen abartig fand, gefiel mir dieser Kuss sehr. Tja, Tequila ist gefährlich. Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns voneinander und ich musste aufpassen, dass ich nicht umfiel, weil sich meine Knie wie Wackelpudding anfühlten.

„Siehst du. Es war nur ein Kuss. Können wir jetzt weiter spielen und uns nicht prügeln?", fragte ich Lando so deutlich, dass ich Schauspielerin werden könnte. Denn in meinem Kopf musste ich erst mal auf diesen tollen Kuss klarkommen. Ich vermied es Charles anzusehen, als ich an ihm vorbei ging, um mir noch mehr Alkohol zu besorgen. An der Bar kippte ich bereits einen Shot runter und nahm drei weiter mit an den Tisch. Aber auch diese blieben nicht lange gefüllt. Mittlerweile drehte sich mein ganzer Kopf und meine Zunge machte was sie wollte. Ich redete nun auch mit den anderen Mädchen, die einen ähnlichen Pegel wie ich haben müssten und sie waren eigentlich ziemlich nett. Je später es wurde, desto schwerer wurde mein Kopf, weshalb er irgendwann seinem Weg auf Charles' Schulter fand. Überraschenderweise ließ er ihn dort liegen, obwohl ich vorhin einen anderen geküsst hatte. Dieser Mann roch so unfassbar gut. Ich drehte meinem Kopf sodass meine Nase in seiner Halsbeuge lag und ich den Geruch komplett aufsaugen konnte. „Alana, was machst du da?", fragte mich Charles und musste ein bisschen lachen. Ich stöhnte leicht. Der Geruch und dieses Lachen ließen mich verrückt werden. „Ich rieche an dir", antwortete ich ihm und gab ihm einen Kuss auf den Hals. Dann noch einen und noch einen bis er mein Gesicht zwischen seine Hände nahm. „Alana" er machte eine kurze Pause, um durchzuatmen. „Was soll das werden? Dein Bruder sitzt hier bei uns und könnte das sehen." ich grinste weiter selig vor mich hin, ohne zu erahnen wie peinlich das für mich am nächsten Tag werden könnte. „Das ist mir egal. Ich kann nichts dafür, dass du so toll aussiehst und ich am liebsten alles küssen würde." Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und dennoch bemerkte ich, dass Charles schwer schlucken musste bei meiner Aussage. Ich liebe es, wenn man so eine Wirkung auf die Männer hatte.
„Hör du, Alana. Sonst tue ich dir das gleiche an", flüsterte er mir zu und mein Grinsen wurde breiter. „Ist das ein Versprechen?", fragte ich und brachte ihn damit erneut zum Lachen. „Du bist nicht wie die anderen, Alana Norris."

„Komm, wird Zeit zu gehen, Alana", befahl Lando mir. Weil ich bereits sehr alkoholisiert war, folgte ich seinen Anweisungen. Ich sagte ihm noch, dass ich kurz auf die Toilette müsste und er im Auto warten kann. Also torkelte ich zu einer Tür, auf der ‚Damen' stand und öffnete diese. Hinter mir betrat noch jemand den Raum, doch mir war so schwindelig, dass ich das ignorierte. Erst als die Person mit einer sehr männlichen Stimme mit mir sprach, drehte ich mich um. „Dir hat der Kuss gefallen. Gib's zu!" Ich brauchte zwei Anläufe, um meine Arme vor der Brust zu verschränken. „Das wünscht du dir doch nur, weil DIR der Kuss gefallen hat." Damit hatte ich ihn erwischt. Aber anstatt nun die Frauentoilette zu verlassen, kam er dichter auf mich zu. Ich ging immer weiter nach hinten, bis ich das kalte Waschbecken in meinem Rücken spürte. „Pass mal auf, Kleine. Ich weiß nicht woher du dein Vorlaufes Mundwerk hast, aber so redet man nicht mit mir." Ich lasse mir doch nichts von dieser Flachpfeife sagen, dachte ich und fuhr weiter mit meinem vorlauten Mundwerk fort. „Ach, und warum nicht? Glaubst du, weil du ein paar rennen gewonnen hast, dass ich Respekt haben sollte? Das ist erbärmlich. Respekt verdient man sich und gewinnt man nicht. In meinen Augen hast du nichts getan, was Respekt verdient hat. Im Gegenteil: du bist gemein, selber respektlos und herablassend." Ich sah wie Max' Kiefer arbeitet und bekam ein wenig Angst. Er legte seine Hände rechts und links von mir auf dem Waschbecken ab, sodass ich nicht abhauen konnte. „Ich glaube, dein Mundwerk kann besseres als zu reden." Ich schluckte. Worauf will er hinaus? Als er mit seinem Gesicht noch näher kam, wusste ich worauf das hinaus laufen sollte. Die Reaktion meines Körpers schob ich auf den Alkohol, denn eine Gänsehaut und einen zu schnellen Puls konnte man nicht anders erklären. Oder? Ich spürte bereits seine weichen Lippen erneut auf meinen und als ich diesen Kuss erwidern wollte, griff er unter meine Oberschenkel und hob mich auf das Waschbecken, sodass er zwischen meinen Beinen stand. Ich war verloren in dieser Position. Er grinste mich wissend an. Als hätte er meine Gedanken gelesen und meinen schnellen Herzschlag gespürt. Ich ließ mich darauf ein, als er endlich wieder näher kam und mich dieses Mal richtig küsste. Dieses Mal ließ ich auch Zunge zu. Seine Hände wanderten über meine Beine und hin und wieder auch zur Innenseite meiner Oberschenkel, was dafür sorgte, dass ich fast anfing zu stöhnen. Ich vergaß komplett, dass mein Bruder auf mich wartete, dass der netteste Junge der Welt noch am Tisch saß und dass es noch Eric gab. Max' Kuss zog mich in einen Bann, dem ich erst entkam, als er entschied, dass es vorbei war und ich aus dem Badezimmer flüchten konnte. Ich fühlte mich so schlecht. So schlecht, dass ich mich vor der Bar noch übergeben musste.

Between Good And BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt