Kapitel 29

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Agathe

Das feine Pulver schimmerte in der unscheinbaren Dose aus Metall. Agathe lächelte.

Ihr Plan war einfach und effektive. Sie wies einen Diener an, ihr und Friedrich zwei Tassen Tee zu bringen. Friedrich saß vor dem Kamin und las. Es war ein ruhiger Nachmittag.

Als der Tee gebracht wurde streute Agathe wenige Krümel des Pulvers in Friedrichs Tasse. Zusammen mit dem Zucker. Er merkte dies nicht.

„Tee, mein Lieber?" Sie reichte ihrem noch-Ehemann die Tasse.

Friedrich sah lächelnd von seinem Buch auf und nahm die Tasse mit dem tödlichen Getränk dankbar entgegen. „Ein Tee ist jetzt genau das richtige."

„Dem stimme ich zu. Ist dein Buch spannend?"

„Ein neuer Roman, den ich bestellt habe." Friedrich seufzte. „Leider ist die Handlung sehr träge."

„Wie schade." Sie setzte sich auf den zweiten Sessel, welcher vor dem Kamin stand. „Aber du musst das Buch nicht zu Ende lesen."

„Ich beende immer, was ich angefangen habe, Schatz."

„Ich auch." Sie zwinkerte ihm zu und trank einen Schluck aus ihrer Tasse. „Das ist eine wichtige Tugend."

„Tugend?" Friedrich schnaubte und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Ich denke nicht, dass du eine besonders tugendhafte Person bist."

„Du genauso wenig, nicht wahr?"

„Tugendhafter als du, Agathe. Aber lass uns nicht darüber streiten." Er seufzte. „Wir streiten in letzter Zeit zu viel."

„Keine Sorge. Der Streit ist bald endgültig beendet."

„Wie meinst du das?" Er trank einen weiteren Schluck Tee. Das Feuer im Kamin flackerte warnend und ließ Friedrichs Haar golden schimmern. „Hast du mir verziehen?"

„Deine Dummheit? Ja und Nein."

„Hm..." Friedrich stellte die Teetasse auf einen kleinen, edlen Glastisch, welchen er sich neben den Sessel gezogen hatte. „Torstens Kinder sind gut gelungen. Er hat uns zu einem starken Band mit den Vampiren verholfen."

„Das hat er wohl."

„Ich bin mir sicher, sie kommen zur Vernunft und überlassen uns Waffen und Seil." Friedrich rieb sich am Kopf. Er verzog das Gesicht und sah in das Feuer des Kamins. Die Flammen flackerten wütend.

„Geht es dir nicht gut?"

„Mir ist etwas... komisch... Ich..." Er hustete für einen Moment, dann sackte sein Kopf leblos zur Seite. Sein Oberkörper kippte nach vorn. König Friedrich war tot. Agathe lächelte und griff nach seinem Buch. Ein Liebesroman. Wie passend. Sie legte das Buch zurück auf den Tisch.

„Ich bringe immer alles zu Ende, mein Liebster", murmelte sie und kippte seinen Tee in das Feuer. Die Flammen schlugen ihr wütend entgegen. Agathe verstaute die Dose in einer versteckten Tasche in ihrem Rock, dann eilte sie zur Tür und schrie so verzweifelt wie möglich: „Ich brauche Hilfe! Er ist plötzlich umgekippt! Bitte! Schnell!"

Diener hörten ihren Ruf und eilten in das Kaminzimmer. Doch sie konnten nichts mehr für Friedrich tun. Er war tot. Genauso, wie Agathe es wollte.

Die stolze Königin spielte gekonnt die erschrockene Ehefrau. Sie sank schluchzend an der Wand herunter und barg ihren Kopf in ihren Händen. Diener legten ein weißes Tuch über den Leichnam des Königs und versuchten die Königin zu trösten. Schwarze Tücher wurden in die Fenster gehängt und bald darauf kam ein Bestatter, um den König zu holen und für eine Trauerfeier vorzubereiten.

Hexe - Die KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt