Fiete
Die kleine Gruppe von Soldaten hatten sie nicht erwartet.
Einen Drachen? Vielleicht. Aber drei? Drei hungrige weiße Drachen? Nein. Damit hatten die Grenzsoldaten eindeutig nicht gerechnet. Sie rannten panisch durcheinander und schrien, warfen mit Steinen, als ob dies etwas bringen würde. Einer zündete eine Fackel an. Wollte er sie damit verscheuchen? Albern!
Die drei Drachen trugen eine große Plane bei sich, in welcher sie später ihre Beute befördern wollten. Doch vorher galt es, ihren Hunger zu stillen.
Mit Soldaten.
Nicht unbedingt Fietes Lieblingsspeise, aber er war nicht wählerisch. Nachdem die drei satt waren, setzten sie das Lager in Brand, sammelten die Waffen ein, verstauten diese und flogen zurück.
Und das mit gut gefüllten Mägen.
Josefine hätte hier sicher ihren Spaß gehabt. Allerdings hätte sie mit ihrem Essen vorher gespielt... Die Soldaten der Hexenkönigin durften sich daher glücklich schätzten, die Mahlzeit von weißen Drachen geworden zu sein.
Julia
Der Weg bis zu dem anderen Stamm von Zentauren zog sich zäh. Marko hatte inzwischen um die zehn Mal nachgefragt, wann sie da sein würden. Julia betrachtete träge das endlose Gras, als sie plötzlich eine Vision hatte. Erst wurde ihr schwarz vor Augen, dann sah sie schimmernden Nebel, welcher sich in die gewohnten Bilder verwandelte:
Truppen der Königin sammeln sich vor und um das Schloss herum. Harpunen werden aufgestellt. Die Königin erwartet die Ankunft der Armee. Soldaten durchforsten das Elfenterritorium auf der Suche nach Julia. Die Königin sieht aus einen der Fenster des Schlosses auf ihre Soldaten herab. Tränen kullern ihre Wangen herunter, doch ihr Gesichtsausdruck ist eisern und entschlossen. Sie stellt ihren Angreifern eine Falle. Die Soldaten sind mit neuen Schwertern ausgestattet. Suchtrupps durchforsten das Land. Marie küsst ihren Diener Theo. Leopold spielt an einem Lagerfeuer mit einem Elfenkind. Wölfe rennen durch die Schluchten ihrer Berge. Sie fletschen ihre Zähne. Eine Nixe beißt in das rohe Fleisch eines zappelnden Fischs. Die Königin lächelt, da ein paar talentierte Hexen aus der magischen Forschung Armbänder verzaubert haben, mit welchen sie dem mentalen Einfluss der Zentauren entgehen können. Zelte werden im Elfenterritorium aufgebaut. In der Nähe eines Flusses.
„Julia! Ist alles in Ordnung?" Flordelis stand über sie gebeugt. „Du bist umgekippt! Soll ich dich tragen?"
„Was?" Julia blinzelte. Sie lag auf dem Boden. Neben ihr saßen Leopold und Josefine. Cleo und Jane standen neben Flordelis und wirkten ebenso besorgt.
„Du hattest eine Vision, richtig?", fragte Leopold sie eindringlich und half ihr wieder auf die Füße.
„Ja. Ich habe die Armee meiner Mutter gesehen. Sie wird uns am Schloss erwarten", murmelte Julia und seufzte. „Und sie wird uns eine Falle stellen."
„Eine Falle?" Cleo schnaubte. „Am Schloss?"
„Ja. Ich konnte nicht genau sehen, was es ist. Aber wir werden vorsichtig sein müssen", erklärte Julia.
„Dann stellen wir ihr auch eine Falle!", schlug Flordelis vor. Sie betrachtete Julia skeptisch. „Geht es dir besser? Ich trage dich gern."
„Nein!" Josefine schüttelte den Kopf. „Das mache ich, sollte es nötig sein. Danke!"
Tiyam, Finn und Marko kicherten.
Julia schmunzelte amüsiert. „Mir geht es gut." Die Königin würde im Elfenterritorium nach ihr suchen? Das war ungünstig... War es möglich, die Zelte mit Magie zu verstecken? Cleo wusste das sicher.
„Eine Falle?" Jane sah nachdenklich zu Cleo. „Das ist eine gute Idee."
Cleo nickte. „Solange sie die Falle nicht kommen sieht."
„Kann man sie daran hindern?", fragte Leopold und griff nach Julias Hand. Josefine stellte sich schützend auf ihre anderen Seite.
„Hm... Sie erwartet uns bereits. Aber... Irgendwie hindere ich sie daran, mich zu sehen... Vielleicht schaffe ich es, unsere genauen Pläne vor ihr zu verbergen..." Ihre Mutter durfte nicht mehr sehen als das, was sie bereits wusste. „Cleo?"
„Ja?" Ihre ältere Schwester zog lächelnd die Augenbrauen hoch.
„Kann man mit einem Zauber eine Armee verstecken?"
„Es ist nicht leicht, aber es geht. Warum?", antwortete Cleo.
„Mama sucht wieder nach mir. Sie darf nicht erfahren, wo wir unser Camp aufbauen. Man darf uns nicht finden." Julia seufzte und legte den Kopf auf Leopolds Schulter.
Cleo nickte. „Überlass das mir."
Marlon
Marlon erwartete aufgeregt das Kommen seiner Königin. Bald würde sie da sein. Besonders, wenn sie die Pferden der Elfen nutzte.
Schnelle Pferde.
Doch zunächst gab es anderes, worüber sich gekümmert werden musste. Marlon stand in der großen Empfangshalle und beobachtete wie zwei Särge, ein großer und ein Kleiner, in den Keller des Schlosses gebracht wurden. In denselben kühlen Raum, in welchem auch seine Eltern lagen. Dort sollten die Körper von Coletta und Coralie auf ihre Beerdigung warten.
Marlon stellte seine Trauer zur Schau. Er wischte sich falsche Tränen aus dem Gesicht. Sein ‚Diener' Keno stand neben ihm und reichte ihm ein Stofftaschentuch. Keno vorerst im Schloss bleiben, um kein Misstrauen zu erwecken. Etwas griesgrämig spielte er daher weiterhin den geduldigen Diener.
Auch die Ratsmitglieder hatte sich in der Halle versammelt. Mit gesenkten Köpfen standen sie da und betrauerten den Verlust für das Königreich. Doch kaum waren die Särge außer Sichtweite, rannte ein Soldat in die Halle. Atemlos blieb er in der Tür stehen. „Prinz Torsten wurde gesichtet! In einem Dorf!", rief er. „Mein Kommandant will wissen, ob wir ihn und die Prinzessin nach Hause holen sollen?"
Die Antwort war ein klares ‚Ja' vom Rat. Und Marlon bekundete ‚bekümmert' sein Interesse, seine Familie bei sich zu haben. Er brauchte sie an seiner Seite. Sie ahnten sicher nicht, was geschehen war. Besonders jetzt mussten die Geschwister zusammenhalten.
(c: sasi)

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Hexe - Die Königin
FantasyEtwa drei Jahre sind vergangen, seit Julia entführte wurde und mit den Elfen in die Steppe floh. Fritz hat sich dem Aufstand angeschlossen und versucht weitere Unterstützung zu finden. Er ist fest entschlossen, die Königin zu stürzen und bittet Paul...