Kapitel 19

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Die nächsten Wochen waren nicht so eriegnisreich wie das eine Wochenende, aber es war auch schwierig daran anzuknüpfen. Ich wartete immer noch auf eine Antwort von Sky und wir hatten mittlerweile November. Ich hatte die email im September verschickt. Ich redete mir weiter ein, dass die viele Bewerbungen bekommen und das natürlich dauert bis alles aussortiert ist und die sich entschieden haben. Schule nahm mich zusätzlich mehr ein als ich dachte. Der Schulstoff der Oberstufe hatte es deutlich mehr in sich, als der der unteren Stufen, weshalb ich mich nicht selten auch am Wochenende hinsetzten musste, um zu lernen. Lando fragt gelegentlich, wenn er mal zu Hause war, ob ich zum nächsten Rennen mitkommen möchte, aber ich musste jedes Mal aufgrund der Schule absagen. Es tat mir im Herzen weh, weil ich Charles gerne wieder sehen möchte. Er wünscht mir jeden Morgen einen guten Morgen und ich wünsche ihm vor jedem Training, Qualifying oder Rennen viel Erfolg. Sonntags lief sogar das Rennen, während ich in meinen Büchern büffelte. Es war natürlich nicht dasselbe wie wenn ich in der Box neben einem Ingenieur sitzen würde, aber ich konnte zusehen, wie mein Bruder und mein Kumpel erfolgreich waren. Von Max hatte ich nichts weiter gehört, was mich auch etwas enttäuschte, da es ja irgendwas zwischen uns gab, was uns verband. Auch wenn es nur körperlich war, könnte man ja eine kurze Nachricht schicken.

„Alana!", rief meine Mutter und holte mich somit aus meinen Gedanken, die sich gerade um die Integralrechnung drehten. Um ehrlich zu sein, war ich ihr dankbar. „Was gibts?" Sie hielt mir einen Briefumschlag unter die Nase. „Der ist an dich adressiert." Ich nahm ihn vorsichtig in die Hand. Normalerweise bekam ich nie Post, es sei denn, es waren Pakete vom Asos oder Zalando. „Na, mach schon auf." Man erkannte woher ich meine Neugier geerbt hatte. Ich drehte den Brief in meiner Hand und erkannte das Sky Logo auf der Vorderseite des Umschlags. Meine Herzfrequenz stieg ins Unermessliche und ich hatte Mühe genügend Luft zu bekommen. „Schatz, was ist denn los?" Ich konnte ihr nicht antworten, weil ich bereits nach oben rannte und meine Zimmertür zuschmiss. Ich rutschte an der Tür runter, bis mein hintern den Teppich berührte und ich entspannt auf dem Boden Platz nahm. Vorsichtig öffnete ich den Umschlag, ohne diesen zu zerreißen. Ich hatte die unlogische Angst, dass dann etwas Negatives drin stehen würde, wenn ich den Umschlag kaputt machte. Wahrscheinlich war ich auch ein bisschen kaputt im Kopf. Ich nahm das sorgfältig zusammengefaltete Papier hervor und laß zuerst den Briefkopf. ‚Sehr geehrte Alana Norris,' Dadrüber stand natürlich noch meine Anschrift und die von Sky. Weiter konnte ich nicht lesen, weil ich den Brief dafür weiter aufklappen müsste. Ich spürte wie mein Herz am liebsten aus meiner Brust springen wollte. Alana, entspann dich. Die haben sowieso einen anderen genommen, redete ich mir ein, um die Enttäuschung gering zu halten. Wenn ich es sowieso erwartete, dass ich abgelehnt wurde, kam ich besser damit klar, wenn es wirklich so passiert. Mit zitternden Händen faltete ich den Rest des Briefes auf und las leise vor.
‚Sehr geehrte Alana Norris, wir bedanken uns für ihre Bewerbung. Sie haben sich mit 3000 anderen Interessenten beworben und sind in die engere Auswahl gekommen.' Konnten die nicht einfach auf den Punkt kommen. Im ersten Satz einfach drei Wörter ‚Sie sind drin' und alle wären zufrieden, aber nein. Diese Leuten hielten die Spannung bis zum Schluss aufrecht. ‚Wir wollen sie beglückwünschen. Sie haben es geschafft und wir freuen uns sie in unserem Journalisten-Team willkommen heißen. Bitte geben uns schnellstmöglich Bescheid in welchem sportlichen Bereich sie tätig sein wollen.'
Ich saß noch weiter zwanzig Minuten auf dem Boden und laß mir diesen Text bestimmt hundert Mal durch. Dann, mit einem Mal, brach es aus mir heraus und ich schrie durchs ganze Haus: „Scheiße, verdammt! Ich hab's geschafft!" Ich riss meine Zimmertür auf und stürmte in die Küche, in der meine Mama gerade Essen für uns zubereitete. „Mädchen, was ist los mit dir?" Ich fiel ihr um den Hals und drückte sie fest an mich. „Ich bin bei Sky. Ich habe ein einjähriges Praktikum bekommen, Mama. Ich werde Journalistin." Ich löste mich von ihr und sah sie mit glasigen Augen an. Ihre Augen funkelten ebenso glasig, was mir sorgen bereitete. „Ich wusste gar nicht, dass du dich dafür interessierst." Ich schmiss die Arme in die Luft. „Ich auch nicht, bis ich die Interviews und schrecklichen Paparazzos beim Rennen mitbekommen habe und mir geschworen habe, dass ich das besser machen könnte als die. Die haben mich unter 3000 Bewerbern ausgewählt und ich darf ein Jahr lang reisen und bei Sport Events dabei sein." Meine Mutter reagierte darauf nicht so wie ich es erwartete hatte. Ihr liefen Tränen über die Wangen und sie fing an zu schluchzen. Ich nahm sie sofort in den Arm und fragte, was denn los sei. „Ich werde von allen verlassen. Lando ist nie da, dein Vater erst recht nicht und du wirst auch flügge. Ist es bei mir so schrecklich?" Es zerbrach mir das Herz sie in so einer Situation zu sehen und solche Worte zu hören. „Mama, es ist nicht schrecklich bei dir. Du hast uns nur so erzogen, dass wir unsere Träume verfolgen sollen und das machen wir. Du hast uns zu selbstständigen erfolgreichen jungen Menschen erzogen und wir werden immer zu dir zurück kommen." Anscheindn hatte ich die richtigen Worte gewählt, da sie mir ein schwaches Lächeln schenkte. Ich kann verstehen, dass es hart war als Mutter und Ehefrau mehr alleine zu sein als zusammen mit dér familie, aber es ist so wie ich es gesagt hatte. Wir wurden von klein auf gelehrt, dass wir das machen sollen, was wir wollen und nicht das, was andere von uns erwarteten. „Ich wünsche dir viel Erfolg, süße. Und du rufst bitte jeden Abend an." „Jeden zweiten", offerierte ich ein Gegenangebot, was meine Mutter lächelnd annahm.

Jetzt musste ich nur noch alle anderen darüber informieren.

Between Good And BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt