Kapitel 23

64 3 0
                                    

Friedrich

Friedrich schlenderte gelangweilt durch die Gänge des fremden Schlosses. An die vielen Vampire hatte er sich schon lange gewöhnt. Sie machten ihm keine Angst mehr. Nicht, seit er eine Nacht mit einer hübschen Vampiren verbracht hatte... Und ein Kind mit ihr zeugte. Er hielt es für unmöglich.

Es war der dümmste Fehler seines Lebens.

„Friedrich!" Coletta kam auf ihn zu. Sie bewegte ihre Hüften dabei wie stille eine Einladung. „Wie schön. Suchst du nach etwas Abwechslung?" Sie zwinkerte ihm zu.

„Nicht wirklich, nein. Coletta? Du hast mir von Coralie geschrieben, aber nicht davon, dass du hier sein würdest! Was hast du dir dabei gedacht?" Er verschränkte die Arme aufgebracht. „Jetzt weiß meine Frau davon!"

„Nun. Ich habe meine Familie vermisst. Und meine Kleine kennt jetzt ihren Vater. Was meinst du? Machen wir eine weitere kleine Coletta zusammen? Mir würde das sehr gefallen! Ein ungezwungenes, kleines Fest der Liebe? Ich habe nicht den Eindruck, dass deine Frau dir das gibt. Und ihre Meinung interessiert mich herzlich wenig."

„Nein. Wenn du mich dann bitte entschuldigst?" Mit einem seufzen ging er an ihr vorbei. Natürlich hatte er Interesse an ihr. Mehr als nur ‚Interesse'. Aber Agathe hatte es herausgefunden. Er fürchtete, was sie tun könnte, wenn er weitere Zeit in einem Bett mit Coletta verbrachte.

Eine Stunde später reisten er und seine Frau, seine verärgerte Königin, ab. Während ihre Koffer in die Kutsche geladen wurden beobachtete Friedrich, wie Marlon seiner Frau ein kurzes Stück Seil gab und leise mit ihr sprach. Agathe wirkte mehr als nur zufrieden. Was Friedrich allerdings übersah, war, dass Marlon ihr einen Zettel zusteckte.

Als sie bereits eine Weile unterwegs war, sprach er sie darauf an. „Warum hat dir der Prinz ein Seil gegeben? Und dazu nur so wenig?"

„Es ist ein Zeichen des guten Willens." Agathe lächelte.

„Des guten Willens?"

„Dieses Seil kann Drachen halten. Königin Franka und König Heinrich haben sich meine Bitte angehört, aber sie wollen noch beraten, ob sie uns, ihren Verbündeten wohl gemerkt, ihr Seil zur Verfügung stellen wollen! Oder ihren Stahl." Agathe sah verärgert aus dem Fenster. „Beraten! Anscheinend ist die Herstellungsweise dieses Seils geheim. Der Prinz war so freundlich, mir ein Stück zu geben. Vielleicht können wir es reproduzieren? Sofern wir die Seile nicht bekommen."

„Wissen seine Eltern davon?" Friedrich runzelte die Stirn. „Wenn die Herstellungsweise geheim ist?"

„Nein." Nun sah sie ihn an. Agathe lächelte. „Das hat er allein entschieden."

„Warum sollte er das?"

„Weil er unsere Not erkannt hat, mein Lieber. Und nun zu einem anderen Thema: Ich gehe davon aus, dass ich nicht mit einem weiteren Kind überrascht werden?"

„Natürlich nicht!", antwortete Friedrich schnell. „Nein. Nein."

„Das hast du schon einmal gesagt, mein Lieber."

Lea

Es fehlten Schüler. Eine Handvoll Zweit- und Drittklässler waren zum Schulstart nicht wiedergekommen. Natürlich wurden die Eltern angeschrieben. Das Ergebnis war erschütternd. Die jungen Hexen und Zauberer wurden vermisst.

Sie waren alle über Nacht verschwunden.

Was ging nur vor sich?

Lea legte den Kopf auf ihren Schreibtisch. Das Ganze gefiel ihr nicht. Irgendetwas ging vor sich.

