Prolog

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Frieden.

Etwas, das sich kaum einer in ganz Ilatharis mehr vorstellen konnte, das nur noch in den alten Geschichten der Lazaliv und den mystischen Legenden der Caraliv existierte.

Jahrhundertelang lagen die beiden Völker im Krieg, führten Schlachten gegeneinander, gewannen und verloren, feierten und trauerten. Unzählige Todesopfer wurden gefordert, liebevolle Familien auseinandergerissen, Freunde für immer getrennt. Partner wurden zu Verwitweten, Kinder zu Verwaisten, Geschwister zu Einzelkindern.

Eine einzige Liebe war nötig, um all dies zu beenden.

Während Azvar und Kaira als frisch vermähltes Königspaar von Arnarith gemeinsam mit Najik als kürzlich gekrönten König von Thazanur wieder so etwas wie Normalität entstehen lassen, muss sich die Bevölkerung erst einmal mit der neuen Situation anfreunden, die ihr Leben von Grund auf verändert.

Viele heißen den Friedensvertrag gut – schließlich beendet er das Kriegsleid für alle von ihnen: Städte und Wohnhäuser in Thazanur werden zugänglicher für die flügellosen Caraliv, lazalische Frauen bekommen mehr und mehr Rechte und Freiheiten, die Schmiedekunst in Arnarith orientiert sich an den filigranen Werken ihrer caralischen Nachbarn. Ein scheinbar rundum besseres Leben etabliert sich in beiden Ländern.

Doch selbstverständlich hat auch der langersehnte Frieden eine Kehrseite.

Nicht alle sind zufrieden mit der neuen Politik der Könige, nicht alle sind bereit, das andere Volk als friedliche Mitstreiter zu akzeptieren. Sowohl unter den Caraliv als auch unter den Lazaliv werden Rebellengruppen gegründet, die der Regierung das Leben schwer machen.

Entführungen, Erpressungen und Anschläge mitten in den Städten sind beinahe an der Tagesordnung. Hospitäler sind nicht mehr gefüllt mit Kriegsveteranen, sondern mit unbeteiligten Bürgern, die oft zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Gespräche des Königsrates zielen nicht mehr darauf ab, die nächsten Schritte des feindlichen Volkes vorherzusehen, sondern die der eigenen Leute.

Die Feindschaft, die jedem Kind von klein auf eingebläut wurde, zieht tiefe Spalten durch die Bevölkerung. Glühender Hass kann nicht innerhalb so kurzer Zeit verschwinden, der grausame Krieg nicht einfach vergessen werden. Der neue Frieden beseitigt keine alten Emotionen.

Er schafft Raum für neue.

Burning Jade in a Sea of AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt