Kapitel 22

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„Max! Lass ihn in Ruhe!" Doch er hörte gar nicht auf mein Geschrei. Er schob mich sanft zur Seite, um sich komplett vor dem Typen aufrichten zu können. „Sie wollte etwas trinken und nicht von dir befummelt werden." Ich sah die Angst in den Augen des Kellners und hatte ehrlich die Befürchtung, dass wir gleich ein Knacken hören und die Hand wirklich gebrochen wurde. Ich legte meine Hand auf Max Schulter, wofür ich mich fast strecken musste. „Max, bitte. Er hat seine Lektion gelernt. Hab ich recht?" Ich sah eindringlich den Typen an, der so doll nickte, dass er ein Schädel-Hirn-Trauma erleiden könnte. Max ließ ihn endlich los und er machte sich auf dem Weg in die Küche. Ich seufzte. Plötzlich war ich wieder nüchtern, was nun mal nicht mein Ziel gewesen war. „Bitteschön." Max stand vor mir und grinste selbstgefällig. „Wofür? Dich ging das gar nichts an. Ich fand ihn sehr sympathisch." Nun schnaubte er verächtlich, was mich noch wütender machte. „Ich habe an deinem angeekeltem Gesicht gesehen wie sehr du ihn mochtest, außerdem wollte er nur eine schnelle Nummer." Ich verschränkte provokant die Arme vor der Brust und streckte meinen Rücken durch, um selbstbewusster zu wirken. „Vielleicht wollte ich das auch." Max zog seine Augenbrauen hoch. Genauso wie ich es tat, wenn ich wusste, dass ich belogen wurde. „Du? Ich glaube nicht, dass du so eine bist." „Ach und woher willst du das wissen? Erstens du kennst mich nicht und zweitens hast du überhaupt kein Recht dich in sowas einzumischen." „Ich nehme mir das Recht raus, Kleine." Er kam mir schon wieder viel zu nahe. Die Distanz, bei der ich mich wohlfühlen würde, wäre, wenn er in einem anderen Restaurant wäre, So zwanzig Kilometer entfernt. Das wäre eine perfekte Entfernung.

„Ich will das aber nicht. Was interessiert dich mein Loebesleben eigentlich oder bist du eifersüchtig?" Es schien als hätte ich einen Nerv getroffen, weil er darauf nicht so schnell eine Antwort fand. „Ich bin auf niemanden eifersüchtig. In der Regel sind alle auf mich neidisch. Und wie schon gesagt: ich bekomme immer, was ich will." Den letzten Teil flüsterte er ganz dicht an mein Ohr, was dafür sorgte, dass sich meine Nackenhaare aufstellten. „Und was willst du?", fragte ich außer Atem. „Dich, Alana." Ich schluckte schwer. Zum Glück war der Ort, an dem wir standen, so abgelegen, dass meine Familie nichts davon mitbekommen konnte. Ebenso die anderen Gäste waren zu weit entfernt von uns. „Du willst das Gleiche, was der Typ wollte, dem du die Hand brechen wolltest. Also nein, danke." Ich war im Begriff meine Würde zu behalten und ihn einfach stehen zu lassen, aber ich hätte es besser wissen müssen. Er ließ mich nicht so einfach gehen. Ich drehte mich um, aber da stand er schon wieder vor mir. „Vielleicht kriegen wir ja Kinder und heiraten oder wir haben eine wundervolle Nacht und das war's. Das kann ich dir noch nicht sagen. Kommt drauf an, wie du dich anstellst." Er grinste mich an und ich konnte nicht sagen, ob er die Wahrheit von sich gab oder mich nach aller Regeln der Kunst belügte und nur auf hart tat. Auf einmal überkam mich eine Lust mit ihm zu spielen, wenn er es schon so offensichtlich machte, dass er mich wollte. Also ging ich paar Schritte auf ihn zu und legte meine Hände an den Kragen seines Hemdes. Ich tat so als würde ich diesen richten, obwohl er perfekt saß. „Also, du willst mich?" Nach dieser Frage biss ich mir auf die Lippe und sah ihn von unten mit Rehaugen an. Es war nicht zu übersehen, dass Max mit sich kämpfte und ebenfalls überlegte, ob ich ihn gerade verarsche. Vorsichtig nickte er. Ich legte meine Hände um seinen Hals und strich ganz leicht über seinen Hinterkopf, woraufhin er die Augen schloss. Ich glaube ich verarsche mach hier gerade selber. Das Problem an dieser ganzen Sache war, dass es mich eigentlich kalt lassen sollte, aber mir wurde mittlerweile auch ziemlich warm.

„Willst du Spaß haben?", fragte ich ganz leise an seinem Ohr. Mit immer noch geschlossenen Augen nickte er erneut und ich nahm seine Hand und zog ihn auf die Toilette. Ob es noch ein Spiel war, konnte ich nicht mehr sagen. Auf der Toilette waren wir wenigstens ungestört. Ob das jetzt so gut war für mich, könnte ich erst später sagen. Max packte meine Hüfte und drückte mich an die kalte Wand, was mich aufschreien ließ. „Alles okay?" Seine Stimme war auf einmal sanft und auch irgendwie besorgt, was mich nun komplett aus dem Konzept riss. Perplex nickte ich. Was machte ich hier eigentlich? Der blonde, gut gebaute junge Mann sah zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin und her. Er musste lächeln, was ziemlich ansteckend war. Ich lächelte ebenfalls. „Ich weiß, dass du mit mir spielen wolltest. Und wie läuft es?" Ah, fuck. Ertappt starrte ich gerade aus auf seine Brust. Wie konnte ich so dumm sein und mich selber in so eine Situation bringen. Ich wusste, dass er eine Anziehung hatte, der ich schlecht widerstehen konnte, und jetzt stehe ich alleine mit ihm wiedermal in einer Toilette und hatte meinen zweiten Mojito intus. Optimal, Alana. Er hob mein Kinn sanft an und sah mir tief in die Augen. „Ich habe doch gesagt, dass keine ‚nein' sagt." Ohne auf eine Reaktion zu warten, legte er seine Lippen auf meine. Es war nicht wild oder ungehemmt, sondern gefühlvoll und leicht. Dies machte mich jedoch noch verrückter, als wenn er mich einfach gegen die Wang gedrückt und die Zunge reingesteckt hätte. Weil ich so nun alles viel intensiver spürte: seine weichen Lippen auf meinen, seine Hand unter meinem Kinn, die andere, die auf meiner Hüfte ruhte und mich hin und wieder näher an ihn ran zog. Alles war so allgegenwärtig und aufregend, sodass mein kleines Herz Amok lief und mein Kopf das nicht verarbeiten konnte. „Alana, du bist was besonderes", sagte er, weiterhin nicht mehr als zwei Millimeter von meinem Gesicht entfernt. Dann sagte ich etwas, was mir schon die ganzen Wochen im Kopf herumschwirrte: „Wenn ich so besonders bin, warum hast du dich dann nicht gemeldet?"

Between Good And BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt