"Du kannst mich nicht den ganzen Tag ins Medikamentenlager verbannen."
"Natürlich. Siehst du doch, wie ich das kann."
"Du bist ein dummer Vogel."
Ich ignorierte Valias giftgrünen Blick, der sich in meinen Rücken bohrte und ging die sortierten Fläschchen im Regal durch. Wenn ihr Arm nicht in einer Schlinge wäre, würde sie mich vermutlich mit verschränkten Armen anfunkeln und mich mit reiner Willenskraft dazu bringen wollen, ihr zu gehorchen.
"Hör auf zu meckern. Bei dieser Sache willst du sowieso nicht dabei sein."
"Sagt wer?", fragte sie und hob herausfordernd das Kinn.
"Ich sage das. Du wirst mir noch danken."
"Zielt das schon wieder darauf ab, dass ich eine Frau bin und deswegen nichts aushalte? Mir war bis jetzt noch nichts zu schlimm, was ich hier gesehen habe."
Genervt schüttelte ich den Kopf. Wenn sie wüsste.
Ohne mich noch weiter mit ihr aufzuhalten, griff ich nach dem kleinen Glas, das ich gesucht hatte, und verließ das Medikamentenlager. Resigniert stellte ich fest, dass Valia zwar kurz brauchte, um die Strickleiter herunterzukommen, mir dann aber folgte wie eine Klette.
Sollte sie kommen. Sie würde dann schon wieder verschwinden, wenn sie verstand, was ich vorhatte.
"Ist das ... Darick?", fragte sie erschrocken, als wie den ganzen Morgen schon ein Brüllen durch die Halle klang, lauter als alle anderen Geräusche. Ich ignorierte die Frage, steuerte aber auf die Vorhänge zu, die den Lazaliv vor den inzwischen mehr genervten als neugierigen Blicken schützten.
"Warte." Valia blieb abrupt stehen, doch ich setzte meinen Weg stoisch fort. Zwei Sekunden später war sie sowieso wieder direkt hinter mir und versuchte, das Glas aus meiner Hand zu schnappen. "Lass mal sehen."
Ohne sie zu beachten, ging ich weiter, bis ich kurz vor den Vorhängen stehen blieb und mich ruckartig umdrehte, sodass sie in mich hineinlief. Mit einem gereizten Blick nahm sie wieder Abstand. "Was ist jetzt?"
Wortlos hielt ich ihr das kleine Glas vor die Nase und wartete kurz. "Weißt du, was das ist?"
Sie nahm es mir langsam aus der Hand und ich sah ihr an, dass sie schon eine recht genaue Vorstellung davon hatte. Die intensiv gelbe Farbe gab es nicht zweimal. Trotzdem öffnete sie den Schraubverschluss und roch kurz an dem fein gemahlenen Pulver, musste anschließend husten.
"Zeberusblüte", sagte sie dann leise und gab mir das Glas wieder.
"Richtig. Und jetzt überleg dir nochmal, ob du so unbedingt mitkommen willst", erwiderte ich und musterte sie.
Sie biss sich leicht auf die Unterlippe und sah zu Boden. Ich rechnete schon fest damit, dass sie sich wieder zurückziehen würde, als sie mich einmal mehr überraschte.
Mit entschlossenem Blick hob sie das Kinn. "Das gehört genauso dazu wie alles andere. Und Darick verdient nichts anderes."
"Gut." Ich ließ mir nicht anmerken, dass diese Entscheidung mich durchaus etwas beeindruckte, und schob mich wortlos zwischen den Vorhängen hindurch.
Darick hatte aufgegeben, vermutlich mehr aus Schwäche als aus Vernunft. Sein Blick flirrte wirr zwischen mir und Valia hin und her und fokussierte sich nicht. Seine Handgelenke waren wund gescheuert, seine Verbrennungen dunkel und eitrig, vor allem an seiner rechten Seite.
Als er merkte, dass jemand bei ihm war, begann er aufgeregt zu murmeln, doch so undeutlich, dass ich mir nicht einmal erschließen konnte, was er sagte. Er blinzelte zu oft, seine Augen waren rot und die Ränder verkrustet.
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Burning Jade in a Sea of Amber
خيال (فانتازيا)// Band 2 // Knirschende Knochen, sickerndes Blut und qualvoller Tod - nichts als Alltag im Leben von Reyu, der seit dem Ende des Krieges in der lazalischen Kleinstadt Zintabur als Heiler im Hospital arbeitet. Kaum einer kennt ihn als mehr als einen...