Bonus 21

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Etwa neun Monate nachdem Poppy an den Königshof gekommen war, und dort eine aufregende Nacht erlebte, kam ihre kleine Tochter Ari zur Welt. Ari, kurz für Ariane. Doch da Poppy von Schneider keinerlei Zeit hatte sich um das Kind zu kümmern, und sie und ihre beste Freundin Franka auch einen Skandal fürchteten, schickte sie das kleine Kind nach wenigen Jahren zu ihren Eltern. Ihr Mädchen sollte in einer richtigen Familie aufwachsen und nicht zwischen Kindermädchen und einer Mutter, die fast immer arbeitete.

Die Entscheidung viel ihr schwer, doch sie wollte Ari nicht an Fremde geben.

Poppys Eltern waren gute Eltern, auch wenn ihr Zuhause nicht immer das Beste gewesen war. Poppy hatte eine glückliche Kindheit. Danach wurde es schwierig... Doch sie wollte ihre Tochter auch nicht zur Adoption freigeben. Nein. Das brachte Poppy nicht übers Herz. Und ihrer jüngeren Schwester wollte sie die Erziehung ihrer kleinen Tochter nicht aufbürden. Jasmin hatte sich ein eigenes Leben aufgebaut, und so weit Poppy wusste, hatte Jasmin derzeit keine Zeit für ein Kind, ohne ihre Leidenschaft aufzugeben. Dem Lernen an der Universität, sie hatte noch zwei Jahre vor sich bis sie eine anerkannte Anwältin sein würde, und der Arbeit im Buchladen. Nein. Ihre Mutter würde sich gut um Ari kümmern. Außerdem wusste Poppy aus einem Brief ihres Vaters, dass er ein eigenes Haus kaufen wollte. Somit würde Ari nicht bei ihrem fürchterlichen Onkel aufwachsen.

Und das war gut. Daher schickte sie ihr Kind besten Gewissens zu ihren Eltern, ohne zu ahnen, was dort derzeit vor sich ging.

Wenige Wochen nachdem Ari bei ihren Großeltern ankam, brachte ihre Mutter Lara das Kleinkind zu Jasmin, die bei der Familie ihres festen Freunds Killian lebte und gerade zuhause war. Ihr Mann hatte sich von ihr getrennt und die Familie verlassen. Sie hatte ihn nicht in das neue Haus begleitet, da er bereits eine neue Liebe gefunden hatte und neu mit seiner Liebsten anfangen wollte. Sie allein konnte sich nicht um das Kind nicht kümmern und fürchtete auch um dessen Sicherheit. Ihr Bruder, der sich als Oberhaupt der Familie sah, war kein guter Mann. Lara selbst wagte es nicht, von zuhause fortzuziehen. Es war doch ihre Familie! Und ihre Mutter brauchte Hilfe. Sie hatte vor ein paar Wochen das Augenlicht verloren. Etwas, dass bei alten Vampiren selten vorkam, doch nicht unmöglich war. Sie konnte ihre Mutter nicht verlassen. Doch das Kind wollte sie beschützen.

So wuchs Ari als Kind der Familie Morgentau auf. Die beiden Menschen Lana und Mert adoptierten die Kleine als ihr eigenes Kind. Und Jasmin genoss es, Tante zu sein. Sie und Killian kümmerten sich gern um das kleine Mädchen mit Poppys Augen (rot, mit einem kleinen gelben Fleck im linken Auge). Ansonsten hatte das Kind dunkles, lockiges Haar und ebenso dunkle Haut. Doch als Poppy erfuhr, dass Ari nun bei Menschen aufwuchs, war sie mehr als nur überrascht. Das Schicksal ihrer Mutter betrübte sie.

Poppy, die von Jasmins neuer Adresse in einem Brief erfahren hatte, schrieb ihrer Schwester im Geheimen, wer der Vater ihres Kinds war. Der verstorbene Prinz Telman von Moosbaum. Ehemann von der ebenfalls verstorbenen Prinzessin Kevina. Und bevor die Ähnlichkeit zu dem Prinzen der falschen Person auffiel, hatte Poppy das Kind mit der Hilfe von Prinzessin Franka, ihrer Arbeitgeberin und Freundin, fortgeschickt. Und Jasmin versicherte ihr, dass Killians Eltern und seine kleine Schwester genau die richtige Familie für Ari waren.

Und so trennten sich die Wege von Poppy and Ari, die ihre Mutter fast nur aus Briefen kannte.

Abends, wenn Jasmin und Killian nicht unterwegs waren, erzählte Jasmin dem Kind Märchen. Besonders mochte Ari das Märchen von ‚Sanne dem grummeligen, schwarzen Drachen'. Jeden Abend, wenn Jasmin zuhause war, fragte Ari nach dieser Geschichte. Daher dachte Jasmin sich immer mehr Geschichten über den Drachen aus, der aus Langeweile Dörfer vernichtete und grundsätzlich schlecht gelaunt war. Mit den Jahren wurden die Geschichten immer spannender und verrückter. Und Ari liebte sie.

Dies war nun einige hundert Jahre her. Killian war lange tot. Genau wie Jasmins und seine gemeinsamen zwei Kinder. Einem Jungen und einem Mädchen. Halbvampire lebten nicht so lange wie Vampire. Ari hatte ihre eigene Familie gegründet und ihre Kinder waren lange erwachsen. Ari lebte mit ihrem Mann im Haus ihrer Tante und versuchte, diese mit einem Vampir zu verkuppeln, von dem Ari glaubte, dass Jasmin ihn mögen würde. Sie gönnte ihrer Tante einen Neuanfang.

Aris Sohn Lovis leitete die Schneiderei der Familie und sein Sohn Aldo die Färberei. Ebenfalls ein Familienunternehmen. Vorher hatte sich um beides Jasmins Cousin gekümmert, der, nachdem er die Färberei von seinem Vater übernahm, den Betrieb beinahe in den Ruin führte. Die Färberei war in die Jahre gekommen und musste dringend renoviert werden. Die Stoffe, die dort produziert und gefärbt wurden, gingen ausschließlich in die Produktion für das Militär und die Krankenhäuser. Aldo hatte das Unternehmen damit gerettet.

Aris Sohn Klaas half zusammen mit seiner Mutter Jasmin dabei, sich um Flüchtlinge zu kümmern, die aus dem Hexen-, Wolfs- und Elfenterritorium kamen. Sie versuchten sie gut unterzubringen und vor der Regierung zu verstecken. Seid das Königshaus sich mit der Hexenkönigin zusammengetan hatte, war dies zunehmend schwieriger geworden. Doch sie wollte nicht aufgeben. Zudem führte er inzwischen die Buchhandlung, damit seiner Tante und seine Mutter mehr Zeit für die Flüchtlinge hatten.

Poppy ahnte davon nichts. Jasmin und auch Poppys Tochter und Enkelkinder schwiegen. Sie wollten sie nicht gefährden. In den Briefen ihrer Familie, las Poppy von Geburtstagen, Familientreffen, vom Erfolg der Buchhandlung und anderen Alltagsdingen.


(c: sasi)


Hexe - Die KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt