Kapitel 74

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Julia

Elodie rannte auf die große Gruppe zu, als sie gerade einmal gelandet waren. Julia schmunzelte, während sie beobachtete, wie die Wölfin vor Glück nicht nur ihren Sohn umarmte, sondern auch die Harpyie die ihn trug.

Die ersten Zentauren kamen angaloppiert, um die Gruppe willkommen zu heißen. Manche betrachteten skeptisch die beiden neuen Drachen und die zweihundert Harpyien, die sie begleiteten.

Wie nur sollte Julia so viele Harpyien unbemerkt über die Grenze bringen?

Es war unmöglich.

Marko

Endlich waren er und Finn allein in seinem und Leopolds Zimmer. Die anderen saßen im Hauptraum des Zeltes und ihre Rückkehr feierten, während die Harpyien vorerst bei unterschiedlichen Zentauren unterkamen.

Durch die dünnen Stoffwände konnten sie Leopolds Eltern hören, die aufgeregt wissen wollen, was ihr Sohn und der Rest der Gruppe alles erlebt hatte. Und auch Alwin und Pelle wurden würdig willkommen geheißen.

Marko lag auf seinem Bett. Finn hatte seinen Kopf auf seinem Bauch gebettet. Liebevoll strich Marko ihm durch das helle Haar.

„Meinst du, wir sehen unser Dorf bald wieder?", fragte Finn. „Was sich wohl alles dort verändert hat? Meinst du, Julia will zu unserem Dorf?"

„Ich weiß nicht, ob ich zurückwill", murmelte Marko. „Ich behalte lieber alles so in Erinnerung, wie es war. Mit meinen Eltern und deinem Vater lebendig und wohlauf als Alpha und Beta."

„Hm..." Finn gähnte müde. „Willst du nicht deine Brüder sehen?"

„Nein. Mir reicht es, dich jeden Tag zu sehen."

„Ach ja?" Finn kicherte. „Und was ist mit Juli?"

„Julia habe ich auch sehr lieb, aber sie ist nicht du", schnaubte Marko. „Wir hatten Glück. Großes Glück."

„Das haben wir. Wir haben uns." Finn lächelte. Am liebsten wollte Marko sich auf ihn rollen und ihn mit Küssen überschütten. Doch das ging nicht.

„Wir hätten bei jemand furchtbaren Landen können... Oder getrennt werden können... Oder..." Marko seufzte. „Was wäre, wenn wir noch in unserem Dorf wären? Meinst du, wir wären jetzt auch zusammen?"

Finns Antwort überraschte ihn. „Nein, ich denke nicht. Ich würde mich noch immer in meinem Zimmer verkriechen. Oder ich wäre ebenfalls an der Krankheit gestorben. Du vielleicht auch."

„Mag sein." Der Gedanke sagte Marko nicht zu. „In dem Fall bin ich glücklich, ein Sklave zu sein."

„Was?" Finn setzte sich auf und sah ihn stirnrunzelnd an. „Wir sind keine Sklaven! Wir tragen einen Bindungszauber, doch der macht uns nicht zu Sklaven. Wir sind frei! Dürfte ein Sklave ein Schwert tragen?"

Nun grinste Marko. „Nein. Vermutlich nicht. Aber dich küssen, dass dürfte er!"

„Sicher?" Finn streckte ihm die Zunge raus.

„Sehr sicher!" Marko richtete sie wieder auf und küsste Finn, der lachend die Arme um ihn schlang.

„Erlaubnis erteilt", murmelte er gegen Markos Lippen.

Julia

Sie blieben über Nacht und Finja gab den Harpyien die Erlaubnis vorrübergehend als Gäste des Stammes bei den Zentauren zu wohnen. Ihre genauen Worte waren ‚auf unbestimmte Zeit'. Sie sagte, dies wäre ihr Teil, den sie zum Kampf gegen die Ungerechtigkeit beitrug.

Die Zentauren fürchteten sich vor den beiden neuen Drachen, die nun vor dem Zelt zusammengerollt schliefen. Die hellen Schuppen der weißen Drachen schimmerten sanft im Mondlicht. Julia fand nichts bedrohliches an ihnen.

Ihr kam es so vor, als sei sie endlich wieder zuhause. Endlich, nach einer langen, nervenaufreibenden Reise. Doch ihr Weg sollte weitergehen.

Am nächsten Morgen kamen Jane, Rosalie, Tinke, Falk und Finja zu ihrem Zelt, um das weitere Vorhaben zu besprechen. Tinke wurde von Falk getragen, der sie liebevoll am niedrigen Tisch absetzte. Auch Leopolds Eltern und Elodie saßen am Tisch, da sie wissen wollten, wie es weitergehen sollte. Sowie der Rest von Julias großen Familie.

Sie saß neben Leopold, der ihre Hand unter dem Tisch hielt.

Die Planungen dauerten lange. Es gab viel zu besprechen. Sie brauchten neuen Proviant, auch hierbei bot Finja ihre Hilfe an.

„Wir brechen als erstes zu den Blassen Rotrücken auf. Flordelis und ihr Bruder haben angeboten uns zu begleiten", sagte Julia. „Ich habe ihr Angebot gern angenommen."

Finja schnaubte. „Ich weiß. Es ist ihre Entscheidung, und die ihrer Eltern. Doch die beiden lassen sich von ihrem Plan nicht abbringen."

„Sie mitzunehmen ist sicher von Vorteil." Fiete strich sich nachdenklich durch das orange Haar. „Überzeugender."

Tinke räusperte sich. „Wie viele sollen zu den Zentauren gehen? Zweihundert Harpyien könnten einschüchternd wirken."

„Oder wie eine Kriegserklärung", fügte Finja hinzu.

Julia nickte. „Nur eine kleine Gruppe. Finja? Du hast doch nichts dagegen, wenn viele von uns so lange hierbleiben?"

Finja schüttelte lächelnd den Kopf. „Natürlich nicht. Ich stehe zu meinem Wort."

„Danke." Julia bedeutete dies viel. Es war nichts Selbstverständliches. Besonders, da sie ihre Aussagen auf Visionen stützte, die nur sie selbst gesehen hatte. Und zum Teil auch Jane. „Danach geht es in den Feenwald und von dort aus weiter. Zu den Elfen, den Wölfen und ich hoffe, die Rebellen zu finden. Vielleicht finden wir auch Verbündete bei den Vampiren?"

„Das hört sich nach einem guten Plan an", murmelte Finja. „Ein guter Plan mit vielen Hürden."

„Allerdings!", stimmte Jane zu. „Daher werden wir uns aufteilen."

„Am besten wären mehrere kleine Gruppen, die auf verschiedenem Weg in das Hexenterritorium gelangen und sich im Wald der Elfen dann treffen", überlegte Tinke. „So fallen wir weniger auf. Wir Harpyien müssten aber unsere Flügel und Beine verstecken."

„Ich nähe Umhänge!", sagte Finn schnell. „Oder... Ich bleibe hier und nähe mit einigen Harpyien die Umhänge, bis ihr von den Rotrücken zurück seid. Wie weit ist es bis zu ihnen?"

„Eventuell zu weit", brummte Marko. „Aber du kannst den Harpyien, bevor wir Abreisen, zeigen wie sie die Umhänge nähen können. Haben wir denn genügend Stoff?"

Finn schüttelte den Kopf.

„Unsere Einkaufsliste wird immer länger", maulte Josefine.

„Oh! Shopping!", frohlockte Peter gleichzeitig. Pelle nickte zustimmend, während Alwin fragte, wovon Peter sprach. Fiete erklärte es ihm schnell, während Peter und Pelle über all das Sprachen, was sie sich gerne kaufen wollten.

Pelle wusste überraschend viel von den Märkten der Menschen. Julia vermutete, dass er als Mensch verkleidet auf den Märkten der Menschen im Vampirterritorium unterwegs gewesen war.


(c: sasi)


Das Bild habe ich mit der KI von Canva erstellt. :-)


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