Aber was?

Finn

Finn und Marko saßen am Rand des Flusses und hielten ihre nackten Füße in das kühle Wasser. Es war früh am Morgen. Alle anderen schliefen noch. Finn hatte den Kopf auf Markos Schulter gelegt und genoss die Ruhe.

Ab und an hörten sie Zentauren miteinander reden, doch die Stimmen waren leise. Nur wenige waren bereits wach.

„Finn?", unterbrach Marko schließlich die Stille.

„Ja?"

„Du magst es mit mir zu kuscheln, richtig?"

Finn nahm den Kopf von Markos Schulter und sah ihn verwirrt an. „Ja. Natürlich."

„Und Küsse magst du auch."

„Nenn mir jemanden, der keine Küsse mag!", erwiderte er lachend.

„Hm." Marko überlegte kurz. „Peter?"

„Ich bin mir sicher, dass auch Peter Küsse zu schätzen weiß!" Finn legte seinen Kopf wieder auf Markos Schulter, der nun seinen Arm um ihn legte. Finn schloss verträumt die Augen und atmete den Duft seines Wolfs ein.

„Finn, ich dachte..." Marko kratzte sich verlegen am Kopf. „Vielleicht möchtest du etwas Neues versuchen? Mehr als nur Kuscheln und Küsse?"

„Ja und nein", antwortete Finn wahrheitsgemäß. Unruhig öffnete er wieder die Augen. Seine Wangen färbten sich rot. Finn hatte Marko schon oft ohne Kleidung gesehen, aber... „Meine Knochen brechen so schnell. Ich denke nicht, dass ich es versuchen möchte. Nein."

Marko seufzte. „Nicht einmal... Nein, vergiss es." Er klang enttäuscht.

„Was?"

Doch ein vertrauter Geruch unterbrach die beiden. Marko seufzte. Elodie war wach und kam auf sie zu. Finn drehte sich zu seiner Mutter. Die Wölfen lächelte müde. „Habt ihr es euch gemütlich gemacht?", fragte sie.

„Guten Morgen Beta Elodie!", begrüßte Marko sie mit gezwungener Fröhlichkeit mit ihrem alten, angeheirateten Titel. Finns Mutter war keine Betawölfin. Sein Vater war ein Beta gewesen.

Sie setzte sich zu den beiden und hielt das Gesicht in die ersten Sonnenstrahlen. „Das ist herrlich. Aber ich bin keine Beta mehr, Marko. Levi ist nun Beta des Rudels. Zusammen mit seinem Freund."

„Sein Freund?" Finn sah zu Marko. Er zuckte mit den Schultern. Das brachte Elodie zum Lachen.

„Natürlich wisst ihr davon nichts. Vor einigen Monaten haben wir einen jungen Werwolf aus einem anderen Rudel gerettet. Er war dort schlecht behandelt worden. Der Junge heißt Mads. Levi hat es schlimm erwischt. Er ist verliebt... Die beiden sind ein süßes Paar", erzählte sie.

„Aus einem anderen Rudel? Welches?" Wollte Marko wissen.

„Das von Alpha Ava. Eine fürchterliche Person. Dem Jungen geht es bei uns wesentlich besser. Levi ist im Übrigen in deine Fußstapfen getreten, Marko."

„Wie das?" Marko zog die Augenbrauen hoch. „Versucht er Alpha zu werden, obwohl er ein Beta ist?"

Finn schmunzelte. „Ist Levi jetzt unter die Unruhestifter gegangen?"

„Allerdings!" Seine Mutter legte sich in das Gras und seufzte zufrieden. „Zumindest... Bis er offiziell Beta wurde. Und Mads hat es auch faustdick hinter den Ohren. Aber der Junge kann singen! Leider singt er nicht gerne vor Publikum. Ich hoffe, ihr zwei trefft ihn eines Tages."

„Ja. Das wäre schön", stimmte Finn ihr zu und mit einem Mal überkam ihn Heimweh. Er vergrub das Gesicht in Markos Kleidung.


(c: sasi)


Hexe - Die KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt