Emmie
Sie hatte ein eigenes, kleines Zimmer mit einem guten Bett, einem Schrank, einem Regal und einem Schreibtisch. Von einem kleinen Fenster aus konnte sie in den Garten sehen. Alles war noch größtenteils leer, da Emmie keinerlei Besitz hatte. Alles war sie besaß, war die Kleidung, die sie trug, als sie in dem Haus ankam und eine Dieneruniform, die Paula ihr gegeben hatte, mit dem Versprechen ihr schnell neue Kleidung zu kaufen. Peyo ging es nicht anders.
Emmies neues Leben war seltsam.
Mehrere Monate hatte sie in einem Käfig verbracht. Schmutzig, mit schlechter Hygiene und kaum ausreichend Nahrung. Ihre Kleidung war inzwischen gewaschen worden und lag in ihrem neuen Schrank, doch Emmie war sich nicht sicher, ob sie die einfache Tunika und die leichte Stoffhose jemals wieder anziehen wollte. Sklavenkleidung. Die Kleidung, die sie alle auf dem Markt getragen hatten. Doch sie wollte sich noch nicht davon trennen.
Diese Kleidung war eine Erinnerung an ihr Leid und an all das, was sie verloren hatte. Ihre Eltern, ihren Bruder und ihren besten Freund. Mads. Sie vermisste ihn fürchterlich.
Würde sie ihn jemals wiedersehen?
Sie hatte nichts von ihren Sachen zum Markt mitnehmen dürfen. Man hatte sie ihrer Identität beraubt. Nun war sie nicht mehr Emmie, die einmal ihr Rudel leiden wollte, sondern sie war nur ein Wolfsmädchen. Keine Alphawölfin. Keine Anführerin. Nur ein verängstigtes Mädchen in einer großen, fremden Villa.
Fritz, ihr Besitzer, und Paula waren nett. Sie ließen ihr Zeit, um sich einzugewöhnen und verlangten von ihr nicht, zu arbeiten. Zu dienen. Auch von dem Elf verlangten sie dies nicht. Die beiden beteuerten, dass sie weder Peyo noch Emmie als Diener sahen. Die Uniform sprach dagegen. Emmie glaubte ihnen nicht.
Es klopfte an ihrer Zimmertür.
„Ja?", rief sie und Peyo öffnete vorsichtig die Tür.
„Hey... Ich... Ich wollte nicht allein sein", flüsterte er. Auch er trug die Uniform eines Dieners, da er noch keine andere Kleidung bekommen hatte. Würden sie das? „Kann ich etwas bei dir bleiben?"
„Klar." Emmie deutete auf ihr Bett, auf welchem sie saß und aus dem Fenster gesehen hatte. Sie verließ nur selten ihr Zimmer. Peyo setzte sich zu ihr. Er war dünn. Viel zu dünn. Kaum mehr als Haut und Knochen. Paula und Fritz taten ihr Bestes dies schnell zu ändern, doch Peyo bekam kaum etwas herunter. „Wie geht es dir?", fragte sie ihn schließlich.
„Ich weiß es nicht. Und dir?", antwortete er und sah sich um. „Mein Zimmer sieht fast genauso aus. Ich glaube, unsere Zimmer waren mal Gästezimmer. Meinst du, sie meinen das ernst? Dass wir die Zimmer umgestalten dürfen? Und dass sie uns Kleidung kaufen? Und andere Sachen?"
„Denkst du, sie lügen?" Emmie dachte das.
„Ich weiß nicht. Sie sind nett. Und Loelia ist niedlich, sie erinnert mich an meinen kleinen Bruder. Und Nino ist so winzig."
„Ja. Ihre Kinder sind süß", stimmte Emmie zu. „Aber findest du das nicht auch komisch? Wir wurden als Sklaven verkauft, müssen aber nicht arbeiten..."
„Oder sie warten damit noch etwas." Peyo kaute nervös auf seinen Fingernägeln. Seine roten Flügel flatterten etwas. Sie fand auch ihn süß. Und er roch gut.
Emmies Nase machte, wie der schüchterne, magere Elf roch.
Juli
Markos Wolfskopf lag auf ihrem Schoß und sie strich durch sein Fell. Finn saß neben ihr, sein Kopf auf ihrer Schulter und strich ebenfalls über Markos Kopf. Marko brummte zufrieden. Sie hatten es sich im Jungenzimmer gemütlich gemacht.

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Hexe - Die Königin
FantasyEtwa drei Jahre sind vergangen, seit Julia entführte wurde und mit den Elfen in die Steppe floh. Fritz hat sich dem Aufstand angeschlossen und versucht weitere Unterstützung zu finden. Er ist fest entschlossen, die Königin zu stürzen und bittet Paul...